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Studie: Herausforderungen durch Basel II und Lösungen für die Immobilienbranche

(26.11.2002) Das wesentliche Kriterium bei der Vergabe von Krediten an Unternehmen soll nach Basel II zukünftig die Bonitätseinstufung eines Kreditnehmers in Form eines Ratings sein. Ratings verdichten die komplexen Zusammenhänge der Bonitätsbeurteilung zu einer Einstufungsgröße (z.B. A+, B--) und reflektieren die Meinung des beurteilenden Analysten. Dem kritischen Blick dieser Analysten müssen sich auch Immobilienunternehmen stellen. Ein belastbares Rating setzt unter anderem eine profunde Branchenkenntnis voraus. Da allerdings adäquate belastbare Indikatoren sowie der richtige Blickwinkel noch gefunden werden müssen, stellt das Rating eine Herausforderung für beide Seiten dar.

Dass die aktuelle Situation Fragen heraufbeschwört, ist offensichtlich:

  • Wie soll das Rating bei Immobilienunternehmen sinnvollerweise durchgeführt werden?
  • Wie muss sich die Branche auf den permanenten Ratingprozess vorbereiten?
  • Wie sollen die Unternehmen gegenüber Geldgebern erfolgreich auftreten?

Eine Praxisstudie von Deloitte & Touche versucht Antworten zu finden. Das Ergebnis: das Rating bei Immobilienunternehmen soll von drei Säulen getragen werden: das Kennzahlen-Rating, das Immobilien-Rating und das Management-Rating ("KIM"). Bei Durchführung der Studie waren die von der Deutschen Baurevision wiederholt erhobenen und veröffentlichten immobilienwirtschaftlichen Daten hilfreich.

Traditionelles Kennzahlen-Rating versus spezifizierter Verfahren

Zwar hat das Kennzahlen-Rating anhand von Jahresabschlüssen eine lange Tradition, aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung haben die die darauf aufbauenden Analysen und daraus abgeleitete Aussagen allerdings von Haus aus unterschiedliche Qualität. Gerade Unternehmen der Immobilienwirtschaft weisen aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit erhebliche Besonderheiten in ihren Jahresabschlüssen auf. Laut Studie führen die bisher verwendeten gleichartigen Kennzahlenraster der Kreditinstitute nicht zu neutralen Bewertungsergebnissen. An ihre Stelle sollen Kennzahlen treten, die sich in vier Kategorien unterteilen lassen:

  • Finanzwirtschaftliche Kennzahlen,
  • Investitionskennzahlen,
  • Vermietungserfolg und
  • Produktivitätskennzahlen.

Analysten müssen zur Ermittlung dieser Kennzahlen zusätzlich zum Jahresabschluss weitere Informationen erhalten. Die Einbeziehung der Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung könnte hilfreich sein. Die richtige Beurteilung anhand der Kennzahlen erfordert zudem die Möglichkeit der Positionierung innerhalb der Branche im Rahmen des Benchmarking.

Daneben beweist die Studie, dass die branchenspezifischen Kenngrößen durch die bevorstehende Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsregeln kaum beeinflusst werden. Bei der traditionellen Analyse von Unternehmen wäre dies schon der Fall.

Perspektivenwechsel beim Immobilien-Rating

In der Praxis trifft man häufig auf die Auffassung, dass die Einzelbetrachtung der Immobilien der maßgebliche Ansatz für das Immobilien-Rating sein wird. Deloitte & Touche hat dies aus der Sicht der Analysten kritisch hinterfragt. Höchstwahrscheinlich wird nur bei Bauträgern und Developern, nicht aber bei Vermietungsunternehmen nach dem Specialized-Lending-Ansatz geratet. Diese Methodik konzentriert sich auf die Projektfinanzierung gewerblicher Immobilienprojekte, die zum Verkauf bestimmt sind. Vermietungsunternehmen müssen sich aber auf die Stabilität des laufenden Cash-Flows konzentrieren. Die Studie zeigt, dass mit der in der Praxis erprobten Portfolioanalyse, das geeignete Rating-Instrumentarium zur Verfügung steht. Sie ermöglicht nachvollziehbar Aussagen zur Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens in Bezug auf das gesamte Immobilien-Portfolio. Anhand von Szenarioanalysen, die zu Stress-Tests weiterentwickelt werden können, lassen sich darüber hinaus Chancen- und Risikopotentiale abbilden.

Herbert Reiß, Geschäftsführender Partner Deloitte & Touche, ist vom sinnvollen Einsatz der Portfolioanalyse überzeugt: "Unterschiedliche Immobilien werden auf einen Nenner gebracht! Gleichzeitig kann die strategische Bedeutung der einzelnen Immobilie für das gesamte Unternehmen auf nachvollziehbare Weise transparent gemacht werden. Ebenso ihr relatives Potenzial, ihre Bedeutung für die Liquidität und den Erfolg des Unternehmens. Das bedeutet, der Portfoliobezug bietet die Möglichkeit zur Beurteilung der aktuellen Lage und der Entwicklungspotenziale von Immobilienunternehmen. Für das Rating ein unschätzbarer Vorteil!"

Voraussetzung für den dringend erforderlichen Perspektivenwechsel ist die Schaffung von Transparenz im Kerngeschäft, über die Performance und den Zielerreichungsgrad in Bezug auf die Strategie. "Das Portfoliokonzept versetzt Immoblienunternehmen in die Lage, vertrauensbildende Transparenz durch fachmännische Analyse und verständliche Informationen zu realisieren" so Reiß weiter.

Management-Rating ist Rating der Management-Kunst

Das Management-Rating umfasst für alle Analysten die gleichen Stichworte: Strategie des Unternehmens, strategische Planung, Zielerreichungsgrad, Unternehmensstruktur, Prozessabläufe, Governance. Und auch die Frage, mit welchen Personen sind die Leitungspositionen besetzt? Ein Unternehmen, das damit verbundene Fragen in einer Form beantworten kann, die den heutigen Stand der "Managementkunst" widerspiegelt, kann entscheidende Pluspunkte beim Rating erzielen. Diese Soft Facts schaffen die Grundlage für gute Ergebnisse. Es ist für jedes Unternehmen von entscheidendem Vorteil, seine Soft Facts auf dem neuesten Stand der Management-Kunst zu haben.

Die Studie verweist darauf, dass Fragestellungen, die das Gesamtunternehmen betreffen, weitgehend branchenunabhängig zu behandeln sind. Wenn Topmanager der Branche mit Schlagwörtern zum Management-Rating konfrontiert werden, lautet die Antwort oft: "Das haben wir doch alles!"

Doch diese Behauptung gerät ins Wanken, wenn zu den einzelnen Punkten etwas formuliert werden soll. Sie wird revidiert, wenn die Punkte in ihrem Kontext untereinander stimmig sein sollen. Genau darauf werden die Analysten beim Unternehmensrating aber achten.

Auf die Theorie folgt die Praxis

Es bleibt kein Zweifel, dass das Rating ein permanenter Prozess werden wird. Damit Kommunikation und Dialog mit den Analysten in allen Phasen optimal ablaufen und sich an veränderte Situationen anpassen können, empfiehlt die Studie ein konkretes baukastenförmiges Konzept eines Dokumentationsinstrumentariums. In der Praxis sind in der Immobilienbranche bereits Teile dieses Konzepts vorhanden. Jedoch lebt es oft nur in den Köpfen der Führung oder noch sehr unvollständig, voller Widersprüche und manchmal nicht ohne Fehler.

Basel II wird in diesem Zusammenhang eine sehr positive Wirkung auf das Management der Unternehmen haben.

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