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Sofortprogramm mit Klimaschutzmaßnahmen für den Gebäudesektor

(17.7.2022) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) haben am 13. Juli ein Sofortprogramm für den Gebäudesektor vorgelegt - mit dem Ziel, den Gebäudesektor klimapolitisch auf Kurs zu bringen, so dass die nach dem Klimaschutzgesetz zulässigen Jahresemissionsmengen künftig eingehalten werden können und Deutschland sein nächstes Klimaziel (bis 2030 den Treibhausgasausstoß um inzwischen 65% gegenüber 1990 zu mindern) erreicht.

Foto © Stiebel Eltron 

Das Sofortprogramm war notwendig geworden, weil die Emissionen des Gebäudesektors im Jahr 2021 die zulässige Jahresemissionsmenge um zwei Mio. Tonnen CO₂-Äqui­valente überschritten hatten (115 Mt. CO₂-Äq. statt 113 Mt. CO₂-Äq.) ... und weil es der Bundesregierung bislang nicht gelungen ist, eine ganzheitliche Klimaschutzstrategie zu erstellen.

Die Überschreitung der Emissionen hatte das Umweltbundesamt am 15. März 2022 festgestellt. Der unabhängige Expertenrat für Klimafragen hatte die Zahlen am 13. April 2022 bestätigt. Nach §8 Bundes-Klimaschutzgesetz sind daher BMWK und BMWSB verpflichtet, ein Sofortprogramm vorzulegen, das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen in den folgenden Jahren sicherstellt.

Bei dem Gebäude-Sofortprogramm handelt es sich um einen gemeinsamen Vorschlag von BMWK und BMWSB. Das Programm wird nun dem Expertenrat für Klimafragen zur Stellungnahme zugeleitet. Anschließend berät die Bundesregierung über die zu ergreifenden Maßnahmen und beschließt diese schnellstmöglich. Da gerade innerhalb der Bundesregierung ein umfassendes Klimaschutz-Sofortprogramm abgestimmt wird, ist geplant, die im Programm enthaltenen Maßnahmenvorschläge in das Gesamtprogramm zu integrieren.

Die Maßnahmen im Detail:

  1. Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
    Mit der GEG-Novelle soll u.a. gesetzlich festgeschrieben werden, dass ab 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der Neubaustandard soll gemäß Koalitionsvertrag ab 2025 an den EH40-Standard angeglichen werden. Auf EU-Ebene wird der Vorschlag der EU-Kommission vom 15.12.2021 zu den Mindestenergieeffizienzstandards (MEPS) im Rahmen der Gebäude-Richtlinie unterstützt.
      
    Die konkrete Ausgestaltung lässt sich aufgrund der laufenden Verhandlungen noch nicht definieren. Die Regelungen sollen aber nach Beschluss der EU-Ge­bäuderichtlinie noch in dieser Legislatur in deutsches Recht umgesetzt werden. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass technische Machbarkeit und Sozialverträglichkeit angemessene Berücksichtigung finden.
      
  2. Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
    Die BEG soll die neuen Vorgaben des GEG flankieren und insbesondere bis zu deren Inkrafttreten die Marktteilnehmer auf die ab 2024 neu geltenden EE-Wär­me­anforderungen (65% EE-Wärme) an neue Heizungen effektiv vorbereiten. Richtschnur für die Neuausrichtung der BEG ist die Sicherstellung der Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands ab 2045. Die derzeit existierende Sanierungsdynamik soll aufrechterhalten werden.
      
  3. Richtlinie für die Förderung von Pilotprojekten der Seriellen Sanierung und flankierenden Maßnahmen (Bundesförderung Serielle Sanierung)
    Bereits am 7. Mai 2021 startete das BMWK-Programm zur Förderung der Seriellen Sanierung - siehe Beitrag vom 9.5.2021. So sollen mit vorgefertigten Dach- und Fassadenelementen einschließlich damit verbundener Anlagentechnik Gebäude schnell und hochwertig energetisch saniert werden. Die Maßnahme umfasst die Weiterführung des Förderprogramms.
      
  4. Initiative öffentliche Gebäude
    Mittels einer neuen Maßnahme zur Erhöhung der Sanierungsrate bei allen öffentlichen Gebäuden soll ein vergleichbares Ambitionsniveau wie das der „Energieeffizienzfestlegungen für klimaneutrale Neu-/ Erweiterungsbauten und Gebäudesanierungen des Bundes“ erreicht werden.
      
