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Bundeskabinett billigt Energieeinspar-Verordnungen EnSikuMaV und EnSimiMaV

(24.8.2022; zuletzt upgedatet am 28.9.2022 mit 3 Anpassungen bzw. Klarstellungen zur Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung, EnSikuMaV) Das Bundeskabinett hat heute (24. August) zwei Energieeinsparverordnungen gebilligt - nicht zu verwechseln mit der seit  November 2020 nicht mehr gültigen EnEV. Die beiden aktuellen Verordnungen basieren auf dem Energiesicherungsgesetz (§30 EnSiG) und sollen vor dem Hintergrund der angespannten Gasversorgungslage einen Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit leisten. Sie beinhalten konkret Maßnahmen zur Energieeinsparung für die kommende und die übernächste Heizperiode und richten sich an ...

  • öffentliche Körperschaften,
  • Unternehmen und
  • private Haushalte.

Neben der Einsparung von Gas sind auch Maßnahmen vorgesehen, die den Stromverbrauch senken sollen, da dies dazu beitrage, die Stromerzeugung mit Gas zu verringern. Eine Verordnung mit Kurfristmaßnahmen gilt ab dem 1.9.2022 und hat eine Dauer von 6 Monaten (Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung,  EnSikuMaV). Die zweite Verordnung mit mittelfristigen Maßnahmen gilt ab dem 1.10.2022 und hat eine Geltungsdauer von 24 Monaten (EnSimiMaV). Die EnSimiMaV bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.

Die am 24. August im Kabinett verabschiedeten Energieeinsparverordnungen sollen auch als Beitrag zur Umsetzung der Einsparvorgaben der Europäischen Union dienen. Zur Erinnerung: Angesichts der von Russland verursachten Gasknappheit haben sich die EU-Staaten verpflichtet, ihren Gasverbrauch ab August dieses Jahres um mindestens 15% zu verringern - im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre. Deutschland, das über die letzten Jahre besonders abhängig von russischem Gas war, muss seinen Gasverbrauch demnach um 20% senken.

Mit den Maßnahmen der am 24. August im Kabinett verabschiedeten Verordnungen soll sich der Gasverbrauch nach ersten Schätzungen um ungefähr zwei Prozent senken lassen. Werden sie umgesetzt, so könnte sich in den kommenden beiden Jahren ein Einsparvolumen von gut 10,8 Mrd. Euro erreichen lassen.

Am 28. September hat das Bundeskabinett noch mal Anpassungen bei der Energiesicherungsverordnung für kurzfristige Energiesparmaßnahmen (EnSikuMaV) verabschiedet, die Klarstellungen für die Anwendung und den Geltungsbereich der Verordnung beinhalten. Die Anpassungen betreffen die kurzfristigen Energiespar-Maßnahmen, die für einen Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 28. Februar 2023 gelten. Die am 28. September verabschiedete Regierungsverordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV)

Die EnSikuMaV umfasst Maßnahmen, die sehr kurzfristig umgesetzt werden können. Sie zielen auf Einsparungen ab, die bereits in dieser Heizsaison zur Verringerung des Energiebedarfs beitragen können. Einen besonderen Schwerpunkt bilden Maßnahmen für die öffentliche Hand, die damit ihrer Vorbildfunktion nachkommt und so anderen Bereichen Orientierung hinsichtlich machbarer, praktikabler Einsparmaßnahmen geben kann. Die Verordnung hat eine Gültigkeit von sechs Monaten. Sie wird direkt vom Bundeskabinett ohne Beteiligung des Bundestags oder Bundesrats beschlossen und soll zum 1. September in Kraft treten.

  • Mieter bekommen mehr Spielraum, um Energie einzusparen
    Derzeit gibt es in einigen Mietverträgen Klauseln, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen. Wenn Mieter also weniger heizen wollen, verstoßen sie gegen ihre Mietverträge. Deshalb sollen diese vertraglichen Verpflichtungen für die Geltungsdauer der Verordnung ausgesetzt werden, so dass Mieter, welche Energie einsparen und die Heizung herunterdrehen wollen, dies auch tun dürfen. Eine Schädigung von Gebäuden soll durch entsprechendes Lüftungsverhalten verhindert werden.
      
  • Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken
    In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist es untersagt, private, innen- oder außenliegende Schwimm- und Badebecken sowie Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz zu beheizen. Eine Ausnahme gibt es für therapeutische Anwendungen. Gewerbliche genutzte Pools sind davon nicht betroffen.
      
    Anpassung vom 28.9.: Neu aufgenommen wird eine Klarstellung, dass eine Beheizung privater Pools im geringen Umfang ausnahmsweise dann erfolgen darf, wenn diese notwendig ist um die Becken frostfrei zu halten und Schäden an der Beckenanlage zu vermeiden. Ein privater Pool darf deshalb zum Beispiel auf wenige Grad über Null beheizt werden, wenn andernfalls das Becken Schaden nimmt und es keine anderen Möglichkeiten zur Schadensabwehr gibt.
      
  • Maßnahmen zur Energieeinsparung in öffentlichen Nichtwohngebäuden
    Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, wie etwa Flure oder große Hallen, Foyers oder Technikräume, dürfen nicht beheizt werden -es sei denn, dass dafür technische oder sicherheitstechnische Gründe vorliegen - z.B. aufgrund von Bauphysik oder Nutzung (z.B. Lagerung gefährdeter Gegenstände oder Stoffe).
    Ausgenommen von dieser Regelung sind Einrichtungen, bei denen höhere Lufttemperaturen in besonderer Weise zur Aufrechterhaltung der Gesundheit der sich dort aufhaltenden Personen geboten sind - wie z.B. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.
      
  • 19°C an Arbeitsstätten in öffentlichen Nichtwohngebäuden
    Um der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Gassparen Rechnung zu tragen, dürfen Büros nicht über 19°C in geheizt werden. Die bisher empfohlene Mindesttemperatur liegt für Büros bei 20°C. Eine entsprechende Herabsetzung der Lufttemperatur gilt auch für andere Arbeitsräume in öffentlichen Nichtwohngebäuden in Abhängigkeit des Grades körperlichen Anstrengung, die mit der Tätigkeit in diesen Räumen verbunden ist.
    Ausgenommen sind auch hier z.B. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.
      
  • Trinkwassererwärmungsanlagen in öffentlichen Nichtwohngebäuden
    In öffentlichen Nichtwohngebäuden sind dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen, insbesondere Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher auszuschalten, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist und sofern Hygienevorschriften dem nicht entgegenstehen. Ausgenommen sind auch hier: medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.
      
  • Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern
    Die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung ist untersagt. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten sowie allgemein alle Fälle, in denen die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann.

    Anpassung vom 28.9.: Beim Beleuchtungsverbot von Gebäuden wurde klargestellt, dass dieses Verbot nur für öffentliche Nichtwohngebäude und Baudenkmäler gilt. Zugleich wurde klargestellt, dass das Beleuchtungsverbot nicht gilt bei der Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern, die anlässlich traditioneller oder religiöser Feste (wie beispielsweise Weihnachten) installiert und betrieben werden, auch wenn sie zur Beleuchtung des Gebäudes beiträgt.
      
  • Mehr und detailliertere Information für private Energiesparmaßnahmen
    Gas- und Wärmelieferanten werden verpflichtet, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten, über die Auswirkungen der aktuellen und möglicherweise noch kommenden Energiepreissteigerungen und über mögliche Einsparpotenziale frühzeitig, mindestens aber zu Beginn der Heizsaison zu informieren.
    Eigentümer von Wohngebäuden, deren Wohngebäude leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben den Nutzern diese Informationen weiterzuleiten (Weiterleitungspflicht).
    Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen auf dieser Grundlage zudem spezifische Informationen zu Energieverbrauch und Energiekosten der jeweiligen Wohneinheit geben. Bei erneuten Preissteigerungen sind erneut Informationen bereitzustellen.
      
  • Ladentüren und Eingangssysteme im Einzelhandel
    In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, untersagt, sofern das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist.
      
  • Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen
    Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt. Dies gilt nicht, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Ausgenommen sind daher regelmäßig beleuchtete Werbeträger an Fahrgastunterständen (oder Wartehallen), Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind.
      
