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Podiumsdiskussion zur Frage „Kann Deutschland noch groß?“

(6.10.2014) Die diesjährige Jahrestagung des Arbeitskreises Baufachpresse e.V. führte seine Mitglieder nach Stuttgart. Ein fachlicher Höhepunkt war dabei eine Podiumsdis­kussion zum naheliegenden Thema „Kann Deutschland noch groß?“, die vom Vorsitzen­den des Arbeitskreises Baufachpresse Burkhard Fröhlich moderiert wurde. Als Fachleu­te präsentierten (v.l.n.r. im folgenden Foto) ...

... ihre Thesen zur Umsetzung von Großprojekten in Deutschland:

Für Wolfgang Dietrich stehen bei Großprojekten drei Aspekte im Vordergrund. So sei unbedingt der eventuelle Einfluss der Politik einzukalkulieren, außerdem gingen die ur­sprünglichen Eingangsparameter gerne mal verloren und ferner müsse die Rolle der Behörden und ihr Potential genauer beleuchtet werden. Es könne beispielsweise nicht angehen, dass im Vorfeld von Großprojekten die betroffenen Genehmigungsbehörden nicht mit ausreichend Personal und Fachkompetenz ausgestattet würden. So seien Verzögerungen unausweichlich - was dann unweigerlich zu Zeitverzögerungen im Pla­nungs- und Bauablauf und Kostensteigerungen führe. Kompetenzen würden stattdes­sen ausgegliedert und Verantwortlichkeiten von staatlichen Organen auf die Projek­tanten übertragen. Vor diesem Hintergrund seien Genehmigungsfristen überhaupt nicht (mehr) kalkulierbar.

Sich demokratisch ändernde politische Rahmenbedingungen - wie durch eine Land­tags- oder Oberbürgermeisterwahl - erschwerten die Durchführung von Großprojekten zusätzlich.

Dieter Diener stellte zusätzlich fest, dass häufig auch hausgemachte Probleme zu Kostensteigerungen führten, indem vor allem das zentrale Planungsziel bei Großprojek­ten nicht ausreichend formuliert werde.

Jürgen Brandstetter versicherte allerdings, dass Großprojekte sehr wohl zeit- und kostengerecht erstellt und abgewickelt werden könnten. Von zentraler Bedeutung sei dabei das frühzeitige Management der vielen Nahtstellen zwischen allen Baubetei­ligten. Moderne Software basierend auf Building Information Modeling (BIM) könnte dabei zur Verbesserung der Planungs- und Management-Prozesse erheblich beitragen.

Für Architekt Kai Bierich ist der Ideen-Wettbewerb von Vorteil, da sich über den Entwurf auch ein Beleg für die Einhaltung von Planungszielen ergeben könne. Bei kom­plexen Projekten lohne sich auch ein Blick in andere Planungskulturen, die stärkere Entwicklung des Bottom-Up-Prinzips oder auch die Einbindung der Methode des Kai-Zen seien Möglichkeiten, komplexe Projekte abzuwickeln. Bei Großprojekten stehe die Planung von Prozessen und Veränderungen im Vordergrund und weniger die Planung eines Projektes.

Für Kai Bierich wird übrigens Stuttgart als Investitionsstandort immer unattraktiver; nicht nur fehlende Grundstücke sondern auch Genehmigungshindernisse führten auf Seiten der Investoren zum Abzug aus Stuttgart.

Deutschland kann sehr wohl Großprojekte

Alle Diskutanten waren sich einig darüber, dass Großprojekte weiterhin in Deutschland realisierbar seien. Ergänzend zu den in der Reformkommission des Bundesbauministeri­ums beschriebenen Verbesserungen der technischen Abwicklungen von Projekten sei­en es aber vor allem die Schnittstellen zur Politik und zu den Behörden, die optimiert werden müssten. So sei das Management von Behördenkapazität und -kompetenz ei­ne wesentliche Aufgabe vor allem für die Politik. Lange Planungszeiten führten natur­gemäß zu zahlreichen Planänderungen und somit auch zu Kostensteigerungen. Auch Transparenz im Planungs- und Bauprozess sei eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Abwicklung von Großprojekten, um die betroffene Bevölkerung stärker mit einzubinden.

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