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Immer weniger Gebäudesanierungen in Österreich - in existenziell bedrohlichen Dimensionen?

(5.4.2016) Der Branchenradar „Wärmedämm-Verbundsyste­me in Österreich 2016“ von Kreutzer Fischer & Partner kommt zum Ergebnis, dass die Schwäche des österreichischen Sanie­rungsmarktes zunehmend existenzielle Dimensionen erreicht. Einschlägigen Förderungen zur energetischen Gebäudesanie­rung zum Trotz schrumpfte demnach die Nachfrage nach Wär­medämmverbundsysteme (WDVS) um 6,6% gegenüber dem Vorjahr. Befeuert von ei­nem zunehmend preisaggressiven Wettbewerb gingen die Herstellererlöse sogar um nahezu 10% auf nunmehr 153,6 Millionen Euro zurück. Seit 2012 habe der Markt so­gar rund 20% seines seinerzeitigen Volumens verloren.

Als Ursache für die substanzielle Kontraktion des Marktes haben die Marktforscher die anhaltend sinkende Sanierungsbereitschaft ausgemacht:

  • 2015 sollen die Erlöse im gesamten Sanierungsgeschäft um mehr als vierzehn Prozent eingebrochen sein.
  • Zwischen 2012 und 2015 habe das Minus bei fast 30% gelegen.

In praktisch allen renovierungsgetriebenen Märkten ziehe die anhaltende „Sanierungs­verweigerung“ insbesondere der privaten Haushalte die Märkte tief nach unten, heißt es im Branchenradar. Würde nicht der Neubau von Mehrfamilienhäusern boomen und damit den Baustoffabsatz stützen, wäre mehr als nur „Feuer unterm Dach“. So sei 2015 die Nachfrage aus dem Gebäudebestand gegenüber dem Vorjahr etwa auch bei Fassadenputzen um 11% gesunken, bei Dämmstoffen um 8% oder bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden (VHF) um 5% …

Marktentwicklung Wärmedämm-Verbundsysteme in Österreich | Herstellerumsatz in Mio. Euro
Umsatz in Mio. Euro 2012 2013 2014 2015
Wärmedämm-Verbundsysteme 191,5  186,8  170,1  153,6

Bauwirtschaft nicht selber ausreichend aktiv

Durch die derzeit niedrigen Energiekosten sind die Rahmenbedingungen für WDVS zu­dem besonders ungünstig. Allerdings würden die Hersteller auch von sich aus wenig unternehmen, um das Interesse an einer neuen Fassade zu erhöhen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Bauwirtschaft - außer der Landwirtschaft - der ein­zige Wirtschaftssektor ist, der Nachfragemängeln reflexartig mit dem Ruf nach (mehr) staatlichen Förderungen begegnet; selbst wenn mittlerweile den Allermeisten klar ist, dass „Sanierungschecks“ und „Handerwerkerboni“ zwar eine ganz passable Mittel­standsförderung sind, aber keineswegs ein Nachfragehebel. Denn wie der Branchen­radar Jahr für Jahr aufzeigt, gehen mehr als 90% der einschlägigen Subventionen in Mitnahmeeffekten verloren. Bislang operieren nur wenige Hersteller wie richtige Mar­kenartikler und bewerben den Nutzen ihrer Produkte regelmäßig und über der Wahr­nehmungsschwelle in Publikumsmedien.

Von Herstellerseite werde laut Kreutzer Fischer & Partner gegen breit gestreute, klas­sische Werbung gerne das Argument in Stellung gebracht, dass ihr Produkt ...

  • nicht darstellbar sei,
  • für den Konsumenten keine besondere Relevanz habe oder
  • die Produktdifferenzierung einfach zu gering sei.

Abgesehen davon, dass eine solche Argumentation tiefe Einblicke in das Commitment zum eigenen Produkt zulässt, ist aber alles, was noch keine starke Marke ist, noch lange kein Commodity. Andere wiederum erachten ihr Produkt als zu „erklärungsbedürftig“, als dass man es profan bewerben könnte.

Doch Hand aufs Herz, leben wir nicht in einer Zeit, in der nur noch verkauft werden kann, was in irgendeiner Art „sexy“ ist, und sei es auch noch so komplex oder kompli­ziert. Hinter einem modernen Auto steht auch eine Menge Technik, und trotzdem fährt es regelmäßig im Fernsehen vor. Und welcher PC-Nutzer schraubt schon an seinem Gerät, und trotzdem ist „Intel Inside“. Denn selbst wenn das Produkt für den Verwen­der selbst nicht „sichtbar“ ist, so ist es doch das Ergebnis seiner Verwendung. So ist beispielsweise Fliesenkleber als Komplimentärprodukt zur Fliese, wie es Werbefachleu­te sagen würden, „wenig herzeigbar“. Allerdings können neue Fliesen viel Freude be­reiten. Was liegt also näher, mittels Werbung einfach den Wunsch nach neuen Fliesen zubefördern? Auch Wärmedämm-Verbundsysteme müssen nicht zwingend mit dem Ar­gument „niedriger Energiekosten“ verkauft werden, zumal ein solches aktuell wenig Druck erzeugt. Warum appelliert man nicht an den Sinn nach schönerem, behagliche­rem Wohnen, zu dem heute eben auch die entsprechende Wärmedämmung gehört.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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