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Positionspapier der Sanitärbranche zum demografischen Wandel

(11.4.2011; ISH-Bericht) "In der Diskussion über Struktur und Folgen des demografischen Wandels spielt das altersgerechte Wohnen eine wesentliche und weiter wachsende Rolle. Das beruht primär auf sozialen und gesellschaftlichen Faktoren, aber auch auf ökonomischen Aspekten." Und: "Die Anpassung des Wohnungsbestandes an die spezifischen Bedürfnisse hat in mehrfacher Hinsicht Priorität. Zu Recht bezeichnet sie Bundesbauminister Peter Ramsauer als 'eine der größten Aufgaben unserer Zeit'. Speziell im Badbereich mit seiner anerkannt hohen Relevanz für Funktion, Hygiene und Wohlbefinden der Menschen gibt es nach wie vor ein umfassendes Verbesserungspotenzial." Diese Aussagen finden sich in der Präambel eines neuen Positionspapiers zum Themenkomplex "Demografischer Wandel - Altersgerechte Wohnungen - Barrierefreie bzw. -reduzierte Bäder", das die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) auf der ISH erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt hat. Es basiert auf der Überzeugung, dass neben der energetischen Sanierung von Wohngebäuden viel stärker als bisher ihre "demografische" Erneuerung bzw. Modernisierung ins Blickfeld rücken müsse.

Am demografischen Wandel kann die mittelständisch geprägte Sanitärbranche mit einem jährlichen Gesamtumsatz von gut 17 Mrd. Euro nach Auffassung ihres Dachverbandes in vielfältiger Weise aktiv mitwirken. Das belegen, erläutert VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann, die speziell entwickelten, hergestellten und vertriebenen Produkte und Systeme, die sich durch ein auch im internationalen Vergleich "sehr hohes Niveau" auszeichneten. Hinzu komme die umfassende Dienstleistungs- und Installationskompetenz, die durch eine permanente Qualifizierung der Mitarbeiter stets ausgebaut werde. Damit verfüge die deutsche Sanitärwirtschaft über die nötige sachliche Legitimation, um sich in die differenzierten Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse nicht zuletzt auf der politischen Ebene in Bund und Ländern glaubwürdig einzubringen. Generell spiele der "offene, konstruktive Dialog" mit allen interessierten bzw. beteiligten Gruppen eine große Rolle.

Aufgrund der Beiträge der Sanitärbranche zur Bewältigung des demografischen Wandels lasse sich ihr Zuständigkeitsbereich relativ genau abgrenzen. Ein Schwerpunkt seien privat genutzte Bäder. Aber auch Sanitärräume im öffentlich-gewerblichen Sektor, die eine altersgerechte Aus- bzw. Umrüstung erforderten, gehörten zu den relevanten Tätigkeitsfeldern. Außerdem führe das in den letzten Jahren kontinuierlich verbreiterte Gesamtspektrum moderner Haustechnik gerade in altersgerechten Wohnungen verstärkt zu Schnittstellen mit anderen Gewerken. Es erweitere damit sukzessive das eigene Verantwortungsgebiet.

Das Positionspapier mit dem Titel "Fokussieren und Gestalten" listet zunächst eine Reihe exemplarischer Rahmenbedingungen auf, die die "Brisanz des Themas" am Beispiel von Deutschland unterstreichen sollen. So wird auf das jeweils kräftige Wachstum der durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung, des so genannten "Altenquotienten" (Verhältnis von Erwerbsfähigen zu Rentnern) sowie der Ein- und Zweipersonenhaushalte der Altersgruppe "60plus" hingewiesen. Gleiches gilt für die "signifikante Unterversorgung" mit altersgerechten Wohnungen. Bei ihrer entsprechenden Ausstattung ist das Bad nach einer repräsentativen forsa-Erhebung für die Bundesbürger ab 18 Jahre mit 68% eindeutig der wichtigste Raum. Es rangiere damit klar vor Wohnzimmer (12%), Küche (8%) und Schlafzimmer (6%) - siehe auch Beitrag "forsa-Studie zu Badthemen mit einer 'kleine Sensation'" vom 29.9.2010.

