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Geklebte Photovoltaik-Fassade (BiPV) beim Züblin-Bürogebäude Z3 in Stuttgart

(30.8.2018) Im Rahmen eines Forschungsprojektes, bei dem die Umsetzung gebäudeintegrierter Photovoltaikanlagen (Building Integrated Photovoltaics, BiPV) getestet wird, haben die Ed. Züblin AG und die Kömmerling Chemische Fabrik GmbH zusammengearbeitet. Testobjekt ist das Züblin-Bürogebäude Z3 in Stuttgart (siehe Google-Maps), bei dem PV-Module an der Südfassade lediglich durch eine strukturelle, lastabtragende Klebung befestigt sind - also ganz ohne zusätzliche mechanische Sicherung.

alle Fotos © Ed. Züblin AG 

Der Nachteil vieler BiPV-Konzepte ergibt sich aus der Standardisierung von PV-Modulen, was eine individuelle Fassadengestaltung erschwert. Zudem wirken Rahmen und mechanische Befestigungen herkömmlicher Module mitunter deplatziert und störend. Dass aber auch ästhetisch ansprechende, maßgeschneiderte Lösungen möglich sind, zeigt sich am Z3 in Stuttgart, bei dem 2017 im Rahmen des EU-geförderten Forschungsprojektes Construct PV eine geklebte Photovoltaik-Fassade mit Siebdruckmuster realisiert wurde. Dank eines speziellen, lastabtragenden Klebstoffs von Kömmerling fügen sich die Elemente ganz ohne mechanische Zusatzsicherung in die Architektur ein.

Gebäudeintegrierte Photovoltaik – von der Theorie in die Praxis

Die Installation der Photovoltaik-Module an der Südfassade des Z3 war der Höhepunkt des Projekts Construct PV, das bereits 2013 initiiert, und von der Ed. Züblin AG koordiniert wurde. Ziel war es, beispielhafte Anwendungen effizienter und kostengünstiger gebäudeintegrierter Photovoltaik für opake Flächen in der Gebäudehülle zu entwickeln. Das niederländische Architekturbüro UNStudio entwarf dazu zunächst eine Musterfassade, mit bereits bestehenden Möglichkeiten der Gebäudeintegration von Solarmodulen:

Das Z3 wurde 2012 schließlich nach Plänen von MHM architects aus Wien fertiggestellt. Als Niedrigstenergie-Gebäude ist es mit einem DGNB-Zertifikat in Gold ausgezeichnet. Charakteristisch für den Bau sind die vor- und zurückspringenden 18 Meter hohen Lisenen aus brettschichtverleimtem, unbehandeltem Lärchenholz, die zur Verschattung beitragen. Sie stehen im Kontrast zu dazwischen liegenden, dunkel wirkenden Fassadenstreifen, bei denen sich Fenster und graphitgraue Glasbrüstungen abwechseln. Die Brüstungen aus ESG-Scheiben wurden nach dem Structural-Glazing-Prinzip lastabtragend geklebt. Im Rahmen von Construct PV wurden sie auf der Südfassade gegen Glas-Glas-Pho­to­vol­ta­ik-Mo­dule ausgetauscht - ebenfalls ganz ohne zusätzliche mechanische Befestigung:

Zustimmung im Einzelfall für lastabtragende Verklebung

Ausschlaggebendes Regelwerk für Structural Glazing Fassaden ist die Europäische Technische Zulassung 002 (ETAG 002), die Fassadenkonstruktionen in vier Typen unterteilt. Lastabtragende Verklebungen ohne jegliche ergänzende Haltevorrichtungen werden in der Leitlinie nach Typ IV geregelt. In Deutschland sind bisher nur Systeme mit mechanischem Eigengewichtsabtrag nach Typ I und II zugelassen, so dass eine Dauerbeanspruchung der Klebefuge grundsätzlich nicht zulässig ist. Für die Umsetzung der rein verklebten PV-Module am fünfgeschossigen Z3 musste deshalb eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) beantragt werden. Diese wurde erreicht durch ...

  • einen speziellen Klebstoff und
  • einen stufigen Randaufbau der PV-Elemente:  So steht die Frontscheibe der Glas-Glas-PV-Module seitlich über. Dieser Stufenaufbau erlaubt die unabhängige Verklebung der Front- und der Rückscheibe auf der Unterkonstruktion, so dass die Lastabtragung aufgeteilt wird:

Den passenden Klebstoff lieferte Kömmerling. Der Spezialist für hochwertige Kleb- und Dichtstoffe unterstützte zudem den Genehmigungsprozess durch rechnerischen Nachweis der notwendigen Klebefugen-Dimensionierung zwischen PV-Modul und Unterkonstruktion.

Für die neue Photovoltaik-Fassade des Z3 kam das 2K Structural Glazing Silikon Ködiglaze S zum Einsatz. Structural Glazing - strukturelle Verklebung - bezeichnet die Glasmontagetechnik wie sie beim Züblin-Bürogebäude umgesetzt wurde. Statische und dynamische Lasten auf der Außenfassade wie zum Beispiel Eigengewicht, Wind- und Schneelasten sowie thermische Ausdehnung werden dabei über die strukturelle Verklebung auf die Unterkonstruktion übertragen.

Für die gesamte, etwa 240 m² große Fassadenfläche des Züblin-Bürogebäudes wurden übrigens 250 kg Structural Glazing Silikone von Kömmerling benötigt.

Höherer PV-Energieertrag dank Dreiteilung

Nicht nur bei der Befestigung ging das Projekt neue Wege, auch das Innenleben der Photovoltaik-Module birgt technische Neuerungen. Da die vorspringenden Holzlisenen die Module teilweise verschatten, wurde jedes Element elektrisch dreigeteilt und die jeweiligen Zellen entsprechend ihrer Position mit anderen Modulen zusammengeschaltet. So wird selbst dann Energie erzeugt, wenn nur ein Teil eines Paneels von der Sonne beschienen wird.

Die Wasserdampfsperre für die vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) und Meyer Burger entwickelten PV-Elemente lieferte ebenfalls Kömmerling: Das Butyltape HelioSeal PVS 101 schützt den Modulzwischenraum vor eindringender Feuchte und sorgt somit für die Langzeitstabilität der PV-Paneele.

Insgesamt wurden an der Südfassade des Züblin-Bürogebäudes 186 Photovoltaik-Module in sechs verschiedenen Größen installiert. Die Fläche kommt auf eine Gesamtleistung von 30 kWp und soll einen elektrischen Ertrag von 17.000 kWh/Jahr liefern. Diese Ausbeute würde reichen, ein durchschnittliches Einfamilienhaus etwa ein halbes Jahr mit Energie zu versorgen. Die gewonnene Energie wird in das Z3-Gebäude eingespeist. Wissenschaftlich erfasst und überwacht wird der Solarstrom-Ertrag vom ISE.

Ästhetische Tarnung ausgeklügelter Technik

Um Photovoltaik-Module harmonisch in eine Gebäudegestaltung einbinden zu können, sind neben konstruktiven auch gestalterische Lösungen gefragt. Und so widmete sich das Architekturbüro UNStudio nicht nur der Positionierung der Module, sondern auch der Gestaltung der Elemente. Verschiedene Siebdrucke kamen schon bei der Musterfassade zum Einsatz. Für das Bürogebäude Z3 wählten die Architekten ein Design, das dem gezackten Profil der Holzlisenen entlehnt ist.

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