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Wohnungs­eigen­tümer­ge­mein­schaften gelten als Schlusslicht bei der energetischen Sanierung

(20.6.2016) Wohnungsei­gen­tümerge­mein­schaf­ten (WEG) sind nach Privatpersonen die zweitgrößte Wohneigentümergruppe in Deutschland. Rund 23% aller Wohnungen befinden sich in ihrem Besitz. Der energetische Zustand ihrer Immobilien ist allerdings deutlich schlechter als bei anderen Eigentumsformen. „70 Prozent aller Wohnungen sind unsaniert, 15 Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt. So wenig saniert keine andere Eigentümergruppe“, resümiert Petra Hegen von Zukunft Altbau, dem vom Um­weltministerium Baden-Württemberg geförderten Informationsprogramm.

Nur 60% der durchschnittlichen Sanierungsrate

Die Gründe für den Sanierungsstau liegen wohl in den unterschiedlichen Interessen und der heterogenen Altersstruktur der Eigentümer. Die Finanzierung gilt als eine wei­tere Barriere. „Neue Fördermaßnahmen und ein Urteil des Bundesgerichtshofs haben diese Hürde inzwischen gesenkt“, stellt Frau Hegen fest. „Auch Gebäudeenergiebera­ter helfen. Sie stehen den Eigentümern fachlich zur Seite und können manchen Inte­ressenskonflikt auflösen.“

Zur Erinnerung: Rund 1,8 Mio. Wohngebäude mit 9 Mio. Wohnungen gehören in Deutschland  Wohneigentumsgemeinschaften; insgesamt gibt es 18,4 Mio. Wohnge­bäude mit 40,5 Mio. Wohnungen. Im Süden Deutschlands ist der WEG-Anteil beson­ders hoch:

  • In Baden-Württemberg liegt er bei 33%,
  • gefolgt von Bayern mit 25%.

Besonders gering ist er in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit nur zwölf bzw. neun Prozent.

Im Vergleich zu den andern Eigentümergruppen wie Privatpersonen, Wohnungsunter­nehmern und Wohnungsgenossenschaften sanieren Wohnungseigentümergemein­schaften deutlich weniger: Sie erreichen nur 60% der durchschnittlichen Sanierungs­rate, die mit 1,0% pro Jahr ohnehin zu niedrig ist und laut Experten auf zwei bis drei Prozent steigen sollte.

Komplexität der WEG ist ein Hemmnis

Um die Wärmewende im Gebäudebereich zu schaffen, braucht es also mehr Engage­ment dieser Wohneigentumsgruppe. Doch verhindern diverse Faktoren bislang die energetische Sanierung. „Ein Hemmnis ist die Komplexität der WEG“, erinnert z.B. Rü­diger Fleck von der Energieagentur Region Freiburg. Die unterschiedlichen Interessen der Eigentümer verhindern oft, zu einem Ziel zu gelangen:

  • Eigentümer, die vermieten, können nur einen Teil der Sanierungsinvestition auf ihre Mieter umlegen, auch wenn sie langfristig von einer Sanierung profitieren. Kapitalanleger möchten aber meist eine hohe Rendite zu geringen Kosten erzie­len.
  • Die Selbstnutzer dagegen profitieren direkt von den Energieeinsparungen.
  • Senioren bevorzugen häufig kurzfristige Vorhaben.
  • Familien mit Kindern dagegen planen meist langfristig.
  • Wer im Erdgeschoss wohnt, bevorzugt eher die Dämmung der Kellerdecke und nicht die des Daches – obwohl auch er nach einer Dachdämmung von gesunke­nen Heizkosten und dem Werterhalt des Hauses profitieren würde.

Bürgschaften für WEG und BGH-Urteil erhöhen Nutzen eines Kredites

Besonders schwierig war bislang, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Entspre­chende Instandhaltungsrücklagen fehlen oft - oder sind zu gering. Zinsgünstige KfW-Kredite für WEG eröffnen hier seit 2007 einen Ausweg. Sie werden jedoch nur selten genutzt, da bei Zahlungsausfall einzelner Eigentümer zuerst die verbleibenden Mitglie­der gemeinschaftlich haften. Inzwischen übernehmen einige Bundesländer dieses Risi­ko. Baden-Württemberg und Hessen etwa sichern KfW-Kredite seit wenigen Jahren mit einer Bürgschaft ab. Vielfach ist das noch unbekannt. „Im Südwesten übernimmt die landeseigene L-Bank sogar die Zinsen. Für den Kredit fallen keine Kosten an“, so Petra Hegen von Zukunft Altbau. Das soll die Sanierungsquote bei WEG erhöhen.


Bild aus dem Beitrag „Schulden für Sanierung einer Wohnanlage bei einer WEG legitim“ vom 7.2.2016

Positiv zu werten ist auch, dass der BGH die Aufnahme von Sanierungsdarlehen kürz­lich höchstrichterlich abgesegnet hat. Ob die Aufnahme eines längerfristigen Darlehens durch eine Wohnungs­eigen­tümer­ge­mein­schaft noch den Grundsätzen ordnungsgemä­ßer Verwaltung entspricht oder nicht, war lange umstritten. Der BGH entschied im Herbst 2015 zugunsten der Kreditaufnahme: Eigentümergemeinschaft dürfen für die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen längerfristige Darlehen, auch die der KfW, in Anspruch nehmen.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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