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Algen und Pilze: Caparol-Werkstofftag erörtert Problematik aus rechtlicher Sicht

(9.12.2002) Algen und Pilze an der Fassade werden zunehmend zum Problem. Denn mit der Häufigkeit ihres Auftretens ist auch die Rechtsunsicherheit gewachsen. Wer haftet, wenn die Fassade statt glänzend weiß grün anmutet? Der Planer, der Verarbeiter oder keiner von beiden, weil Pilze und Algen einfach in der Umwelt vorkommen und daher hinzunehmen sind. Vor allem über diese Frage diskutierten Fachleute des Maler- und Stukkateurhandwerks aus Deutschland und der Schweiz gemeinsam mit renommierten Juristen beim 5. Caparol-Werkstofftag. Hundert Landesinnungsmeister, Vertreter des Werkstoffausschusses des Hauptverbandes sowie der entsprechenden Einrichtungen der Landesinnungsverbände konnte Caparol-Geschäftsführer Erich Dietz am 7. November 2002 in Ober-Ramstadt begrüßen.

Schon beim Werkstofftag 2001 hatte das Thema Algen- und Pilzwachstum aufgrund der besonderen Brisanz im Blickpunkt gestanden - damals vor allem unter biologischen, bauphysikalischen und anstrichtechnischen Gesichtspunkten. Dieses Mal standen die rechtlichen Aspekte im Fokus. So wurde nach den Schuldigen veralgter Flächen gefahndet, bis Professor Dr. Gerd Motzke, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht in München, klarstellte: "Die Schuldfrage allein ist hier nicht von Bedeutung. Entscheidend ist: Wer vertragsrechtlich etwas verspricht, hat dafür einzustehen. Der Verarbeiter haftet für den Erfolg - und hiervon kann bei einer veralgten Fassade nun wirklich keiner sprechen."

"Die Alge ist ein Mangel"

"Der Bauherr hat das Recht, ein dauerhaft mangelfreies Bauwerk zu verlangen, soweit zukünftige Lastfälle gegenwärtig vorauszusehen sind. Die Alge ist ein solches Risiko. Wenn der Verarbeiter einen Putz aufbringt und beschichtet, dann übernimmt er Sachmangel-Haftung", so Motzke: "Die Alge stellt einen Mangel dar, denn eine veralgte Fassade weist nicht die Beschaffenheit auf, die ich als Besteller erwarte." Planer, aber auch Verarbeiter, müßten ihre Erkenntnismöglichkeiten ausschöpfen und warnen, wenn ein Risiko besteht. Von einem Verarbeiter könne man erwarten, daß er sich mit der Bauphysik und dem Beschichtungsaufbau befaßt: "Er hat die Pflicht, den Laien über etwaige Risiken aufzuklären, gerade wo Putz und Anstrich nicht nur eine Schutz-, sondern auch eine Gestaltungsfunktion haben." Es könne nicht angehen, den Verbraucher im Regen stehen zu lassen. "Wenn dieser sich aber gegen einen zusätzlich empfohlenen algizid oder fungizid ausgerüsteten Anstrich zur besseren Schutzwirkung entscheidet und anschließend grüne Flächen beklagt, ist er selbst schuld", sagte Motzke: "Dann ist der Verarbeiter aus der Haftung draußen."

Doch die juristischen Fallstricke sind vielfältig, und deshalb bedarf es auf seiten des Verarbeiters besonderer Wachsamkeit. Gibt es bei einem Bauprojekt keinen Architekten, übernimmt der Verarbeiter Planungsfunktion. "Dann obliegt ihm erst recht die Pflicht, auf eventuelle Risiken eines Bewuchses hinzuweisen", betonte der Richter. Ist ein Architekt mit der Planung beauftragt, muß der Handwerker bei kritischen Fällen zumindest Bedenken anmelden, will er mißliebigen Folgen vorbeugen.

Freispruch für das Handwerk?

Vorsicht ist geboten, wenn Fassaden einer erhöhten Regenbelastung, Wind und durch Verschattung einer geringeren Sonneneinstrahlung und damit einer verzögerten Abtrocknung ausgesetzt sind - insbesondere wenn sich die Bauwerke in der Nähe von Bäumen, Pflanzenbewuchs oder Gewässern befinden, berichtete der Leiter des iba-Instituts (Koblenz), Hans-Joachim Rolof. Er forderte in der Frage "Veralgung von Fassaden - Gewährleistungsrisiko für Planer und Auftragnehmer oder hinzunehmender Umweltschaden für den Bauherren" einen "Freispruch für das Handwerk". Pilze und Algen seien auch an Flächen zu finden, die überhaupt nicht vom Maler behandelt würden. Daraus folge, daß die Problematik nicht auf das ausführende Handwerk abgewälzt werden dürfe. Für veränderte Umweltbedingungen als Ursache zunehmenden Pilz- und Algenbewuchses könne nicht der Maler verantwortlich gemacht werden. Das Thema sei schon seit rund 30 Jahren bekannt. Deshalb müßten Architekten ihre Planungen so gestalten, daß Bedingungen an der Bauwerksoberfläche herrschen, die einem Befall mit Mikroorganismen nicht förderlich sind.

Putzfassaden pflegen und warten?

Während der Handwerker auf die Bedingungen, die zum Bewuchs führen, keinen Einfluß habe, könne der Bauherr durch entsprechende Pflege und Wartung von Umfeld und Putzfassade sehr wohl tätig werden. Glas- oder Metallfassaden würden auch gereinigt, sagte Rolof. "Bei einem Putz oder Anstrich erwarte ich, daß er eine gewisse Zeit wartungs- und pflegefrei gut steht", meint demgegenüber der Jurist: "Davon gehen die Verbraucher bisher aus." Das bedeutet im Umkehrschluß, "daß man durch entsprechende Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit die Erwartungshaltung des Verbrauchers ändern muß", forderte Holger Haring, Vorsitzender des Ausschusses Technik, Werkstoff, Umwelt im Hauptverband Farbe Gestaltung Bautenschutz. Gleichwohl, stellte Motzke klar, könne der Besteller erwarten, "daß die Fassade eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist: Der Kunde erwartet ein mangel- und damit algenfreies Haus." Während der Verarbeiter für den Erfolg einzustehen habe, hafte der Hersteller nur dann, wenn "durch den Mangel des Produkts ein Mangel am Bauwerk entsteht". Als Werkstoffe, "die höchstmögliche Sicherheit gegen Algen- und Pilzwachstum" bieten, nannte Rolof die Caparol-Fassadenfarben Thermosan und Amphibolin W.

Die Handwerksverbände wollen jetzt Empfehlungen erarbeiten, wie mit der "Problematik Pilze und Algen" in Zukunft umgegangen wird. Hierzu zählen Merkblätter mit allen wichtigen Informationen für Verbraucher sowie Hinweise, die beim Verfassen von Angeboten von Nutzen sind.

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