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Bleibt die neue Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) völlig wirkungslos?

(20.10.2013) Das Bundeskabinett hat die Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV) am 16.10. beschlossen, nachdem diese bereits am 11.10. den Bundesrat passiert hat­te (siehe Baulinks-Beitrag dazu). Unter anderem müssen Hausbesitzer Öl- und Gashei­zungen, die vor dem 1. Januar 1985 eingebaut wurden, bis 2015 gegen zeitgemäße Heizsysteme austauschen. „Leider gibt es für viele Altanlagen Ausnahmen. Mit jedem Heiztag verpufft durch diese Museumsstücke bares Geld“, kritisiert Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE).

Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) gar nicht zufrieden

80 Prozent der Deutschen heizten mit veralteter Technik, dennoch erfasse die EnEV 2014 nur wenige dieser überholten Heizungen. Dem Bundesverband Erneuerbare Ener­gie gehen die Änderungen deshalb auch nicht weit genug: „Der neue Stichtag zum verpflichtenden Heizungstausch erfasst gerade einmal 13 Prozent dieser Energie­schleudern“, so Falk.

Rund 11 Millionen alte Niedertemperaturheizungen fielen laut BEE nicht unter die Aus­tauschpflicht, entsprächen aber auch nicht dem Stand der Technik. Die Bundesländer hätten zwar erkannt, dass „das hohe Energieeinsparpotenzial im Gebäudebestand zur Zeit nur unzureichend genutzt wird“ - so stehe es im Bundesratsbe­schluss von Frei­tag. Dennoch passiere nichts: „Auch die EnEV 2014 bleibt wirkungslos und ist nicht geeignet, endlich die Energiewende im Wärmesektor voranzutreiben“, bedauert Falk.

Heizkessel für Öl oder Gas müssen künftig nach spätestens 30 Jahren ausgetauscht werden. „Die Stichtagsregelung bleibt damit weit hinter Expertenempfehlungen zu­rück“, kritisiert Falk. Bereits nach 15 bis 20 Jahren gelten Heizungen in der Regel als nicht mehr auf dem Stand der Technik. Moderne Heiztechnik ist effizienter und entlas­tet mit Erneuerbaren Energien die Umwelt und den Geldbeutel. „Statt die Energiewen­de im Wärmesektor endlich einzuleiten, werden die Deutschen weiterhin große Teile ihres Einkommens verheizen. Diese Minireform sieht weder echte Nachrüstpflichten noch verschärfte Einsparregeln für den Gebäudebestand vor. Der Sanierungsstau in deutschen Heizungskellern wird immer dramatischer Die neue Bundesregierung muss sich endlich dem Thema Erneuerbare Wärme mit Engagement widmen, sonst wird Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2020 nicht erreichen“, warnt Falk.

Heizkosten machten heute mit durchschnittlich mehr als 1.000 Euro im Jahr rund ein Drittel der Energiekosten eines Durchschnittshaushalts aus. Falk argumentiert weiter: „Überholte Heiztechnik treibt die Verbraucher in eine Kostenspirale. In den vergange­nen 15 Jahren haben sich für die Haushaltskunden die Erdgaspreise verdoppelt und die Heizölpreise vervierfacht. Die EnEV könnte mit wirksamen Anreizen für den Heizungs­tausch Verbraucher erheblich entlasten.“ Sogar halbieren könne eine Familie ihre Heiz­kosten durch eine umweltfreundliche Kombiheizung mit Solarthermie und Pellets. Die meist überfällige Heizungsmodernisierung werde zudem mit Zuschüssen gefördert: Für den Einbau eines neuen Heizkessels plus Solaranlage gibt es über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mindestens 2.000 Euro dazu. Zusätzlich hilft die staatliche Förderbank KfW bei der Finanzierung mit bis zu 50.000 Euro zu attrak­tiven Kreditkonditionen.

BDEW: positiver Impuls oder zusätzliches Hemmnis?

„Es ist ein wichtiges Signal für die Energiewende, dass die Novelle der Energieeinspar­verordnung endlich umgesetzt wird. Die CO₂-Bilanzen im Gebäudesektor - sowohl im Bestand als auch beim Neubau - müssen eines der zentralen energiepolitischen The­men der nächsten Legislaturperiode werden,“ kommentierte Hildegard Müller, Vorsit­zende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasser­wirtschaft (BDEW), anlässlich der Verabschiedung der Novelle der Energieeinsparver­ordnung (EnEV) durch die amtierende Bundesregierung. Die Reform der EnEV sei aber nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen.

