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BMWi stellt Novelle zum Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vor, und die Branche nimmt Stellung

(6.9.2015; ergänzt am 15.9.2015) Das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat Ende Au­gust den Entwurf zur Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs­gesetzes (KWKG) vorgelegt - siehe Entwurf Stand 28.08.2015. Die Deutsche Ener­gie-Agentur (dena), der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) haben schnell darauf reagiert. Zwischenzeitlich hinzugekommen ist auch noch Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA).

dena befürwortet Neudefinition des Ausbauziels und Erhöhung des Förderdeckels

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agen­tur (dena), freut sich: „Es ist gut, dass die Bundesregierung den Referentenentwurf jetzt vorgelegt hat. Damit liegen wir im Zeitplan, damit das Gesetz Anfang 2016 in Kraft treten kann. .. Der Markt braucht eine klare Perspektive. Mit der zügigen Ver­abschiedung des KWKG kann der Gesetzgeber diese Klarheit nun schaffen.“

Positiv sieht Kuhlmann die im Entwurf vorgeschlagene Neudefinition des KWK-Ziels. Bis 2020 soll die KWK-Stromerzeugung demnach einen Anteil von 25 Prozent an der regelbaren Stromerzeugung erreichen. Bisher bezog sich die Zieldefinition auf den Anteil von KWK an der Stromerzeugung insgesamt. „Diese Neudefinition ist ein wich­tiger Schritt, um den KWK-Ausbau mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien besser in Einklang zu bringen. Die dena hat sich in der bisherigen Diskussion bereits für diese Art der Definition ausgesprochen,“ so der dena-Vorsitzender.

Einen weiteren guten Ansatz sieht Kuhlmann in der Erhöhung des Förderdeckels von jährlich 750 Millionen auf 1,5 Milliarden Euro. Das sei ein positives Signal für den Markt. Inwiefern der Entwurf für die Sicherung der Bestandsanlagen ausreiche, müsse sich aber noch zeigen. Die dena will bis zum 7. September eine Stellungnahme zum vorlie­genden Referentenentwurf des KWKG erarbeiten.

Zur Erinnerung: Gesellschafter der dena sind Bundesrepublik Deutschland (50%), die KfW Bankengruppe (26%), die Allianz SE (8%), die Deutsche Bank AG (8%) sowie die DZ BANK AG (8%).

BDEW: „KWK-Ausbau faktisch zum Stillstand gebracht wird“

Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, ist mit Blick auf den KWKG-Novellierungsentwurf skeptisch: „Schon jetzt werden durch KWK-Anlagen et­wa 56 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr im Vergleich zu einer getrennten Erzeugung von Strom und Wärme eingespart. Angesichts dieser großen Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung für die Energiewende und den Klimaschutz ist es unverständlich, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den hier definierten Zielen der KWK-Ausbau fak­tisch zum Stillstand gebracht wird. Die Bundesregierung sollte vielmehr daran festhal­ten, den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der gesamten Stromerzeugung auf 25 Prozent zu steigern. Dies ist selbst unter optimalen Rahmenbedingungen nicht mehr - wie noch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen - bis 2020 erreichbar.“ Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) schlägt deshalb daher eine Streckung des 25-Prozent-Ziels bis 2025 vor.

Die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums reichen laut BDEW nicht aus, um den KWK-Anlagenbestand ausreichend zu sichern und den Neubau von KWK-Anlagen angemessen anzureizen. So sei unverständlich, warum bestehende KWK-Anlagen auf Kohlebasis von einer Unterstützung ausgeschlossen werden sollten, obwohl auch sie gegenüber der getrennten Erzeugung eine relevante CO₂-Einsparung bewirken. Posi­tiv sei zwar, dass das BMWi von seinem ursprünglichen Vorschlag Abstand genommen hat, den Bestandsanlagen grundsätzlich erst ab einer Größe von zehn Megawatt er­höhte Zuschläge zu gewähren. Die jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium vorgese­hene neue Grenze von zwei Megawatt sei aber auch fachlich nicht begründbar und konterkariere dezentrale Energiekonzepte. Dezentrale KWK-Lösungen unter zwei Me­gawatt spielten beispielsweise in zahlreichen regionalen Klimaschutzprogrammen und der quartiersbezogenen Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden eine große Rolle.

VKU fordert Nachbesserungen im Detail

Der VKU unterstützt als Spitzenverband der kommunalen Wirtschaft den Referenten­entwurf: „Die verbesserte KWK-Förderung ist ein gutes Signal. Vor allem die Aufnah­me der Bestandsförderung, auch für Anlagen unter zehn Megawatt Leistung, ist ge­genüber dem Entwurfsstand ein deutlicher Fortschritt", kommentierte Ivo Gönner, Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).

Verbesserungsbedarf gebe es aber trotzdem, so Gönner weiter: Aus seiner Sicht muss das KWK-Ausbauziel von 25 Prozent auf die gesamte Stromerzeugung bezogen bleiben und er schlägt ebenfalls eine Streckung bis 2025 vor. „Die jetzt geplante deutliche Absenkung des Zielniveaus ist für uns nicht akzeptabel,“ so Gönner: Nachbesserungen fordert der VKU-Präsident auch bei der Förderhöhe: „Bei der Bestandsförderung müs­sen zudem die Anlagen unterstützt werden, die aktuell noch in der Förderung sind. Auch diese leiden unter dem niedrigen Strompreis und sind akut abschaltungsgefähr­det.“

Gönner erinnert ferner daran, dass die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung eine Domäne der Stadtwerke sei und zentral für eine klimafreundliche Wärmeversorgung gerade in Ballungszentren sorge: Sie spielte für das Energiesystem der Zukunft eine wichtige Rolle und leiste einen zentralen Beitrag zum Klimaschutz. Und auch in Zukunft könne sie in einem System mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien Lastspitzen bei Strom und Wärme abdecken. „Gerade die kommunalen Fernwärmenetze sind zudem wesentliche Voraussetzung dafür, in der Zukunft noch mehr erneuerbare Energien in die Wärmeversorgung zu integrieren. Es gilt: ohne KWK keine Fernwärme und ohne Fernwärme keine Wärmewende," betont der VKU-Präsident.

