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KITs LOBSTER verspricht keine Gaumenfreuden aber raumklimatisches Wohlbefinden

(28.7.2014) Bei hochsommerlichen Temperaturen in einem angenehm klimatisierten Raum zu arbeiten - das untersuchen Architekten des Karlsruher Instituts für Techno­logie (KIT) in ihrem neuen Klima-Teststand LOBSTER. Dabei geht es um Behaglichkeit und Nutzerverhalten an Büroarbeitsplätzen in energieoptimierten Gebäuden. Eine ers­te Studie befasste sich mit der Wirkung von Deckenventilatoren unter sommerlichen Bedingungen. Eines der Ergebnisse lautet: Der Ventilator erhöht die Behaglichkeit tat­sächlich nur dann, wenn er tatsächlich kühlend wirkt und Nutzer diese Kontrollmög­lichkeit als effektiv wahrnehmen. Es gibt also keinen „Placebo-Effekt“.

LOBSTER steht für „Laboratory for Occupant Behaviour, Satisfaction, Thermal Comfort and Environmental Research“. Errichtet wurde der Teststand unter der Leitung von Dr. Marcel Schweiker am Fachgebiet Bauphysik & Technischer Ausbau (fbta) der Archi­tekturfakultät am KIT. Gefördert wurde er vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) im Rahmen des Forschungsprogramms Energieoptimiertes Bauen (EnOB).

Forschungsarbeiten im LOBSTER befassen sich vor allem mit thermischer und visueller, das heißt die natürliche und künstliche Beleuchtung betreffende, Behaglichkeit an Bü­roarbeitsplätzen, Nutzerverhalten, Nutzerzufriedenheit und energieeffizienten Gebäu­dekonzepten. Der Teststand war von vornherein in die Architekturlehre mit eingebun­den – bereits in der Planungs- und Realisierungsphase wirkten Studierende mit. Im Rahmen studentischer Projekte entstanden die Holzrahmenkonstruktion, die Fassade, die Schiebewand im Vorraum sowie die Treppe des Gebäudes auf dem Gelände der Westhochschule:

Foto: Robin Nagel/Moritz Karl (Bild vergrößern)

Blickfang des Gebäudes ist die aus Aluminium-Verbundplatten bestehende Fassade. Sie ist computergestützt gefräst und bildet QR-Codes nach.

LOBSTER ist drehbar, um verschiedene Gebäudeorientierungen zu simulieren oder aber durch die Nachführung nach dem Sonnenstand einen maximalen Wärmeeintrag zu er­reichen. Das Gebäude ruht dazu auf einem Drehkranz, der aus Stahlträgern aufgebaut ist und auf insgesamt acht Radblöcken sitzt. Gesteuert wird die Drehung des Gebäu­des über einen berührungsempfindlichen Bildschirm. Die von Studierenden entworfene Treppe ist durch die Drehung bedingt eine frei schwebende Edelstahlkonstruktion, die sich dank höhenverstellbarer Füße an unterschiedliche Geländebedingungen und -hö­hen anpassen lässt.

LOBSTER ermöglicht, thermische Behaglichkeit unter kontrollierten Bedingungen mit Bezug zum Außenklima zu untersuchen. Im Projekt „passiv-kühl“ erforschten Wissen­schaftler des fbta beispielsweise, inwieweit ein Deckenventilator die Behaglichkeit un­ter sommerlichen Bedingungen verändert. Insgesamt 21 Probanden arbeiteten je drei Tage im LOBSTER. An den drei Tagen waren alle Bedingungen identisch - nur die Nut­zung des Deckenventilators variierte:

  • Am ersten Tag konnten die Probanden ihn nicht einschalten.
  • Am zweiten Tag durften sie ihn einschalten.
  • Am dritten Tag konnten sie den Ventilator nach Belieben nutzen; dabei war dieser jedoch so eingestellt, dass er kaum einen kühlenden Effekt hatte: Der Ventilator lief zwar, allerdings so, dass der Luftstrom nach oben gerichtet war.

Dabei wurde die Temperatur im Raum im Tagesverlauf stetig erhöht: Am Morgen lag sie ein Grad unter der adaptiven, das heißt sich anpassenden, Komforttemperatur, am Abend dann drei Grad darüber. „Diese Komforttemperatur errechnet sich aus den Au­ßentemperaturen der vergangenen Tage, auf die sich der Körper eingestellt hat. In einem typischen Karlsruher Sommer schwankt sie zwischen 23 Grad Celsius im Früh­sommer und 27 Grad oder mehr zum Ende des Hochsommers“, erklärtt Marcel Schwei­ker. Der Bereich zwischen drei Grad unter und drei Grad über dieser Temperatur wird als Komfortzone bezeichnet. Im Durchschnitt der Untersuchung im Herbst 2013 lag die Raumtemperatur bei 26,4 Grad Celsius.

kein „Placebo-Effekt“

Die Studie ergab nun, dass die Teilnehmer an den Tagen, an denen sie den Ventilator effektiv nutzen konnten, die Bedingungen an ihrem Büroarbeitsplatz signifikant besser bewerteten als an den anderen Tagen.

„Hier gibt es also eindeutig keinen ‚Placebo-Effekt‘: Die Möglichkeit, den Ventilator nach Belieben ein- und ausschalten zu können, allein reicht noch nicht aus, um die Behaglichkeit zu erhöhen“, so Schweiker. „Erreichen kann das nur die tatsächlich küh­lende Wirkung des Ventilators zusammen mit dem positiven Kontrollempfinden.“ Wie die Studie zeigt, kann ein einfacher Deckenventilator die Anzahl der Stunden außer­halb der Komfortzone im Gebäude deutlich verringern – bei gegenüber Klimaanlagen deutlich niedrigeren Kosten für Installation und Betrieb.

Über ihre Studie zu Deckenventilatoren berichten die Forscher in: Marcel Schweiker, Sabine Brasche, Maren Hawighorst, Wolfgang Bischof and Andreas Wagner: Presen­ting LOBSTER, an innovative climate chamber, and the analysis of the effect of a cei­ling fan on the thermal sensation and performance under summer conditions in an of­fice-like setting. Proceedings of 8th Windsor Conference: Counting the Cost of Com­fort in a Changing World. Cumberland Lodge, Windsor, UK, 10-13. April 2014. London: Network for Comfort and Energy Use in Buildings, pp. 924-937. ISBN 978-0-9928957-0-9

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