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Selbstreinigung unter dem Mikroskop

(2.4.2020) Schmutz ist nicht gleich Schmutz. Staub beispielsweise haftet nur wenig an Oberflächen; eingetrocknete Farbe wiederum klebt stark. Doch wie kann man die Hafteigenschaften einer Oberfläche gezielt einstellen, so dass bestimmter Schmutz nicht dran kleben bleibt? Dieses Wissen ist essentiell, um die Verunreinigung von Oberflächen durch Schmutzpartikel zu verstehen und zu minimieren. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz haben sich dieser Frage angenommen.

Oberflächen, von denen Wassertropfen einfach abperlen, sind vielversprechende Kandidaten in diesem Kontext. Auf Grund der geringen Haftung von Wassertropfen und den damit einhergehenden selbstreinigenden Eigenschaften werden entsprechende Oberflächen als „superhydrophob” - also super-wasserabweisend - bezeichnet. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Mikro-Rauigkeit - d.h. eine Rauigkeit im Bereich von einem millionstel Meter - aufweisen, und so die Kontaktfläche zu Wassertropfen deutlich reduzieren.

Lange Zeit war jedoch unverstanden, wie der Effekt der Selbstreinigung auf mikroskopischer Ebene genau funktioniert und wie entsprechende Oberflächen hergestellt werden können. Wissenschaftler um Prof. Dr. Doris Vollmer und Dr. Rüdiger Berger (Arbeitskreis Prof. H.-J. Butt) haben nun neue Einblicke in den Selbstreinigungsprozess gewonnen, indem sie eine solche Oberfläche mikroskopisch im Mikrometerbereich abgebildet haben. Diese besondere Mikroskopie-Methode, bei der ein Laser als Lichtquelle verwendet wird, kann verdeutlichen, wie ein über die Oberfläche rollender Tropfen Schmutzpartikel aufnimmt. Hiermit konnten sie zeigen, dass ein Tropfen auf einer mit Schmutzpartikeln verunreinigten superhydrophoben Oberfläche im Wesentlichen nur Kontakt mit den Schmutzpartikeln selbst hat. Dafür ist aber die Größe der Partikel im Vergleich zu typischen Längenskalen der Oberflächen-Rauigkeit essentiell. Abhängig von der Oberfläche kann die Partikelgröße zwischen einigen zehn Nanometern und mehreren Mikrometern variieren.

„Eine Oberfläche funktioniert effektiv, wenn die Längenskala bzw. Porengröße der superhydrophoben Oberfläche kleiner ist als der Schmutzpartikel selbst“, so Doris Vollmer. „Dann wird Schmutz, z.B. durch Regen, komplett entfernt.“

In einem weiteren Schritt haben die Wissenschaftler die über die laserbasierte Mikroskopie gefundenen Ergebnisse mit Hilfe von Kraftmessungen verifiziert. Dazu haben sie eine am MPI-P entwickelte hochsensitive Messmethode verwendet, die es erlaubt, die Reibung von Tropfen zu messen. Damit konnten sie zeigen, dass die Kraft, die für die Fortbewegung des Tropfens notwendig ist, sich aus der Anzahl an Schmutzpartikeln sowie der Haftkraft zwischen den Partikeln und der Oberfläche ergibt.

Diese sehr genauen Kraftmessungen ermöglichte es den Wissenschaftlern, eine weitere wichtige Aussage zu treffen: Partikel werden nur dann effektiv entfernt, wenn die Haftung zwischen Tropfen und Partikel größer ist als die Haftkraft zwischen Partikel und Oberfläche. Dann wird der Schmutz von dem Tropfen mitgenommen. Ihre so aufgestellten Regeln, die das Design einer schmutzabweisenden Oberfläche erleichtern sollen, haben sie mit Partikeln unterschiedlicher Größe und Art verifiziert. Interessanterweise verhalten sich Partikel wie beispielsweise Staub ähnlich wie kohlenstoffhaltige Substanzen, wie beispielsweise Ruß.

Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.

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