  5. Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur
    Mit dem BMWSB-Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ sollen künftig kommunale Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur mit hoher Qualität im Hinblick auf ihre energetischen Wirkungen und Anpassungen an den Klimawandel gefördert werden. Dabei geht es beispielsweise um die energieeffiziente Sanierung von Schwimmbädern, was mit einer gleichzeitigen Reduktion von Treibhausgasen verbunden ist.
      
  6. Zukunft Bau - Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich
    Mit dem Förderprogramm Zukunft Bau - Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich des BMWSB sollen Vorhaben gefördert werden, die vielversprechende Lösungen der Forschung und Entwicklung praktisch erproben.
      
  7. Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)
    Die BEW setzt Anreize zur Umstellung von vorwiegend fossilen Wärmenetzen auf erneuerbare Energien und Abwärme sowie den Neubau von Wärmenetzen mit mindestens 75% an Einspeisung aus erneuerbarer Wärme und Abwärme. Ergänzend werden Einzelmaßnahmen gefördert. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen das System der bisherigen netzgebundenen Wärmeversorgung umgebaut und vorhandene Wärmenetze auf die Nutzung erneuerbarer Wärme und unvermeidbarer Abwärme umgestellt werden.
     
  8. Gesetz für kommunale Wärmeplanung
    Um die kommunale Wärmeplanung (KWP) mit Blick auf die Klimaziele rechtzeitig und effektiv flächendeckend einzuführen, ist eine gesetzliche Bundesregelung notwendig. Die genaue Ausgestaltung der bundesgesetzlichen Regelung zur KWP ist derzeit noch offen.
     
  9. Aufbauprogramm und Qualifikationsoffensive Wärmepumpe
    Wärmepumpen sind durch ihren hohen Effizienzgrad und potenzielle Treib­haus­gas-Neutralität eine Schlüsseltechnologie im Wärmebereich. Das Aufbauprogramm soll zunächst drei Komponenten umfassen:
    1. Weiterbildungen zur Planung und zum Einbau von Wärmepumpen in Wohngebäuden
    2. Schulungen im Bereich natürliche Kältemittel für Wärmepumpen zur Sachkundezertifizierung
    3.  Schulungen speziell für den Wärmepumpeneinbau im Bestand mit Blick auf Niedertemperaturfähigkeit und unter Berücksichtigung der Peripherie inklusive qualitativer Beurteilung der Heizverteilung, Heizkörper und Heizlastberechnung.
        
  10. Optimierung bestehender Heizungssysteme
    Aktuell werden verschiedene - auch ordnungsrechtliche - Umsetzungsoptionen jenseits von Förderung erarbeitet und diskutiert. Ziel ist es, zeitnah eine Optimierung bestehender Heizungssysteme zu initiieren.
      
  11. Energieeffizienzgesetz (EnEfG)
    Mit dem EnEfG werden erstmals ein sektorübergreifender rechtlicher Rahmen zur Steigerung der Energieeffizienz geschaffen und das Ambitionsniveau des Klimaschutzgesetzes für die Energieeffizienz festgeschrieben. Gleichzeitig werden mit dem EnEfG wichtige Anforderungen aus der laufenden EU-EED-Novelle (Energy Efficiency Directive) national umgesetzt. Die daraus resultierenden Maßnahmen werden u.a. zu erheblichen Treibhausgasminderungen im Gebäudesektor führen.

Mit dem jetzt vorgeschlagenen Sofort-Programm will die Bundesregierung die Klimapolitik im Gebäudesektor „ambitioniert“ neu ausrichten und die Lücke bis 2030 schließen.

Laut BMWK und BMWSB zeigen die Wirkungsabschätzung der Maßnahmen, dass die Jahresemissionsmengen in den Jahren 2022 bis 2026 voraussichtlich zunächst nicht eingehalten werden, in der Summe aber ab 2028 bis 2030 eine Übererfüllung zur Einhaltung der zulässigen Emissionsmenge für den Gesamtzeitraum (2022 bis2030) führt.

Der Treibhausgasausstoß im Gebäudebereich betrug 2021 115 Mio. Tonnen CO₂-Äqui­valente (Ziel laut BKG: 113 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente). Bis 2030 muss der Ausstoß auf 67 Mio. t CO₂-Äquivalente (festgelegte Emissionsmenge 2030 laut BKG) sinken.

Die Emissionslücke zwischen 2022 und 2030 beträgt ca. 152 Mio. Tonnen CO₂-Äqui­valente (aufsummierte jährliche Werte laut Projektionsbericht der Bundesregierung, ohne dieses Sofortprogramm). Mit dem Sofortprogramm lässt sich der Treibhausgasausstoß im Gebäudesektor zwischen 2022 und 2030 in Summe um etwa 156 bis 161 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente absenken und die bestehende Emissionslücke schließen.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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