BSW-Solar fürchtet Blockade der solaren Fernwärme

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) warnt vor einem unnötigen Gegen­einander von Effizienztechnologien und Erneuerbaren Energien - dieses drohe bei Ver­abschiedung des Gesetzesentwurfs zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG). Die Nutzung von Gaskraftwerken sei zwar noch für einige Zeit notwendig und sinnvoll, wenn diese in KWK-Anlagen effizient betrieben würden. Die Förderung fossil erzeugter Fernwärme müsse bei Neuinvestitionen aber auf die Heizperiode beschränkt werden. Andernfalls würde die notwendige Umstellung der Fernwärmeversorgung auf Solarener­gie blockiert, obwohl diese inzwischen wettbewerbsfähig und für den Erfolg der Ener­giewende dringend geboten ist. Der Appell wird unter anderem von Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts Bremen, des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt, der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie der Uni Kassel getra­gen.

„Eine ganzjährige Subventionierung der Kraft-Wärme-Kopplung aus fossiler Energie ist für den Klimaschutz kontraproduktiv. KWK-Anlagen sollten nur in der Heizperiode laufen und eine Sommerpause einlegen. In dieser Zeit könnten große Solarwärmeanla­gen den Wärmebedarf ohne Mehrkosten decken.“ Mittelfristig spare dies jährlich zu­dem bis zu fünf Millionen Tonnen des Klimakillers Kohlendioxid ein, erläutert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar). „Der weitgehend wettbewerbsfähigen solaren Fernwärme darf nicht durch eine erhöh­te Subventionierung fossiler Energie der Marktzugang verbaut werden. Das wäre ein großer Fehler und illegitimer Markteingriff“, so Körnig.

Große Solarwärmeanlagen könnten in Deutschland Wärme für lediglich drei bis fünf Cent je Kilowattstunde erzeugen. In Dänemark werde diese Technologie bereits in großem Umfang eingesetzt - siehe dazu auch Beitrag „,SolnetBW‘: Studie empfiehlt, Wärmenetze mit mehr Sonnenenergie zu speisen“ vom 5.8.2015.

BTGA: „Gesetzentwurf bringt Kraft-Wärme-Kopplung nicht voran“

Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur Novellierung des KWK-Gesetzes wird nach Ansicht des Bundesindustrieverbands Technische Gebäudeausrüstung dem Ziel nicht gerecht, den Anteil der Nettostromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung bis zum Jahr 2020 auf 25% zu steigern: „Sollte im Jahr 2020 festgestellt werden, dass sich der Anteil der KWK an der Stromerzeugung hauptsächlich durch die geänderte Bezugsgröße erhöht, muss man von einer Mogelpackung sprechen“, kritisiert BTGA-Hauptgeschäftsführer Günther Mertz. Darauf laufe es leider hinaus, wenn der vorlie­gende Entwurf, der auf tatsächliche Impulse für die Erhöhung des KWK-Anteils ver­zichte, umgesetzt werde. „Alleine durch den Versuch der Bestandssicherung im Bereich der öffentlichen Versorger sind auch die neuen, weniger ambitionierten Ziele für den Ausbau der KWK nicht erreichbar“, so Günther Mertz.

Der aktuelle Entwurf für die Novellierung des KWK-Gesetzes verfolge das Ziel, den Bestand heutiger mit Gas befeuerter KWK-Anlagen der Versorger zu sichern und kohle­gefeuerte durch gasgefeuerte Anlagen zu ersetzen. KWK in Industrie und Gebäuden, in denen fast 50% des KWK-Nettostroms in Höhe von rund 96 TWh erzeugt werden (Stand: 2013), würden dagegen nicht ausreichend berücksichtigt. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die steigende Belastung des Eigenstromverbrauchs durch die EEG-Umlage und sinkende Strombezugspreise die Wirtschaftlichkeit und damit den Neubau vieler KWK-Anlagen in der Industrie gefährden.

Günther Mertz sagt dazu: „Uns alarmieren die Informationen aus dem Anlagenbau, dass seit 2014 die Neuinvestitionen in KWK-Anlagen in Industrie und Nicht­wohngebäuden ins Stocken geraten.“ Der BTGA fordert daher die Bundesregierung dazu auf, wirtschaftliche Hemmnisse der EEG-Umlage für die Industrie durch eine Anpassung der KWK-Zuschläge zu kompensieren. Einen entsprechenden Schritt per Rechtsverordnung ermögliche der aktuelle Entwurf des KWK-Gesetzes. Als fragwürdig sieht er die darin enthaltene Regelung an, für den Zeitraum negativer Strompreise die Zahlung von Zu­schlägen auszusetzen. „Dadurch werden Investitionen in KWK-Anla­gen betriebswirt­schaftlich unkalkulierbar. Hier muss der Gesetzgeber nachbessern, ansonsten wird insbesondere die Neuerrichtung von KWK-Anlagen eher behindert als gefördert“, ergänzt Günther Mertz.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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