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Fachbeitrag: Informationen zur Trinkwasserverordnung 2023

(22.11.2023) Auf Basis der EU-Trinkwasserrichtlinie von Ende 2021 hat sich der deutsche Gesetzgeber entschieden, die bisherige Trinkwasserverordnung (TrinkwV) vollständig neu aufzusetzen. Der Großteil greift bereits Bekanntes auf, manches jedoch ist neu und alle Aussagen finden sich in anderen Paragraphen als bisher. Die TrinkwV regelt Sicherung und Überwachung der Trinkwassergüte vom Erfassungsgebiet des Trinkwassers durch den Wasserversorger bis hin zur Abgabe des Trinkwassers durch den Betreiber an den Verbraucher.

Im § 51 wird der Begriff „Gefährdungsanalyse“ durch den der „Risikoabschätzung“ ersetzt. Er stammt aus dem Wassersicherheitsplan (WSP) und ist dort der Gefährdungsanalyse nachgelagert. Im WSP werden Gefährdungen gemäß einer 3 x 3 Risikomatrix in Risiken überführt. (Bild: Schell, verändert nach UBA-WSP) 

Die bisherige TrinkwV bestand aus 25 Paragraphen, die neu aufgesetzte Fassung enthält 72. Der Inhalt ist im Wesentlichen gleichgeblieben, die Lesbarkeit der TrinkwV wurde hingegen verbessert.

Ein Beispiel: Musste man früher immer nachsehen, ob eine Aussage auch für § 3 Absatz 2 e galt, also für die Trinkwasserinstallation, wurde nun unter demselben Paragraphen der Begriff der „Gebäudewasserversorgungsanlage“ bzw. „Trinkwasserinstallation“ eingeführt, der sich jetzt verbal in allen Paragraphen findet, die für die Trinkwasserinstallationen in Gebäuden gelten (§ 2 Begriffsbestimmungen 2. e). 

Eine verbale Vereinfachung betrifft den UsI (Unternehmer und sonstigen Inhaber einer Wasserversorgungsanlage), welcher nun als Betreiber bezeichnet wird (§ 2 Begriffsbestimmungen 3.).

Anforderungen an das Trinkwasser

Die Paragraphen 5 bis 8 beinhalten jeweils die Anforderungen an Trinkwasser, aufgeteilt nach allgemeinen, mikrobiologischen, chemischen und radiologischen Anforderungen inkl. der Anforderungen an Indikatorparameter. Das generelle Ziel bleibt erhalten: Trinkwasser darf keine „... Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen.“

Neu ist hingegen in § 8 „Anforderungen in Bezug auf Indikatorparameter“ der Absatz 3: „Trinkwasser soll nicht korrosiv wirken.“ Da es sich lediglich um eine Anforderung gemäß Trinkwasserverordnung handelt, sind hierdurch ausschließlich Korrosionsarten z.B. gemäß der Reihe DIN EN 12502 gemeint, die die Wassergüte gefährden, und nicht die, die zu einem Versagen eines Bauteils, zum Beispiel durch Entzinkung oder Lochkorrosion führen.

Stelle der Einhaltung der Anforderungen

Gemäß § 10 gelten die Anforderungen weiterhin am „Austritt aus den Entnahmestellen für Trinkwasser“ oder an einer Sicherungseinrichtung, wenn an dieser ein Apparat, wie z.B. eine Außenbewässerungsanlage oder ein Zahnarztstuhl, gemäß DIN EN 1717 / DIN1988-100 fachgerecht angeschlossen ist. 

Anzeigepflichten

Die Anzeigepflichten finden sich nun in § 11 und beziehen sich auf Trinkwasserinstallationen im Rahmen einer öffentlichen Tätigkeit (§ 2) 9.). Unter § 11 (1) finden sich auch die Fristen für diese Änderungsmeldungen an das Gesundheitsamt von vier Wochen. 

Planung, Errichtung, Instandhaltung und Betrieb von Wasserversorgungsanlagen

In § 13 wird erneut auf die Pflicht zur Berücksichtigung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T) bei diesen Tätigkeiten hingewiesen. Wie bisher in § 17 beschrieben, dürfen für Trinkwasserinstallationen nur Werkstoffe und Materialien verwendet werden, die für diesen Zweck geeignet sind. Die zugehörigen Anforderungen sind in § 14 und § 15 näher beschrieben. In § 13 finden sich auch Anforderungen an die Kennzeichnung von Nichttrinkwasseranlagen und deren Entnahmestellen.

Trinkwasserleitungen aus Blei

In § 17 ist der Umgang mit Installationen aus Blei aufgeführt. Sie betreffen vorrangig Betreiber und Eigentümer. In Absatz 6 gibt es eine Meldepflicht an das Gesundheitsamt: Stellen Installationsunternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit fest, dass Bleileitungen vorhanden sind und kein Auftrag zur Entfernung oder Stilllegung besteht, müssen sie dies dem Gesundheitsamt melden. 

Aufbereitung des Trinkwassers

Diesem Thema wird in Abschnitt 5 mit den Paragraphen 18 bis 26 gewidmet. Bspw. werden die Aufbereitungszwecke klar definiert. In § 20 findet sich der Verweis auf die vom Umweltbundesamt geführte „Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren“. Nur diese dürfen unter den genannten Bedingungen eingesetzt werden.

