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SRU-Studie: "Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung"

(30.1.2011) "Nur eine 100 % erneuerbare Stromversorgung ist wirklich nachhaltig", sagte Prof. Dr. Martin Faulstich, Vorsitzender des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), anlässlich der Übergabe des Sondergutachtens an Bundesumweltminister Röttgen. "Diese ist langfristig realistisch und bezahlbar, wenn die Bundesregierung heute verlässliche Anreize für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, der notwendigen Speicher und der Netze setzt."

Bereits im Mai 2010 hatte der SRU auf der Basis von Szenarien unterschiedliche Möglichkeiten einer vollständig erneuerbaren Stromversorgung aufgezeigt. Der Übergang dorthin ist demnach ohne eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke oder neue Kohlekraftwerke möglich. Das Sondergutachten macht nun Vorschläge zur Weiterentwicklung der politischen, ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen:

SRU-Empfehlung: Marktdeckelung der "vergleichsweise teuren Photovoltaik"

"Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist ein Erfolgsmodell mit internationaler Strahlkraft. Seine tragenden Säulen, der Vorrang der Einspeisung und die feste Vergütung, sollten weitestgehend erhalten bleiben", meinte die Ökonomin im Rat Prof. Dr. Karin Holm-Müller. Eine europäische Einspeisevergütung, flexible Marktprämien für die Windenergie oder gar ein Verzicht auf die Förderung würden den Erfolg der erneuerbaren Energien gefährden. Reformbedarf bestehe allerdings hinsichtlich der Kosten der Förderung.

  • Deshalb sollte die Förderung der zu schnell wachsenden und vergleichsweise teuren Photovoltaik deutlich reduziert und gedeckelt werden.
  • Für einen besseren und effizienteren Ausbau der Offshore-Windenergie schlägt der SRU ein staatliches Ausschreibungsmodell vor, nach dem Betreiber den Bau und Betrieb von Anlagen zu möglichst niedrigen, aber festen Vergütungssätzen anbieten.
  • Bei der Biomasse sollten vor allem die Nutzung von Reststoffen und der Einsatz im Lastfolgebetrieb gefördert werden. Der NaWaRo-Bonus (Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen) sollte abgeschafft werden.

Insgesamt sollte das Ziel einer nachhaltigen Stromversorgung durch eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2050 fest in der deutschen Energiepolitik verankert werden.

"Der Ausbau der Stromnetze für die erneuerbaren Energien muss beschleunigt und zugleich beteiligungsfreundlicher gestaltet werden", meint der Rechtswissenschaftler im Rat, Prof. Dr. Christian Calliess. Hierfür schlägt der SRU einen Bundesfachplan "Stromübertragungsnetz 2030" vor. Dieser soll unter Beteiligung zentraler Interessenträger entwickelt werden. Die Anreize für Netzinvestitionen sollten verbessert werden, besonders wichtige Stromtrassen sollten ausgeschrieben werden.

"Das bisher vollkommen unterschätzte große Potenzial an Speicherenergie in Norwegen muss endlich erschlossen werden", mahnt der Energieökonom des Rates, Prof. Dr. Olav Hohmeyer. Die Bundesregierung sollte sich daher für eine engere Zusammenarbeit mit Norwegen einsetzen und damit für einen stabilen Investitionsrahmen für die Netzanbindungen und den Ausbau der Pumpspeicher sorgen.

Von großer Bedeutung ist die Flankierung des Übergangs zur erneuerbaren Stromversorgung auf nationaler Ebene durch die europäische Klima- und Energiepolitik, insbesondere durch den Ausbau der europäischen Stromnetze und eine "Europäische Roadmap für erneuerbare Energien 2030". Erneuerbare Energiequellen müssen den zentralen Beitrag für die Klimaneutralität der europäischen Stromversorgung und eine Verminderung der Treibhausgasemissionen um 80 bis 95% bis 2050 leisten.

Bundesverband Solarwirtschaft kritisiert die SRU-Studie

Die Solarbranche lehnt eine starre Mengenbegrenzung erwartungsgemäß strikt ab. Ein solcher "Deckel" würde wettbewerbliche Marktmechanismen außer Kraft setzen und 130.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährden. Er würde zudem keine Kosten vermeiden, sondern erheblichen volkswirtschaftliche Schaden anrichten, so die Einschätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar). Die Studie berücksichtige zudem nicht den jüngsten Vorschlag des Bundesumweltministers zur wachstumsorientierten Verringerung der Solarstromförderung um bis zu 24 Prozentpunkte bis zum Jahresende. Dieser wird von der Branche mitgetragen und den Markt mittelfristig auf ein Niveau von jährlich 3 bis 5 Gigawatt führen - siehe dazu Beitrag "EEG Kompromiss: PV-Förderung soll sich stärker am Zubau ausrichten" vom 23.1.2011 mit folgender Grafik:

"Ein starrer Marktdeckel würde den weiteren Ausbau der Photovoltaik abwürgen und tausende Unternehmen und Arbeitsplätze in Deutschland gefährden. Dies spart keine Kosten, sondern verhindert, dass sich die in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen volkswirtschaftlich auszahlen. Welche verheerenden Auswirkungen ein fixer Markt-Deckel auf die Photovoltaik-Technologie haben kann, hat die Entwicklung in Spanien gezeigt. Aufgrund fehlender Investitionsperspektiven ist der Solarmarkt durch einen starren Marktdeckel im Jahr 2009 gänzlich zusammengebrochen", so Carsten Körnig, Geschäftsführer des BSW-Solar heute in Berlin.

Neben dem Beitrag für den Klimaschutz und zum Aufbau einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung kann sich der Ausbau der Photovoltaik mit einem Plus von über 50 Milliarden Euro auch volkswirtschaftlich unterm Strich für Deutschland auszahlen - so die jüngsten Berechnungen der Beratungsunternehmen Roland Berger und Prognos:

Auch die SRU-Gutachter bestätigen in der Mehrzahl der untersuchten Szenarien das große Ausbaupotenzial der Photovoltaik in Deutschland. Das Gutachten zeigt ebenfalls, dass Solarstrom in Deutschland perspektivisch zu wettbewerbsfähigen Kosten von deutlich unter 10ct/kWh erzeugt werden kann. Der gemeinsam von der Branche, Roland Berger und Prognos erarbeitete "Wegweiser Solarwirtschaft" zeigt ähnliche Kostensenkungspotenziale auf. Die Branchen-Roadmap zeigt aber auch, dass der weitere Ausbau der Photovoltaik mit vertretbaren Anschubinvestitionen erreichbar ist. Die dafür erforderliche Umlage auf alle Stromverbraucher werde sich dabei auf rund zwei Cent je Kilowattstunde begrenzen lassen und bereits kurzfristig auf diesen Wert einpendeln.

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