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„COVID-19 und die Zukunft der Städte“: Die Krise wird Urbanisierung nicht dauerhaft ausbremsen


  

(27.4.2020) Mit den Auswirkungen der Corona/COVID-19-Krise befasst sich längst auch die Stadtforschung. Wissenschaftler des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) haben dazu in der ersten Ausgabe der neuen Reihe ILS-IMPULSE Stellung bezogen.

Demnach wird aktuell in der internationalen Stadtforscher-Szene intensiv über die Folgen der Pandemie für die Urbanisierung und die Stadtentwicklung diskutiert. „COVID-19 hat ohne jeden Zweifel das Potential, die Urbanisierung kurzfristig aufzuhalten, weil die absehbare ökonomische Krise auch Großstädte stark treffen wird“, prognostiziert Prof. Dr.-Ing. Stefan Siedentop, der das Papier zusammen mit Ralf Zimmer-Hegmann vorgelegt hat. „Metropolen und Metropolregionen bleiben aber Orte von Wachstum und Innovation und damit auch bevorzugte Zielgebiete von internationaler und nationaler Migration. Wir halten es für wenig wahrscheinlich, dass sich dieser Trend längerfristig abschwächen wird“, so Prof. Siedentop weiter.

„Die Krise ist für die Wissenschaft ein Anlass für eine Selbstvergewisserung“, stellt Herr Zimmer-Hegmann fest. So werde die Bedeutung von dichter Bebauung, von Urbanität und Zentralität für die Entstehung und Verschärfung der Pandemie in der Szene kritisch hinterfragt. „Zumindest für Deutschland sehen wir derzeit allerdings keine robusten Belege für signifikante Unterschiede in der Betroffenheit von Stadt und Land. Hotspots sind eher auf Zufälligkeiten oder lokale Veranstaltungen zurückzuführen“, resümiert Herr Zimmer-Hegmann.

Gänzlich ausblenden könne man die Bedeutung der Siedlungs- und Bevölkerungsdichte für die Ausbreitung der Pandemie aber dennoch nicht. Weitere Faktoren scheinen ebenso wichtig zu sein - etwa ...

  • die Alterszusammensetzung der Bevölkerung oder
  • das Maß der Einbindung von Städten in globale Prozesse und
  • die Attraktivität für den Tourismus.

„Besonders entscheidend erscheint uns, wie Städte mit der Krise umgehen und diese managen. Großstädte verfügen oft über eine hervorragende medizinische Infrastruktur. Notwendige Einkaufsmöglichkeiten sind oft nicht weit entfernt und der Nahverkehr sichert eine gute Grundversorgung“, so Prof. Siedentop.

Gemeinwohlorientierte Güter als wichtiger Schlüssel

Die entscheidende Frage sei nun, wie Städte dauerhaft widerstandsfähiger in Bezug auf Infektionskrankheiten werden können. Das betrifft die medizinische Ausstattung und Grundversorgung, aber auch andere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie die Energie- und Wasserversorgung, die Entsorgung oder den Nahverkehr. Die Autoren sehen die öffentliche Kontrolle solcher gemeinwohlorientierter Güter als wichtige Schlüsselfrage. „Viele Diskussionen stehen noch am Anfang. Wir wollen uns als Stadtforschungsinstitut in diese Debatten einbringen und an gesellschaftlichen Lösungen mitarbeiten. Wir sind davon überzeugt, dass eine angemessene Dichte, gute und gesunde Wohnverhältnisse, eine funktionierende Nachbarschaft sowie ausreichend Freiflächen wichtige Eckpunkte der nachhaltigen Stadtentwicklung sind und bleiben werden“, so das Autorenteam.

„COVID-19 und die Zukunft der Städte“ erscheint als erster Beitrag der neuen Insti­tuts-Reihe „ILS-IMPULSE“. Darin sollen künftig mehrmals jährlich aktuelle gesellschaftliche Themen und ihre Relevanz für die Stadt- und Regionalforschung kurz und knapp für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sowie Interessierte aufbereitet werden.

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