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Bericht von der Holzschutztagung 2010

  • von der Biozidgesetzgebung bis zum Klimaschutz

(5.12.2010) Eine Fülle aktueller Themen rund um den Holzschutz stand im Mittelpunkt der Holzschutztagung 2010 der Deutschen Bauchemie, die Mitte November in Bad Kissingen stattfand. Die Themen der eintägigen Veranstaltung reichten von Fragen der europäischen Biozidgesetzgebung bis hin zur Klimarelevanz der Nutzung langlebiger Holzprodukte. Ausführlich gewürdigt wurde auch das RAL-Gütezeichen Holzschutzmittel, das in diesem Jahr auf eine 25jährige Geschichte zurückblicken kann.

Gastgeber und Referenten der Holzschutztagung 2010 (v.l.nr.): Dr. Peter Reißer (Deutsche Bauchemie e.V.); Dr. Christine Kliche-Spory (Lanxess Deutschland), Dr. Alexander Grube (VCI), Dr.-Ing. Karl Hermes (Obmann Ausschuss Holzschutz ), Dr. Gerda Lambertz (Johann Heinrich von Thünen-Institut), Norbert Schröter (Deutsche Bauchemie e.V.) und Wendelin Hettler (Obmann Fachausschuss (Bild vergrößern)

"Bad Kissingen: eine besondere Harmonie von Arbeit und Vergnügen, Nachdenken und Entspannen" - mit diesem Slogan wirbt der unterfränkische Kurort auf seiner Internetseite um Tagungsgäste. Nachdenklich, aber durchaus harmonisch ging es auch auf der diesjährigen Holzschutztagung der Deutschen Bauchemie zu. Von Entspannung konnte allerdings keine Rede sein, insbesondere was die zentralen Themen betrifft, die die Branche nun schon seit einigen Jahren beschäftigen.

Aus der Gremienarbeit

Zu dem zentralen Themen zählen, so Dr.-Ing. Karl Hermes, Obmann des Ausschusses Holzschutz der Deutschen Bauchemie, nach wie vor ...

  • auf europäischer Ebene die Biozidgesetzgebung in Form der Biozidprodukterichtlinie und
  • auf nationaler Ebene die Holzschutznorm DIN 68800 sowie
  • die nach wie vor unbefriedigende Zulassungssituation für Holzschutzmittel beim DIBt.

Angesichts dieser Problemfelder kann auch die im Vergleich zu den letzten Jahren derzeit deutlich freundlichere Tendenz auf dem Bausektor nur wenig zur Entspannung beitragen. Kritisch wird von den in der Deutschen Bauchemie zusammengeschlossenen Holzschutzmittelherstellern insbesondere der jetzt vorliegende Normenentwurf für die neue DIN 68800 gesehen. In der jetzigen Fassung, so Dr. Hermes, "kann die Norm von der Holzschutzmittelindustrie nicht mitgetragen werden".

In seinem Bericht aus der Gremienarbeit machte Wendelin Hettler, Obmann des Fachausschusses 1 (FA1) dann nochmals deutlich, welche zentralen Punkte des oben erwähnten Normentwurfs zur DIN 68800 die Holzschutzmittelhersteller nicht akzeptieren können. So reicht nach Ansicht des FA1 "die pauschale Festlegung einer Kontrollierbarkeit eines Bauteils in der GK 1 nicht aus, das Risiko eines Bauschadens zu vermeiden. Denn bei Bauwerken großer Dimensionen wie Reithallen, Industriebauten, Scheunen mangelt es an den Kontrollmöglichkeiten. Es ist daher praxisfremd anzunehmen, dass durch eine derartige Festlegung ein Insektenbefall so rechtzeitig erkannt werden kann, dass ein Bauschaden ausgeschlossen ist". Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer essentieller Punkte wie beispielsweise die Verwendung technisch getrockneten Holzes zum vorbeugenden Schutz von Holzbauteilen zur Verhinderung von Bauschäden durch Insekten. Nach Ansicht der Holzschutzmittelhersteller wurden diese Festlegungen getroffen, obwohl wissenschaftlich belegt ist, dass bei technisch getrocknetem Holz ein Befall möglich ist. Auch "die grundsätzliche Vorrangigkeit der besonderen baulichen Maßnahmen gegenüber vorbeugenden Maßnahmen mit Holzschutzmitteln gründet sich nicht auf definierte Kriterien und stellt somit eine unzulässige Diskriminierung und Marktbeschränkung der Holzschutzmittel dar" - so Hettler.