Legionella spec.

Für diesen Indikatorparameter gibt es nun mehrere Paragraphen, die dieses Bakterium bereits im Titel führen. Auch in anderen Paragraphen kommt Legionella vor. 

Der erste Paragraph mit „Legionella“ im Titel ist § 31 „Untersuchungspflichten in Bezug auf Legionella spec.“ Hierin finden sich unter anderem die Festlegungen, welche Anlagen unter welchen Bedingungen untersuchungspflichtig sind. 

In § 51 finden sich „Handlungspflichten des Betreibers in Bezug auf Legionella spec.“. Sie umfassen weitgehend die hinlänglich bekannten Pflichten bis hin zur „Risikoabschätzung“, die die bisherige „Gefährdungsanalyse“ begrifflich ablöst. Im Ablaufplan des Wassersicherheitplans WSP des Umweltbundesamtes folgt die Risikoabschätzung auf die Gefährdungsanalyse. Vereinfacht gesagt, sollen Gefährdungen in Risiken gemäß einer 3 x 3 Risikomatrix überführt werden, um sich auf wesentliche Risiken zu fokussieren. 

In § 53 finden sich die „Anzeigepflicht und Meldepflicht der zugelassenen Untersuchungsstelle in Bezug auf Legionella spec.“

Paragraph 68 beschreibt „Besondere Maßnahmen des Gesundheitsamts in Bezug auf Legionella spec.“, also Maßnahmen gegen den Betreiber, wenn dieser seinen in diesem Paragraphen genannten Pflichten nicht nachkommt.

Neuer Technischer Maßnahmenwert für Legionella

Bisher galt der nun in Anlage 3 Teil II festgelegte Maßnahmenwert für Legionella spec. erst bei Überschreiten der 100 KBE / 100 ml als Auslöser der Vorgehensweise. Jetzt reicht das Erreichen der Werte bereits dafür aus. Dies ist eine Verschärfung, da im Labor oftmals in einem Milliliter Untersuchungsvolumen eine Legionella nachgewiesen wird, nicht aber in der gefilterten Probe von beispielsweise 80 mm, obwohl hier 80mal mehr Legionellen zu erwarten gewesen wären. 

Um die Folgen dieser Verschärfung statistisch besser abzusichern, hat das Umweltbundesamt neue Anforderungen erstellt (Bundesgesundheitsblatt 2023, S. 218): Mit Inkrafttreten des neuen Maßnahmenwertes müssen mindestens drei Kolonien von Legionella spec. im Labor nachgewiesen werden, damit eine Überschreitung vorliegt.

Information der Verbraucher 

In § 52 geht es um allgemeine Informationen des Verbrauchers durch den Betreiber, wenn Werte überschritten sind und z.B. durch das Gesundheitsamt Maßnahmen zur Gefahrenabwehr angeordnet wurden. Eine dieser Maßnahmen kann die „Vermeidung des Konsums von Stagnationswasser“ sein (§ 52, (1) 2.), aber auch weitere Schutzmaßnahmen gegen Legionellen umfassen (§ 52 (3)).

Durchführung einer Untersuchung und Untersuchungsstellen

Diese Themen finden sich in den Paragraphen 39 bis 44. In § 41 findet sich die Pflicht des Betreibers, wenn eine auf Legionella untersuchungspflichtige Trinkwasserinstallation vorliegt. Dann muss er wie bisher für geeignete und repräsentative Probennahmestellen sorgen. Auch das Probennahmeverfahren (§ 42 Absatz 2) nach DIN EN ISO 19458 Zweck b bleibt erhalten. In diesem § 42 (3) findet sich auch das bekannte Untersuchungsverfahren mit Z-, S-0-, S-1- und S-2-Proben für die Parameter Blei, Kupfer und Nickel.

Empfehlung einer Risikoabschätzung auch ohne Legionella-Nachweis

In § 64 Absatz 4 wird ein erster Schritt hinsichtlich einer allgemeinen Risikoabschätzung für Trinkwasserinstallationen gemacht, selbst wenn ausschließlich andere Parameter als Legionella überschritten sind. Muss der Betreiber die Verwendung des Trinkwassers auf Anordnung des Gesundheitsamtes einschränken, kann das Gesundheitsamt dem Betreiber eine Risikoabschätzung für alle Parameter empfehlen, die sich in der Trinkwasserinstallation ändern können.

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

In § 71 und § 72 geht es um rechtliche Aspekte bei Vergehen gegen die Trinkwasserverordnung. In § 72 sind insgesamt 37 Ordnungswidrigkeiten aufgelistet, von denen ein Teil explizit für die Trinkwasserinstallationen in Gebäuden gilt. Zum „Legionellen-Paragraphen“ § 51 gibt es vier Ordnungswidrigkeiten, die sich auf die Erstellung und Übermittlung einer Risikoabschätzung, die Mitteilung an das Gesundheitsamt und die Aufbewahrung der in § 51 Absatz 4 Satz 2 genannten Dokumentation beziehen.

Autor: Dr. Peter Arens, Hygienespezialist Schell GmbH & Co. KG 

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