    Anpassung vom 28.9.: Neu hinzugefügt wird eine Ausnahmeregelung für Werbeanlagen, die während der Öffnungszeiten auf Gewerbe und Beruf am selben Ort hinweisen. Ein Beispiel hierfür sind beleuchtete Namenszüge eines Ladens, etwa über dem Eingang, diese dürfen während der Öffnungszeit weiter beleuchtet werden, auch wenn es nach 22 Uhr ist.
      
    Ebenfalls neu hinzugefügt wird eine Ausnahme für beleuchtete Werbeanlagen, die während Sport- und Kulturveranstaltungen in Funktion sind. Ein Beispiel sind hier beleuchtete Werbebanner bei Fußballspielen oder beleuchtete Werbetafeln bei Kulturveranstaltungen während die Veranstaltung läuft.
        
  • Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten
    Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten die festgelegten Höchstwerte für die Lufttemperatur als Mindesttemperaturwerte.

Fotos © baulinks/AO 

Maßnahmen der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV)

Diese Verordnung umfasst Maßnahmen, die einen höheren, mittelfristigen Zeitbedarf für die Umsetzung erfordern. Die Maßnahmen zielen auf Einsparungen in der kommenden und der folgenden Heizperiode ab, haben aber auch eine Wirkung darüber hinaus. Diese Verordnung hat eine Gültigkeit von zwei Jahren. Sie bedarf der Zustimmung des Bundesrates und soll am 1. Oktober in Kraft treten.

Steigerung der Energieeffizienz in öffentlichen, privaten und Firmengebäuden

  • Pflicht zu Heizungsprüfung und -optimierung
    Alle Eigentümer von Gebäuden mit Gasheizungen müssen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durchführen. Sinnvoll ist die Kopplung der Prüfung an ohnehin stattfindende Termine wie etwa Kehr- und Überprüfungstätigkeiten oder eine reguläre Heizungswartung.
      
  • Verpflichtender hydraulischer Abgleich für Eigentümer großer Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung
    Eigentümer von großen Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung auf Erdgasbasis müssen einen hydraulischen Abgleich vornehmen lassen, sofern ein solcher bislang nicht durchgeführt wurde. Dies gilt für Firmen und öffentliche Gebäude (ab 1000 m²) sowie für große Wohngebäude ab sechs Wohneinheiten.
    Zur Erinnerung: Ein hydraulischen Abgleich ist eine effektive Einsparmaßnahme, die je nach Gebäude den Gasverbrauch um ca. 8 Kilowattstunden pro Quadratmeter (8 kWh/m²) senken kann. Da es sich hierbei um eine Instandhaltungsmaßnahme handelt, trägt hierfür der Eigentümer bzw. der Vermieter die Kosten. 

Einsparungen in Unternehmen

  • Verpflichtung zur Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmaßnahmen in Unternehmen
    Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr werden ab dem 1. Oktober verpflichtet, wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen. Diese Verpflichtung gilt für Unternehmen, die bereits ein Energieaudit - also eine Analyse ihrer Verbräuche und ihrer Einsparpotentiale - nach den Vorgaben des Energiedienstleistungsgesetzes durchgeführt haben. Kurzfristige Maßnahmen, die hier in Frage kommen:
    • Austausch von Beleuchtungen mit LED,
    • Optimierungen von Arbeitsabläufen und technischer Systeme, z.B. Druckluftsystemen.
     Auch Unternehmen sind dazu verpflichtet, den hydraulischen Abgleich vorzunehmen sowie ineffiziente Heizungspumpen auszutauschen.

Rechtliche Verpflichtungen und freiwilliges Engagement ergänzen sich gegenseitig

Beide Verordnungen sind Teil eines Maßnahmenbündels. Neben den unmittelbaren Einspareffekten sollen die Maßnahmen auch eine Signal- und Vorbildwirkungen haben. Sie zielen somit auch darauf ab, freiwillige Energiesparmaßnahmen anzustoßen. Durch die Umsetzung der Energieeinsparverordnungen lässt sich nur ein kleiner Teil der erforderlichen Einsparungen erreichen. Nötig ist eine nationale Kraftanstrengung. Dafür braucht es ein starkes Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, von Bund, Ländern, Kommunen, Sozialpartnern, Gewerkschaften, Handwerk und Verbänden sowie der Zivilgesellschaft.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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