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Deutsche HOAI unter Druck beim EuGH


  

(3.3.2019) Im Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat Generalanwalt Maciej Szpunar in seinen am 28. Februar veröffentlichten Schlussanträgen zum Ausdruck gebracht, dass er die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für unvereinbar mit dem EU-Recht hält. Aus seiner Sicht würden sie in unzulässiger Weise die Niederlassungsfreiheit behindern, weil sie Ingenieuren und Architekten nicht die Möglichkeit gäben, sich über niedrigere Preise im Markt zu etablieren.

Diese Verkündung lässt nichts Gutes erahnen. In der Vergangenheit ist der EuGH der Empfehlung des Generalanwalts häufig gefolgt. Das Urteil des EuGH wird für das zweite oder dritte Quartal 2019 erwartet.

Bundesarchitektenkammer erinnert an „Davos Erklärung zur Baukultur“

Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK), bedauert den „schweren Rückschlag“: „Die Bundesregierung hat, wie auch die europäischen Berufsorganisationen der Architekten und Ingenieure und die Interessenverbände der Bauherren in Deutschland, ausführlich dargelegt, dass über ein gesellschaftlich so hohes Gut wie die Baukultur nicht im Preis-, sondern vielmehr im Qualitätswettbewerb entschieden werden muss. Gerade die Vertreter der Bauherren, die die Europäische Kommission mit ihrem Vorgehen gegen die HOAI angeblich auch schützen will, haben damit besonders die Bedeutung der Sicherung der Planungsqualität und des Verbraucherschutzes durch Vermeidung eines ruinösen Preiswettbewerbs hervorgehoben. Wir setzen darauf, dass die europäischen Richter, deren Entscheidung nun erst ansteht, gerade vor dem Hintergrund der kürzlich verabschiedeten europäischen ,Davos Erklärung zur Baukultur‘ Vernunft walten lassen und dem Votum des Generalanwaltes nicht folgen.“

Bundesingenieurkammer: Nicht der Preis darf entscheiden!

Sollte der EuGH den Ausführungen des Generalanwalts folgen, so befürchtet die Bundesingenieurkammer (BIngK) große Nachteile - vor allem für die Verbraucher. „Ein Wegfall des Preisrahmens, den die HOAI vorgibt, würde die Qualität beim Planen und Bauen massiv gefährden“, befürchtet  BIngK-Präsident Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer und er konstatiert: „Jeder weiß, dass für einen zu niedrigen Preis keine hinreichende Qualität geliefert werden kann - das gilt auch für Ingenieurleistungen. Daher befürchten wir, dass nach einem Wegfall der Mindestsätze der HOAI nur noch der Preis darüber entscheidet, was bzw. wie geplant und gebaut wird. Die Qualität wäre dann zweitrangig. Wer beim Planen spart, zahlt hinterher beim Bauen drauf.“

VBI: sieht gute Chance

Auch der Verband Beratender Ingenieure reagierte umgehend auf die Veröffentlichung. Der VBI teilt die Rechtsauffassung des Generalanwalts ebenfalls nicht. Die von deutscher Seite vorgebrachten Argumente für eine Beibehaltung der entsprechenden Regelungen in der HOAI seien schlüssig. Die Vorschriften der HOAI, insbesondere die Leistungsbilder, hätten sich als wertvolles Gerüst und Richtschnur für das Planen und Bauen in Deutschland über Jahrzehnte hinweg etabliert. Sie seien für Auftraggeber und Auftragnehmer ein verlässlicher Rahmen und eine Anleitung für das Planen und Bauen in Deutschland.

VBI-Hauptgeschäftsführer Roland Engels erklärte am 28. Februar: „Abzuwarten bleibt nun das endgültige Urteil des EuGH. Sollte das Gericht den Schlussanträgen des Generalanwalts folgen, benötigen die Planer in Deutschland zügig eine praxistaugliche, wirtschaftlich tragbare und vor allem nachhaltige Lösung. Der VBI sieht gute Chancen, im Gespräch mit der Bundesregierung, die sich ihrerseits bereits inhaltlich für die Beibehaltung verbindlicher Mindest- und Höchstsätze ausgesprochen hat, eine Vereinbarung zu finden. Diese Vereinbarung muss den Interessen unserer Mitglieder gerecht werden.“

BDB: Ohrfeige für den Verbraucherschutz

Der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB) ist alarmiert und warnt vor den Gefahren, die Deutschland im Bauwesen drohen könnten. Eine solche Entscheidung des EuGH wäre eine Ohrfeige für den Verbraucherschutz. Billiganbietern wäre es zunehmend möglich, sich auf dem deutschen Markt zu etablieren. Somit müssten die Verbraucher sehr wahrscheinlich schlechtere Planungsleistungen in Kauf nehmen. Die gewohnt gute Bauqualität, die nicht zuletzt durch die deutschen Vergütungsregelungen der Honorarordnung sichergestellt sei, werde es dann nicht mehr geben. Wenn keine auskömmlichen Preise mehr erzielt werden könnten, drohe ein massiver Qualitätseinbruch - so die Auffassung des BDB,

„Deutschland muss verteidigen, was erhalten werden kann“, fordert der BDB-Präsident Hans Georg Wagner. Die HOAI solle den Architekten und Ingenieuren weiterhin ein auskömmliches Honorar gewährleisten und den Bauherren die Qualität ihrer Bauprojekte sichern.

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