"Demografiepass" inklusive

Abschließend formuliert die VDS in dem 14-seitigen Papier diverse Forderungen und Positionen. Sie erstrecken sich, erläutert Wischmann, auf staatlich-politische, privatwirtschaftliche und gruppenübergreifende Ebenen. So enthält der Katalog folgende Punkte:

  • Das "engstirnige" Ressortdenken in Bundes- und Länderministerien muss infolge der "ganzheitlichen" Herausforderungen beseitigt werden.
  • Die zentrale Verantwortung für die Immobilien-Komponente des demografischen Wandels sollte auf Bundesebene im Bauministerium angesiedelt sein. Mit Blick auf die Bedeutung des Themas ist zu empfehlen, die Zuständigkeit für Demografiefragen einem Staatssekretär zu übertragen. Analog sollte in den Bundesländern verfahren werden.
  • Die "demografische" Erneuerung der Wohngebäude muss Priorität erhalten. Die Einführung eines "Demografiepasses" hätte hier eine wichtige Signalfunktion.
  • Die staatliche Förderpolitik ist - der wachsenden Bedeutung des altersgerechten Wohnens entsprechend - anzupassen und zu vereinfachen. Dazu bedarf es konkreter Anreize sowohl für Vermieter als auch für Mieter. Das in der Regel haushaltspolitisch motivierte "Stop and Go" bei den Förderprogrammen ist zu beenden.
  • Staatliche Fördermittel sollten an die Ausführung der Arbeiten durch Fachbetriebe gebunden werden. Das leistet nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag zum Erhalt bzw. zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Mittelstand.
  • Die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge sollte auf Maßnahmen zur altersgerechten Anpassung selbstgenutzten Wohneigentums ausgedehnt werden.
  • Es bedarf einer stärkeren Praxisorientierung bzw. der intensiveren Einbindung von (Bau-)Profis etwa in den für Normung und Gesetzgebung zuständigen Gremien.
  • In den für die Sanitärwirtschaft relevanten Themenbereichen sollten Vertreter bzw. Meinungen der Branche mehr als bisher berücksichtigt werden.
  • Eine breit angelegte Qualifizierungsoffensive "Demografischer Wandel" ist überfällig. Dazu können spezielle Studiengänge etwa im Architekturbereich ebenso dienen wie gezielte Aus- und Weiterbildungskonzepte in allen betroffenen bzw. beteiligten Branchen.
  • Firmenneutrale Verbraucher-Beratungsstellen z. B. für alle Segmente des altersgerechten Wohnens wären geeignet, die vorhandenen Informationsdefizite zu beseitigen.
  • Es kommt darauf an, durch eine intensive Kommunikation ein breites öffentliches Bewusstsein für die zentrale Bedeutung des Themas zu schaffen und dann ständig zu schärfen. Dazu gehört auch die Kernbotschaft, dass Vorsorgemaßnahmen wie rechtzeitige Badanpassungen für Staat, Gesellschaft und jeden Einzelnen hohe Folgekosten ersparen.

Logische Initiative

Die Sanitärbranche will sich aber nicht darauf beschränken, nur "Forderungen gegenüber Dritten" zu erheben. Stattdessen werde sie sich im Rahmen ihres Einflussbereiches dafür engagieren, die notwendigen Konsequenzen aus dem demografischen Wandel zu ziehen. Das geschehe u.a. durch die systematische Wei­ter­entwicklung des eigenen Leistungs­port­folios sowie durch die Bereitschaft zur qualifizierten Mitarbeit in übergeordneten Gremien und Ausschüssen. Wischmann bilanzierend: "Unsere Initiative ist das logische Resultat der ebenso offensichtlichen wie direkten Zusammenhänge zwischen demografischem Wandel, altersgerechtem Wohnen und barrierefreien bzw. -reduzierten Bädern. Zugleich soll sie dokumentieren, dass es jetzt wirklich darum geht, sich den damit verbundenen großen Herausforderungen aktiv zu stellen."

Das komplette Positionspapier kann per E-Mail an Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) angefordert werden und lässt sich zudem als PDF-Dokument downloaden.

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