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BaFin plant Festsetzung eines Systemrisikopuffers für den Wohnimmobiliensektor

(17.1.2022) Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beabsichtigt, einen antizyklischen Kapitalpuffer von 0,75% der risikogewichteten Aktiva auf inländische Risikopositionen festzusetzen und einen sektoralen Systemrisikopuffer von 2,0% der risikogewichteten Aktiva auf mit Wohnimmobilien besicherte Kredite einzuführen. Derzeit liegen die Quoten jeweils bei Null Prozent. Dieser Entscheid berücksichtigt Analysen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des European Systemic Risk Boards (ESRB). Der AFS sieht makroprudenziellen Handlungsbedarf und begrüßt das von der BaFin vorgelegte Maßnahmenpaket.

Für beide Maßnahmen wird die BaFin jeweils eine Allgemeinverfügung erlassen. Die Anhörungen dazu begannen am 12.1. und sollen am 26. Januar 2022 enden. Beide Puffer sollen zeitnah aktiviert werden. Die Institute sollen aber „genügend Zeit“ erhalten, sich auf die Maßnahmen einzustellen: sie müssen die zusätzlichen Kapitalanforderungen zum 1. Februar 2023 vollständig erfüllen. Mit den beiden Kapitalpuffern werden insgesamt rund 22 Mrd. Euro an hartem Kernkapital im Bankensystem konserviert. Die Banken werden laut BaFin die Anforderungen fast vollständig aus bestehendem Überschusskapital erfüllen können. Lediglich bei wenigen Instituten werde sich ein zusätzlicher Kapitalbedarf in geringer Höhe ergeben - so die Erwartung der Bundesanstalt.

Das Finanzsystem hat sich nach Einschätzung der BaFin in der Corona-Pandemie als robust erwiesen. Jedoch hätten sich Verwundbarkeiten gegenüber negativen wirtschaftlichen Entwicklungen und speziell am Wohnimmobilienmarkt aufgebaut. Besonders dynamisch entwickelten sich zuletzt Preise und Kreditvergabe bei Wohnimmobilien. Den sich daraus ergebenden zunehmenden Risiken wollen die BaFin und der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) vorbeugend entgegenwirken. „Mit diesen Kapitalpuffern tragen wir nicht nur den zyklischen Risiken Rechnung, sondern begegnen auch zielgenau den spezifischen Finanzstabilitätsrisiken am Wohnimmobilienmarkt, wo Preis- und Kreditwachstum momentan sehr stark sind“, erläutert BaFin-Präsident Mark Branson. Hauptziel sei es, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors vorbeugend zu stärken. In schlechteren Zeiten sollen die Puffer zur Verlustabsorption dienen, so dass eine mögliche prozyklische Einschränkung der Kreditvergabe mit negativen Auswirkungen auf die Realwirtschaft begrenzt werden kann.

Ergänzend zu den Kapitalmaßnahmen mahnt die Aufsicht Banken, Versicherungsunternehmen und andere Kreditgeber, angesichts der aktuellen Entwicklungen am Markt für Wohnimmobilien bei der Neukreditvergabe besonders vorsichtig zu sein. Sie erwartet eine konservative Bewertungs- und Kreditvergabepraxis, die Finanzierungen mit hohem LTV („loan-to-value“) restriktiv behandelt und eine solide Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer dauerhaft - also auch in Stressphasen - sicherstellt. Kreditnehmer sollten jederzeit in der Lage sein, die monatlichen Zahlungen für Zins und Tilgung aufbringen zu können, auch wenn Zinsen steigen.

IVD: „Vorstoß der BaFin kontraproduktiv“

Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland IVD, hält nichts von dem Systemrisikopuffer für den Wohnimmobiliensektor: „Angesichts der minimalen Gesamtverlustrate der Banken bei Wohnimmobilienkrediten halten wir den Vorstoß der BaFin für nicht nachvollziehbar und kontraproduktiv. Die höheren Kosten, die auf die Banken aufgrund des zusätzlichen Kapitalbedarfs zur Abpufferung der laufenden Kredite zukommen, werden sie auf das Neu- und Anschlussgeschäft umlegen müssen. Damit fällt die BaFin der Bundesregierung in den Rücken, deren Ziel es ist, jährlich 400.000 Wohnungen zu schaffen. Dieses ambitionierte Ziel ist ohne private Investitionen in die Eigentumsbildung nicht erreichbar. Mit Erhöhung der Zinsen und der damit einhergehenden sinkenden Erschwinglichkeit werden viele private Bauherren von der Eigentumsbildung ausgeschlossen. Das kann nicht im Sinne der Koalitionäre sein.“

ZIA: „Wohnungsneubau wird gefährdet“

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) zeigt sich ebenfalls besorgt über die Ankündigung der BaFin, einen sektoralen Systemrisikopuffer in Höhe von zwei Prozent für Wohnimmobilienfinanzierungen einzuführen. Damit würden sich Wohnimmobilienfinanzierungen sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich verteuern. Gleichzeitig sei eine Angebotsverknappung zu erwarten, da bestimmte Institute ihr Engagement im Wohnimmobilienfinanzierungsbereich zurückfahren könnten. „Solche Maßnahmen wirken kontraproduktiv und entfernen uns einen großen Schritt vom selbsterklärten Ziel der Bundesregierung jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen“, kommentiert auch ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Eine solche Kraftanstrengung ist nur mit einem gemeinsamen Handeln von Politik, Aufsichtsorganen und Immobilienwirtschaft zu meistern. Hierzu müssen wir alle an einem Strang ziehen.“

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