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Bericht von der Fachtagung 2011 der Qualitätsgemeinschaft Deutsche Bauchemie

  • Viel Neues zur Bauproduktenverordnung, Bauwerksabdichtung und Betoninstandsetzung

(14.11.2011) Rund 100 Experten aus Planungsbüros, Behör­den, notifizierten Stellen, der Bauindustrie und dem Bauge­werbe sowie von Herstellern bauchemischer Produkte waren Anfang November nach Frankfurt gekommen, um sich bei der 4. Auflage der Fachtagung der Qualitätsgemeinschaft Deutsche Bauchemie e.V. (QDB) aus erster Hand über die neusten Entwicklungen für die Bauchemie wichtiger Normen und Regulierungen zu informieren.

QDB-Vorstandsvorsitzender Hans-Ferdinand Flottmeier begrüßte die Teilnehmer und gab das Wort an Dipl.-Ing. Norbert Schröter weiter, der als geschäftsführendes Vorstandsmitglied die von der Ingenieurkammer Hessen mit 6 UE als Fortbildung anerkannte Tagung moderierte.

Referenten v.l.n.r.: Norbert Schröter (Vorstand QDB), Christian Herold (DIBt), Detlef Desler (DIN), Dr.-Ing. Hans-Carsten Kühne (BAM), Prof. Dr. Dietmar Stephan (TU Berlin) und Hans-Ferdinand Flottmeier (Vorstandsvors. QDB) 

Eurocodes ab 1. Juli 2012 verbindlich

Dipl.-Ing. Detlef Desler vom Deutschen Institut für Normung (DIN) erläuterte im ersten Referat des Tages Grundlagen und Anwendungsbereiche der Eurocodes. Dieses europäische Regelwerk für Einwirkungen und Bemessung von Bauwerken ist inzwischen in Form der zehn Europäischen Normen EN 1990 bis EN 1999 veröffentlicht. Beispiel­haft stellte Desler die DIN EN 1990 (Grundlagen der Tragwerksplanung) und die DIN EN 1991 (Einwirkungen auf Tragwerke) vor. Wenn demnächst zu jeder Norm die für die Anwendung nötigen nationalen Anhänge vorliegen, erfolgt zum Stichtag 1. Juli 2012 die bauaufsichtliche Einführung; von diesem Tag an sind die Eurocodes verbindlich.

5 bauteilbezogene Einzelnormen zur Bauwerksabdichtung

Gravierende Änderungen stehen im Bereich Bauwerksabdichtung bevor. Dipl.-Ing. Christian Herold vom Deutschen Institut für Bautechnik, DIBt erläuterte den Teilnehmern den Überleitungsprozess von der DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ zur neuen Struktur mit zunächst fünf bauteilbezogenen Einzelnormen:

  • DIN 18531 „Abdichtungen für genutzte und nicht genutzte Dächer“
  • DIN 18532 „Abdichtungen für befahrbare Verkehrsflächen aus Beton“
  • DIN 18533 „Abdichtungen für erdberührte Bauteile“
  • DIN 18534 „Abdichtungen für Innenräume“
  • DIN 18535 „Abdichtungen für Behälter und Becken“

Unter Federführung des Koordinierungsgremiums beim DIN-Fachbereich 02 ist je ein Arbeitsausschuss für die Aktualisierung und Überleitung der bestehenden Inhalte in die neuen Normen zuständig. „Ziel ist es, ein besseres Handling für alle zu schaffen, die Strukturen zu vereinfachen und dem Planer alle relevanten Informationen in einem geschlossenen Regelwerk zur Verfügung zu stellen“, so Herold, der betonte, dass man so auch wieder dem Anspruch gerecht werde, die anerkannten Regeln der Technik zu repräsentieren. Dieser Status war im Laufe der Jahre durch verschiedenste Faktoren und technische Weiterentwicklungen an der DIN 18195 verloren gegangen. Bis Ende 2012 soll nach Schätzung von Herold die DIN 18532 als erste der neuen Normen veröffentlicht werden.

