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Parken neu gedacht: modular genutzter Quartiers-Hub von Wöhr und Heller

(14.9.2021) Gute Konzepte für Mobilität werden die Lebensqualität in den Metropolen der Zukunft bestimmen. Dabei rückt der ruhende Verkehr immer mehr in den Fokus: Wenn der städtische Raum neu belebt werden soll, muss Parkraum neu gedacht werden. Einen visionären Ansatz hat Architekt Marcel Heller von Heller Designstudio im Auftrag von Wöhr Autoparksysteme entwickelt. Im Rahmen eines Workshops des Innovationsnetzwerks MUNICH NEXT LEVEL hat der Architekt den modular genutzten Quartiers-Hub erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf Basis eines platzsparenden automatischen Systems verwandelt der Quar­tiers-Hub die Parkgarage von einer abweisenden Abstellanlage in ein Quartierszentrum. Heller sieht München als ideale Stadt für ein Pilotprojekt.

alle Grafiken © Heller Architekten / WÖHR 

Das Thema Parken ist in Städten bislang meist eine lästige und unangenehme Angelegenheit und wrd vor allem mit der langen Suche nach geeigneten Parkplätzen am Straßenrand verbunden – die wiederum urbane Freiflächen belegen und somit eine große Beeinträchtigung für den städtischen Raum darstellen. Wenn der ruhende Verkehr in Zukunft aus dem Stadtbild verschwinden soll, wird es unvermeidbar, darüber nachzudenken, wie stehende Fahrzeuge in den urbanen Alltag integriert werden können. Herr Heller ist der Meinung, dass es bessere Lösungen gibt als platzfressende Parkbuchten auf der Straße oder ressourcenintensive Tiefgaragen mit weiten Wegen unter der Erde.

zwei zentrale Herausforderungen der Stadtentwicklung

Auch wenn das eigene Auto in der Großstadt von morgen eine immer kleinere Rolle spielt - Carsharing, E-Scooter und E-Bikes werden weiterhin Platz benötigen. Raum ist in Metropolen gleichwohl eine knappe Ressource. Die Konkurrenz um die Verkehrsfläche wird sich in Zukunft weiter verschärfen. Wenn Städte zukunftsfähig bleiben wollen, müssen sie Parken neu denken.

Nutzungen kombinieren und Mehrwert für alle schaffen

Marcel Heller hat eine Vision zum städtischen Parkraum der Zukunft: „Was wäre, wenn wir Parken als Teil Lebens mitdenken - und einen intuitiven, integrativen Parkraum mit Mehrwert schaffen? Wie wäre ein Gebäude, das am Eingang zum Wohnquartier den Individualverkehr abfängt und Nutzungen anbietet, auf die man vor oder nach dem Parken gerne zurückgreift?“, fragte Herr Heller zu Beginn seiner Entwicklung.

Damit seine Vision Wirklichkeit werden kann, musste erst die richtige Technik gefunden werden. Mit einem automatischen Parksystem, das modular und oberirdisch in Gebäude integriert werden kann, hatte der Architekt seine Lösung gefunden: „Hier müssen die Autos und Fahrräder nicht mehr in miefigen Garagen unter der Erde verstaut werden. Die Nutzer*innen können ihre Fahrzeuge mitten im belebten Raum per App holen und abgegeben. Das ist besonders für Frauen auch ein Sicherheitsaspekt.“

Platzsparend, modular anpassbar und ressourcenschonend

Ferhan Niepelt von Wöhr Autoparksysteme hebt die technischen Vorteile hervor: Da die Fahrzeuge automatisch von einem Liftsystem transportiert werden, seien keine Rampen, Straßen und Wege nötig. Zudem benötige man etwa 60% weniger Parkfläche. „Diesen Platz können wir für sinnhafte Nutzungen verwenden, die dem Stadtteil einen Mehrwert bieten”, so Herr Niepelt.

„Da heute kein Verkehrsplaner die Frage wirklich gut beantworten kann, wie viel Parkflächen wir in 20 Jahren brauchen und wie diese aussehen sollen, ist die Agilität des Bauwerks ein wichtiger Vorteil“, ergänzt Herr Niepelt. Hier könnten durch eine neue Offenheit viele Fehlinvestitionen vermieden werden.

Im Sinne der Nachhaltigkeit weist Herr Niepelt noch auf einen dritten Vorteil hin: „Das Material der Parksysteme entspricht dem ressourcenschonenden Ansatz der Kreislaufwirtschaft. Durch die Verwendung wiederverwertbarer Materialen können sich Städte und Gemeinden auf den Weg in die Circular Economy machen.“ Das Baukastensystem ist aus Metall, schont durch die Vermeidung von Beton natürliche Ressourcen und bietet mit dem integrierten vollautomatischen Parksystem eine platzsparende und zugleich kostengünstige Unterbringung von Kraftfahrzeugen.

