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Weltwasserbericht 2017: Abwasser - die ungenutzte Ressource

(22.3.2017; Weltwassertag) Der diesjährige Weltwasserbericht spricht sich ganz deutlich für einen Paradigmenwechsel aus: Statt Abwasser aus Privathaushalten, Landwirtschaft und Industrie als Problem zu betrachten, sollte es als Quelle von Rohstoffen genutzt werden.

Der Bericht „Abwasser - die ungenutzte Ressource“ zeigt, wie Abwasser angesichts der zunehmenden Wassernachfrage als alternative Quelle der Wasser-, Energie- und Rohstoffversorgung an Bedeutung gewinnt. Die Ergebnisse des Weltwasserberichts diskutiert der Herausgeber Dr. Engin Koncagül heute am Weltwassertag (22. März) in Bonn mit deutschen Experten im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen UNESCO-Kommission.

„Wir müssen Abwasser als Teil von Gesamtlösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und zur Erreichung der global vereinbarten Ziele nachhaltiger Entwicklung der Agenda 2030 betrachten. Abwasser kann wiederverwendet werden und enthält Energie und Rohstoffe. Die Agenda 2030 fordert eine solch integrierte Perspektive. Statt um Behandlung und Entsorgung von Abwasser geht es heute um seine Wiederverwendung, Wiederaufbereitung und Rückgewinnung“, erklärt Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied und Vorsitzende des Fachausschusses Wissenschaft der Deutschen UNESCO-Kommission, auch mit Blick auf das diesjährige Motto des Weltwassertags: „Wastewater - Abwasser“.

Unbehandelte Abwasserentsorgung gefährdet Mensch und Umwelt

Zwei Drittel der Weltbevölkerung leben in Gebieten, die mindestens einen Monat pro Jahr von Wasserknappheit betroffen sind. Zugleich wächst die Nachfrage nach Wasser und damit auch die Menge und Schadstoffbelastung von Abwasser. Wird Abwasser ohne angemessene Behandlung in die Umwelt abgeleitet, leiden darunter ...

  • die Qualität der natürlichen Süßwasservorkommen und die Ökosysteme,
  • die Gesundheit der Menschen und letztlich
  • die Wirtschaftskraft.

Im weltweiten Schnitt werden Schätzungen zufolge weniger als 20% des kommunalen und industriellen  Abwassers in irgendeiner Form behandelt. So sind es in Ländern ...

  • mit geringem Einkommen lediglich acht Prozent,
  • mit Einkommen im unteren Durchschnittsbereich 28%,
  • mit Einkommen im oberen Durchschnittsbereich 38% und
  • mit hohem Pro-Kopf-Einkommen im Schnitt etwa 70%. (In Deutschland sind laut Statistischem Bundesamt 97% aller Menschen an eine Kanalisation angeschlossen.)

Noch sollen 2,4 Mrd. Menschen keinen Zugang zu angemessenen Sanitäranlagen haben. Dieser Missstand und diese Menschenrechtsverletzung muss beendet werden. Zugleich wird dies zu noch mehr Abwasser führen. Die zu behandelnden Abwassermengen werden also in Zukunft deutlich zunehmen, insbesondere in schnell wachsenden urbanen Räumen in Entwicklungsländern.

Verschmutztes Wasser und mangelhafte Sanitäranlagen töten Menschen!

Menschen und Ökosysteme weltweit sind von Krankheitserregern aus menschlichen und tierischen Exkrementen beeinträchtigt. 2012 waren 842.000 Sterbefälle in Ländern mit niedrigen oder mittleren Einkommen mit verschmutztem Wasser oder mangelhaften Sanitäranlagen verbunden. Industrie und Bergbau leiten zum Beispiel oft Lösungsmittel und Kohlenwasserstoff ein, die Landwirtschaft Stickstoff, Phosphor und Kalium. Dies beschleunigt auch die Eutrophierung von Süßwasser und küstennahen Ökosystemen. Relativ neu und noch zu wenig erforscht sind Hormone, Antibiotika und Steroide in Abwässern und deren Einfluss auf Umwelt und Gesundheit.

Abwasser als Ressource nutzen

In vielen Ländern war bislang allein Wasserversorgung politische Priorität, Abwasserbehandlung und -nutzung wurden dagegen vernachlässigt. Doch Wassergewinnung, Behandlung und sichere Nutzung von Abwasser sind ein Dreiklang, sowohl für eine ökonomische als auch für ökologisch nachhaltige Wassernutzung.

Wasser kann mehrfach genutzt werden, in der Industrie beispielsweise zum Kühlen oder Wärmen. Bis 2020 wird der Markt für industrielle Abwassernutzung Schätzungen zufolge um 50% wachsen. Behandeltes Wasser kann auch zur Versorgung mit Trinkwasser dienen.

  • Die Stadt Windhoek in Namibia behandelt beispielsweise bis zu 35% des Abwassers für eine Wiederverwendung als Trinkwasser.
  • Astronauten der Internationalen Raumstation ISS nutzen beispielsweise seit 16 Jahren dasselbe, immer wieder aufbereitete Wasser.

Abwasser kann zudem als Quelle von Rohstoffen genutzt werden. Beispielsweise lassen sich die in Schmutzwasser und Klärschlamm enthaltenen Phosphate und Nitrate in Düngemittel verwandeln. Etwa 22% des derzeit weltweit benötigten Phosphors - eine endliche und bereits stark dezimierte Ressource - könnten aus menschlichem Urin und Exkrementen gewonnen werden.

Hintergrund: Der Weltwasserbericht der Vereinten Nationen wird jährlich für UN-Water durch die UNESCO und deren World Water Assessment Programme (WWAP) erstellt. Dazu arbeiten 31 UN-Organisationen mit der UNESCO zusammen. Von 2003 bis 2012 erschien der Bericht alle drei Jahre. Seit 2014 wird er jährlich mit einem Themenschwerpunkt herausgegeben.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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