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Eigentümerversammlung zu Zeiten des Coronavirus bzw. im Katastrophenfall


  

(17.3.2020) Wegen der Verbreitung des Coronavirus kommt das öffentliche Leben in Deutschland nahezu zum Erliegen, denn soziale Kontakte sollen in der realen Welt auf ein Minimum beschränkt werden. Viele Wohnungseigentümer fragen sich daher: Kann jetzt überhaupt eine Eigentümerversammlung wie üblich stattfinden?

Zur Erinnerung: Mindestens einmal im Jahr muss der Verwalter zur nicht-öffentlichen Eigentümerversammlung einladen; und in der ersten Jahreshälfte hat sie traditionell Saison. Die Versammlung ist das oberste Verwaltungs- und Beschlussorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und von entsprechend großer Bedeutung. Doch können/dürfen Eigentümerversammlungen angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Coronavirus überhaupt stattfinden?

„Bei Eigentümerversammlungen handelt es sich um nicht-öffentliche Veranstaltungen. Der Teilnehmerkreis ist eingrenzbar, zudem werden die anwesenden Personen am Eingang zentral registriert, so dass die Möglichkeiten der Kontrolle im Falle eines Ausbruches des Virus bei einer Person uneingeschränkt gegeben sind”, erläutert Martin Kaßler, Geschäftsführer beim Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland). Ob die Versammlung letztlich stattfinden darf und mit welchen Vorgaben, hängt trotzdem von den Behörden des jeweiligen Bundeslandes ab. Allgemeingültige Aussagen sind hierzu nicht möglich, da jedes Bundesland derzeit noch unterschiedlich vom Coronavirus betroffen ist und selbstständig entscheidet.

Werden aber - wie derzeit in Bayern - der Katastrophenfall ausgerufen und Veranstaltungen untersagt, ist davon auszugehen, dass die in diesen Zeitraum fallenden Eigentümerversammlungen nicht stattfinden dürfen. Werden sie dennoch durchgeführt, dürfte dies zu anfechtbaren Beschlüssen führen.

Vollmachten erteilen

Findet die Versammlung statt, haben Wohnungseigentümer die Möglichkeit, schriftliche Vollmachten zu erteilen. Insbesondere wenn sie selbst oder Personen in ihrem engen Umfeld einer Risikogruppe angehören, empfiehlt es sich, auf die persönliche Teilnahme zu verzichten und eine dritte Person zu bevollmächtigen, im Sinne des Eigentümers abzustimmen. So kann die Versammlung mit einem deutlich kleineren Personenkreis stattfinden. Häufig wird der Verwalter zum Vollmachtnehmer bestimmt, da seine Anwesenheit sicher vorausgesetzt werden kann.

Wegen der aktuellen Situation empfiehlt es sich dennoch, von weitreichenden Ent­scheidungen - wie umfangreichen Sanierungsmaßnahmen - abzusehen. Für diese sollte später im Jahr eingeladen werden, auch um Anfechtungsklagen zu vermeiden.

Alternativen zur Präsenzveranstaltung

In einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften ist es bereits heute geübte Praxis, Eigentümerversammlungen als Telefon-, Video- oder Onlinekonferenzen durchzuführen. „Entsprechende Regelungen will der Gesetzgeber zwar erst im Zuge der laufenden Reform des Wohnungseigentumsgesetzes schaffen. Doch besteht in der Eigentümergemeinschaft Einstimmigkeit über eine solche Alternative zur klassischen Präsenzveranstaltung, ist dies auch schon heute möglich”, so der VDIV-Deutschland-Ge­schäfts­führer.

Vorsichtsmaßnahmen bei der Versammlung

Findet die Versammlung wie geplant statt, werden viele Immobilienverwaltungen wohl Spender mit Desinfektionsmitteln bereithalten. Diese sollten Teilnehmer vor Betreten des Saales unbedingt nutzen. „Auf das gewohnte Händeschütteln wird wie derzeit überall besser verzichtet. Zudem sollten alle Beteiligten einen Mindestabstand von 1,5 Metern voneinander einhalten. Sinnvoll ist es zudem, mit dem eigenen Kugelschreiber zu unterschreiben und ihn nicht weiterzureichen. Und selbstverständlich gilt es, größtmögliche Rücksichtnahme zu üben, in die Armbeuge zu husten und zu niesen sowie keinesfalls krank an der Versammlung teilzunehmen”, erinnert Herr Kaßler.

Verschiebung als Option

Viele Eigentümerversammlungen finden in den Abendstunden in Restaurants oder Hotels statt. Da diese Veranstaltungsorte bereits vielerorts geschlossen wurden bzw. in absehbarer Zeit schließen werden, fehlt der Versammlungsort. Vielfach werden Versammlungen daher in die zweite Jahreshälfte verschoben werden müssen.

Positiver Nebeneffekt: Eine Verschiebung schützt nicht nur Wohnungseigentümer vor einer Infektion. „Auch in Immobilienverwaltungen wird so die Gefahr deutlich reduziert – und die Handlungsfähigkeit der Verwaltungen als Vertreter der Eigentümergemeinschaften bleibt gewährleistet. Denn würde dort wegen eines Infektionsfalls Quarantäne verhängt werden, käme die Verwaltung quasi zum Erliegen”, so der VDIV-Deutsch­land-Geschäftsführer. Dies sollte auch berücksichtigt werden, wenn Eigentümer die anstehende Versammlung mangels öffentlicher Alternativen in die Räumlichkeiten ihrer Verwaltung verlegen möchten.

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