Instandhaltung von Betontragwerken

Den aktuellen Stand der Überarbeitung der EN 1504 (Schutz und Instandsetzung von Betontragwerken) und der Instandhaltungsrichtlinie (früher Rili-SIB) erläuterte anschließend Dr. Hans-Carsten Kühne von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, BAM. Er berichtete am Beispiel der europäischen Gremienarbeit für die Überarbeitung der EN 1504-3 (Instandsetzungsmörtel) von teilweise gravierenden Differenzen mit anderen Ländern, vor allem bei der Festlegung von Prüfnorm-Details: „Wir sehen derzeit keine Möglichkeit, bewährte Prüfungen mit langjähriger Erfahrung und Datenbasis in Europa durchzusetzen“, so Kühne. Handlungsbedarf in diese Richtung sieht er auch bei den Produktnormen EN 1504-2 (Oberflächenschutz­systeme), -5 (Rissinjektion) und -7 (Korrosionsschutz der Bewehrung). Auch die Erarbeitung der neuen Instandhaltungsrichtlinie sei längst noch nicht abgeschlossen, da sie sich mit den Teilen 2 und 4 an den Ergebnissen der Arbeit aus den EN 1504-Gremien orientiere. Die Fertigstellung wird sich nach Kühnes Worten daher mindestens noch zwei Jahre hinziehen.

Bauproduktenverordnung mit „Leistungserklärung“

Am 1. Juli 2013 treten die wesentlichen Teile der neuen Bauproduktenverordnung in Kraft. Einige fundamentale Änderungen zur derzeit noch geltenden Bauproduktenricht­linie skizzierte Dr. Bernhard Schneider vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, BMVBS. Statt „Konformitätsbescheinigung“ spricht die neue Verordnung von der „Leistungserklärung“, statt der Konformität zwischen Produkt und Norm kommt es künftig auf die Übereinstimmung zwischen erklärter und tatsächlicher Leistung eines Produktes an. Für die allgemein verpflichtende CE-Kennzeichnung gelten künftig drei Ausnahmetatbestände (Sonderanfertigung, Baustellenprodukt, Denkmalpflege), deren exakte Definitionen aber noch nicht festgelegt sind. Dr. Schneider listete die Inhalte der neuen Leistungserklärung auf und die bei der CE-Kennzeichnung zwingend notwendigen Angaben. Stark an Bedeutung gewonnen hat der Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitsschutz durch die erweiterten Grundan­forderungen der Bauproduktenverordnung. Energieeffizienz, Klimaschutz, nachhaltige Ressourcennutzung und Barrierefreiheit lauten hier einige der zentralen Stichworte. Die Übergangsbestimmungen zur neuen Bauproduktenverordnung sehen u.a. vor, dass Neudeklarationen von Bauprodukten nicht notwendig sind, Konformitätsnachweise nach aktueller Bauproduktenrichtlinie bleiben gültig. Dr. Schneider kündigte ein Durchführungsgesetz zur Bauproduktenverordnung an, bei dem das DIBt als notifizierende Behörde und einzige technische Bewertungsstelle fungieren werde.

Nanomaterialien in der Bauchemie

Zum Abschluss der QDB-Fachtagung setzte Prof. Dr. Dietmar Stephan vom Institut für Bauingenieurwesen an der TU Berlin in seinem Vortrag „Nanomaterialien in der Bauchemie“ interessante wissenschaftspraktische Akzente. Anhand verschiedener Prozesse der Strukturänderung von Solen lieferte er Beispiele, wie Nanomaterialien in der Bauchemie wirken und eingesetzt werden (Betontechnik, Zementhydratation, Wirkung von Fließmitteln). Die Teilnehmer erhielten Anschauungsmaterial zu den einzelnen Schritten, die Prozesse wurden so leichter verständlich. Neu für die meisten Teilnehmer waren die Erläuterungen zum Einsatz von Nano-Titandioxid im Bauwesen etwa im Fassadenbau oder beim Bau von Lärmschutzeinrichtungen. Prof. Stephan: „Nanomaterialien ermöglichen multifunktionale Baustoffe und vielfältige neue Anwen­dungen. Dafür ist aber noch intensive Grundlagenforschung zu leisten, da die Untersuchungsmethoden über bislang übliche Verfahren der Baustoffkunde hinausreichen.“

Die fünfte Auflage der Veranstaltung, die wieder als Fortbildung von der Ingenieur­kammer Hessen anerkannt wird, ist für November 2013 geplant.

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