„Wenn das Ziel der Bundesregierung, bis 2050 in Deutschland einen nahezu klimaneu­tralen Gebäudebestand zu haben, erreicht werden soll, müssen an die heutigen Neu­bauten hohe Anforderungen gestellt werden. Zugleich muss aber auch die Wirtschaft­lichkeit gewährleistet bleiben. Daher ist die Verschärfung der Energieeffizienzanforde­rungen an neue Gebäude um 25 Prozent ein wichtiger und richtiger Schritt“, betonte Frau Müller. Von den ca. 18,1 Millionen Wohngebäuden in Deutschland seien rund zwei Drittel energetisch sanierungsbedürftig, die jährliche Sanierungsrate liege aber nur bei einem Prozent.

Ob die EnEV-Novelle die von der Bundesregierung gewünschten Ergebnisse liefert, wird sich laut BDEW in der Praxis zeigen müssen. Mit der Verschärfung der Anforde­rungen werden automatisch auch die Hürden für den Zugang zu den Fördermitteln erhöht, bei gleichzeitig steigenden Baukosten durch anspruchsvollere Standards. Ob die EnEV-Novelle also insgesamt als positiver Impuls oder sogar als zusätzli­ches Hemmnis auf dem Weg zum Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäude­bestandes 2050 wirkt, bleibt also abzuwarten. Zudem bedauert es der BDEW, dass es nach wie vor keine Bewertungsverfahren für neue Technologien wie Mikro-KWK oder Brennstoffzellen gibt.

dena und geea begrüßen die Novelle

Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) und die Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) heben hervor, dass ...

  • Neubauten in Deutschland künftig energieeffizienter werden,
  • sich ab 2016 die entsprechenden Standards um 25 Prozent erhöhen und dass
  • Gebäude in Zukunft entsprechend ihrer Energieeffizienz in Klassen von A+ bis H eingeteilt werden.

dena und geea begrüßen, dass mit der EnEV-Novelle eine zentrale Grundlage für mehr Energieeffizienz im Baubereich endlich verabschiedet wurde. „Die neue EnEV ist ein wichtiger Baustein, um die im Energiekonzept der Bundesregierung vorgegebenen Zie­le für den Gebäudebereich zu erreichen. Wir freuen uns, dass zahlreiche Forderungen der geea für mehr Energieeffizienz im Neubau und Bestand berücksichtigt wurden“, so Stephan Kohler, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung und geea-Sprecher.

Beide hatten sich für eine deutliche Verschärfung der Anforderungen an Neubauten eingesetzt. „Bereits heute werden mehr als 50 Prozent der Gebäude in Deutschland energetisch deutlich besser gebaut, als die derzeit gültige EnEV fordert - weil es wirt­schaftlich sinnvoll ist. Wir halten die Verschärfung der Anforderungen ab 2016 für richtig und wichtig, weil sich ein geringerer Energieverbrauch für die Eigentümer auch finanziell lohnen wird. Marktakteure und Bauherren können sich nun darauf einstellen“, erläuterte Kohler.

Zudem hatten sich dena und geea für die Einteilung der Gebäude in Energieklassen ausgesprochen. So können Miet- und Kaufinteressenten auf einen Blick erkennen, wie energieeffizient ein Objekt ist. Die Klassen werden im Energieausweis ausgewiesen und verpflichtend in Immobilienanzeigen angegeben. Ferner forderte der Bundesrat - wie auch geea - die Bundesregierung auf, das Ordnungsrecht zur Energieeffizienz von Ge­bäuden zu vereinfachen, indem die EnEV und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengelegt werden. „Die Verabschiedung der EnEV ist nur ein erster Schritt zu mehr Energieeffizienz im Gebäudebereich, nun müssen weitere folgen. Unter anderem gilt es, die längst überfällige steuerliche Abschreibung für energetische Sa­nierungen einzuführen, außerdem müssen die Fördermittel erhöht und verstetigt wer­den. Nur so lässt sich die Energiewende im Gebäudebereich erfolgreich gestalten“, so Stephan Kohler. Nun muss die Verordnung noch im Bundesgesetzblatt verkündet wer­den, in Kraft treten wird sie dann voraussichtlich nach einer Übergangsfrist im Jahr 2014.

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