Abwechslungsreicher öffentlicher Teil

Im öffentlichen Teil der Veranstaltung berichtete zunächst Dr. Christine Kliche-Spory (Lanxess Deutschland) über "Erste Erfahrungen mit der Zulassung von Biozid-Produkten in Ländern der EU unter der Biozid-Produkte-Richtlinie 98/8/EC (BPD)". Dabei machte sie deutlich, dass der Produktzulassungsprozess unter der BPD überaus komplex ist und zurzeit sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Mitgliedstaaten nur wenige Erfahrungen damit vorliegen. Zudem - so ihr Fazit - sind viele Anforderungen derzeit noch unklar. Kritisch zu sehen ist auch die fehlende Harmonisierung bei der nationalen Produktzulassung. Fraglich ist nach Ansicht der Referentin, ob diese Harmonisierung von allen Mitgliedsstaaten auch wirklich angestrebt und erzielt werden wird. Weiterhin vermisst Dr. Kliche-Spory Anpassungs- und Übergangsfristen für Produkte auf dem deutschen Markt, wenn beispielsweise mit Erteilung der Zulassung abweichende und zusätzliche Auflagen für diese Mittel ausgesprochen werden.

Auch bei der geplanten Revision der Biozidgesetzgebung liegt, so Dr. Alexander Grube vom VCI in Frankfurt am Main, "noch viel Arbeit vor uns". Obwohl durch den Kommissionsvorschlag ein paar Verbesserungen und positive Vorschläge gegenüber der aktuellen Richtlinie eingeführt wurden, fehlen dringend notwendige wesentliche Vereinfachungen und Harmonisierungen. In Parlament und Rat sind einige Verbesserungen durchgesetzt worden, allerdings sind, so der Referent, gleichzeitig ein paar neue Probleme aufgetaucht. Auf besonderes Interesse bei den Zuhörern stießen die sich abzeichnenden Regelungen für behandelte Erzeugnisse und Materialien wie geschütztes Holz. Im Unterschied zur derzeit geltenden Biozidprodukterichtlinie, die keine Beschränkung hinsichtlich der verwendeten Wirkstoffe beim Import solcher Produkte vorsieht, entschied das EU-Parlament in seiner ersten Lesung der künftigen Biozidprodukteverordnung, dass in diesen Erzeugnissen ausschließlich Wirkstoffe eingesetzt werden dürfen, die das Bewertungsverfahren der EU durchlaufen haben.

Ein Beispiel dafür, dass es nicht immer nur einer gesetzlichen Verordnung "von oben" bedarf, ist die RAL-Gütegemeinschaft Holzschutzmittel, die in diesem Jahr auf 25 Jahre erfolgreiche Arbeit zurückblicken kann. Ihr Vorsitzender, Wendelin Hettler (Dr. Wolman), erinnerte in seinem Vortrag daran, dass die Gütegemeinschaft seit ihrer Gründung im Jahre 1985 freiwillig und ohne gesetzlichen Verpflichtung mit der Vergabe von Gütezeichen nach RAL GZ 830 eine Gütesicherung für Holzschutzmittel außerhalb des geregelten bauaufsichtlichen Bereiches aufgebaut hat, die bei Verbraucher, Handel, Herstellern und Behörden auf hohe Akzeptanz stößt. Sowohl hinsichtlich der Schutzwirkung und Schutzdauer der Holzschutzmittel als auch hinsichtlich der Belange des Gesundheits- und Umweltschutzes stand bei der unabhängigen Bewertung der Holzschutzmittel immer die Verbrauchererwartung im Vordergrund. Nur dadurch konnte im Laufe von 25 Jahren mit dem RAL-Gütezeichen eine Qualitätsmarke aufgebaut werden, die auch nach der Umsetzung der Biozidprodukterichtlinie Verbraucher, Handel und Herstellern einen Mehrwert bieten kann.


Rund 80 Experten aus Industrie und Gewerbe, Behörden und Wissenschaft trafen sich in Bad Kissingen zur Holzschutztagung 201

Abgerundet wurde die diesjährige Holzschutztagung mit einem Vortrag von Dr. Gerda Lambertz vom Johann Heinrich von Thünen-Institut in Hamburg zur "Klimarelevanz der Nutzung langlebiger Holzprodukte". Sie skizzierte zunächst die Rolle des Waldes und der Forstbewirtschaftung als wichtiges Element zur Speicherung von Kohlenstoff. Dabei machte sie deutlich, dass eine Anrechnung von Holzprodukten, die deren Speichereffekt berücksichtigt nicht nur handlungspolitischen Spielraum, sondern auch Anreize für eine verbesserte stoffliche Nutzung von Holz setzen kann. Gleichzeitig zeigte sie aber auch, wie schwierig sich eine solche Anrechnung aus wissenschaftlicher Sicht darstellt. Ergebnisse von Ökobilanzen, so die Referentin, zeigen dabei einen Vorteil von heimisch hergestellten Holzprodukten; allerdings bedarf es ihrer Ansicht nach noch einer besseren Datenbereitstellung und Analyse zur Abschätzung, ob Holzschutzmittel hierbei ein positives oder negatives Potential darstellen. Positiv ins Gewicht fallen in diesem Zusammenhang die durch den Einsatz von Holzschutzmitteln verlängerte Lebensdauer und damit die länger anhaltende Kohlenstoffbindung in den Holzprodukten. Zudem lassen sich mit langlebigen Holzprodukten auch treibhausgasintensivere Materialen sowie Tropenhölzer substituieren - ein weiterer positiver Effekt auf das Klima.

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