Parken als Anker – der Hub als Hafen

Die vollautomatische Parkgarage ist mit additiv eingefügten Angeboten konzipiert. Die Bewohner eines Quartiers sollen hier alles finden, was sie im Alltag brauchen. Während eine Paketstation und eine Fahrradwerkstatt inzwischen schon vielfach in Parkhäusern integriert werden, soll der Quartiers-Hub von Heller - Dank der Bauweise - viel weitreichender auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten werden. Von der Kita über das Fitness-Studio bis zum Jugendzentrum und der Skate-Anlage könnten insbesondere auch viele Angebote für Kinder und Jugendliche entstehen. Auch Kulturräume wie Kunstateliers, Kinosaal oder Bandproberäume ließen sich laut Herrn Heller baulich sehr gut integrieren. Boulderwände im Außenbereich und die begrünte Fassade seien da schon selbstverständlich, Gemeinschaftsflächen und Urban Gardening auf dem Dach für ein qualitätsvolles Quartier erstrebenswert. Im Idealfall integriert der Quartiers-Hub auch Module für Büros und Einzelhandel - Nutzungen, die dem Sharing- Gedanken entsprechen, bieten sich nach Ansicht der Planer besonders gut an.

Das bunte Leben: Kompakt und grün – auch am Stadtrand

Der Quartiers-Hub ist insbesondere für neu entstehende Quartiere attraktiv, indem er als Element in verschiedene städtebauliche Kontexte integriert werden kann. In jedem Fall entsteht eine vielseitig nutzbare Parksituation, die geparkte Fahrzeuge auf platzsparende Weise aus dem Quartier verschwinden lässt und dabei einen echten Mehrwert für Anwohner und Besucher schafft. Ein Konzept, das für eine schnell wachsende und im Wandel begriffene Metropole wie München große Potenziale bietet, angespannte Parksituationen aufzulösen und neu entstehende Quartiere zu beleben.

Frühzeitige Beteiligung in München

Ein so neuartiger und ganzheitlicher Ansatz braucht viel Austausch in der Entwicklungsphase. Deshalb war es Marcel Heller und seinem Team von Beginn an wichtig, das Konzept bereits in dieser frühen Phase mit Nutzern offen zu diskutieren und das bisher erarbeitete auch zu hinterfragen.

Das Münchner Innovationsnetzwerk MUNICH NEXT LEVEL hat sich zur Aufgabe gemacht, Münchner mit verschiedenen Interessen und Hintergründen zusammenzubringen, um für Themen der Stadtentwicklung neue Impulse zu geben, Fragen zu stellen und konstruktive Kritik zu sammeln. So fand bereits ein erster virtueller Workshop mit Stakeholdern aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Verwaltung, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur statt, um das bislang noch nicht veröffentlichte Konzept des Quartiers-Hub exklusiv kennenzulernen und in einem innovativen Digital-Format partizipativ zu diskutieren.

Im Fokus der lebhaften und konstruktiven Diskussion standen die Themen Architektur und Materialität, technische und rechtliche Aspekte sowie Quartiersentwicklung. Die Reaktionen und Impulse aus dem Plenum haben gezeigt, dass besonders der flexible, modulare Aspekt des Quartiers- Hubs für die Integration in den städtischen Raum zentral ist.

Pilotprojekt in München?


  

Nach Meinung von Ferhan Niepelt ist München mit seinen aktuellen Stadtentwicklungsprojekten ein idealer Ort, um ein Pilotprojekt auf den Weg zu bringen. Die zahlreichen neu zu entwickelnden Wohngebiete am Stadtrand erfüllen nach Meinung von Ferhan Niepelt viele passende Rahmenbedingungen: „Wo bisher nichts als Brachland und Acker ist, wünscht man sich attraktive Quartierszentren mit vielfältiger Infrastruktur, kleinen Läden, Freizeitangeboten und kulturellen Erlebnissen. Aus der Vergangenheit weiß man, wie schwer es ist, auf der grünen Wiese urbane Zentren zu schaffen, die von den Menschen angenommen werden.”

Herr Niepelt ist überzeugt, dass der Quar­tiers-Hub der Schlüssel zur Lösung sein kann: „Warum baut man das Zentrum nicht um den Verkehrsknotenpunkt, in dem Lastenräder, E-Bikes, eigene Fahrräder, Leihroller, E-Autos und private PKWs stehen? So schaffen wir in einem Wohnquartier einen Platz, der die nötige Vielfalt und Frequenz für zahlreiche weitere Nutzungen von der liebevoll geführten Manufaktur über das Nachbarschafts-Café bis zur Künstlergalerie mit gemeinsamer Werkstatt bereitstellt.“

Wöhr Autoparksysteme durfte bereits in der Vergangenheit einmal ein pionierhaftes Projekt in München realisieren, das landesweit Beachtung fand. Die erste vollautomatische Anwohnertiefgarage des Landes wurde 2006 mit Wöhr + Bauer in der Donnersberger Straße eröffnet - siehe auch Beitrag „München baut eine automatische Quartiersgarage unter der Straße“ vom 20.2.2006. Ein Erfolgsprojekt, das vom Bundespräsidenten zum „ausgezeichneten Ort“ der „Land der Ideen“-Aktion erklärt wurde.

Weitere Informationen zu automatischen Parksystemen und Quartiersparkhäusern können per E-Mail an Wöhr angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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