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Lückenbebauung mit zugeschnittenem Porenbeton: Vorbilder zeitgemäß interpretiert

(23.9.2009) Baulücken in der Altstadt sind eine Seltenheit, schließlich hat die Sanierung der historischen Bausubstanz oberste Priorität. Doch im Zentrum von Lübeck bot sich die Möglichkeit, mit einem modernen Altstadthaus die Blockrandbebauung zu ergänzen. Zuvor war hier ein völlig maroder Altbau abgerissen worden, der nicht mehr saniert werden konnte. An seine Stelle ist ein Neubau getreten, der sich in die benachbarte historische Bebauung einfügt und zugleich mit modernen Gestaltungsmerkmalen selbstbewusst auf sich aufmerksam macht, ohne dominieren zu wollen (siehe auch Bing-Maps und/oder Google-Maps).

"Die Modernität ist gekoppelt an eine Wertbeständigkeit in Proportion und Material und an die enge Verbindung zum Bestand", erläutert der Lübecker Architekt Uwe Ellinghaus und weist auf die enge Abstimmung mit dem Stadtbildpfleger sowie dem Stadtplanungsamt hin, die wichtiger Bestandteil des Planungsweges war. Die Auseinandersetzung mit der umgebenden baulichen Struktur stand im Mittelpunkt der architektonischen Planung. Die Gestaltungssatzung der Stadt Lübeck gibt klare Richtlinien für die Neubebauung bzw. Änderung an Bestandsgebäuden vor, beispielsweise die maximale Breite von Giebeln, die Ausbildung von Lochfassaden und den Rahmen der Farbgestaltung.

Historische Vorbilder zeitgemäß interpretiert

Das Umfeld ist geprägt von klassischen Lübecker Wohnhäusern, die zwischen 200 und 500 Jahre alt sind. Der Straßenname Wakenitzmauer verweist auf die ursprüngliche Stadtmauer, die die Altstadtinsel im Mittelalter umgab. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich eine Häuserzeile aus der Gründerzeit.

Von der Größe her passt sich das dreistöckige neue Gebäude in die bestehende Häuserzeile ein. Auch die roten Dachschindeln und der helle Kalkzementputz der Fassade orientieren sich an historischen Vorbildern. Moderne Akzente setzt Architekt und Bauherr Uwe Ellinghaus hingegen mit den bodentiefen Fenstern. Sie sind asymmetrisch verteilt und stehen leicht schräg zur Fassade. So ergeben sich für die Bewohner bessere Ausblicke in beide Richtungen der Straße. "Ich zitiere damit zugleich die Unebenheiten alter Häuserfronten, die sich mit der Zeit verzogen haben", erklärt der Architekt.

Dass auch die Sanierung von denkmalgeschützten Fassaden zur Arbeit des Architekturbüros Ellinghaus gehört, erwies sich als Vorteil: "Das gelungene Zusammenwirken historischer und zeitgemäßer Elemente basiert auf Materialechtheit und heutigen Anforderungen an die Energieeffizienz". Für die Außenwände kam daher nur ein monolithischer Wandaufbau aus einem massiven Baustoff mit sehr guten Wärmedämm-Eigenschaften in Frage. Der Architekt entschied sich für Porenbeton. Auch für die Innenwände kam Porenbeton zum Einsatz, so dass das Haus komplett aus einem homogenen Baustoff erstellt wurde.


Mit Porenbeton ließ sich vor allem die eigenwillige Fassadengestaltung unkompliziert ausführen. Denn trotz seiner großen Tragfähigkeit lässt sich Porenbeton ganz einfach sägen, bohren und fräsen, d.h. in jede gewünschte Form bringen. Der Baustoff, der weder Hohlkammern noch Stege besitzt, kann beliebig zugeschnitten werden, ohne dadurch die Wärmeleitfähigkeit oder die Oberflächeneigenschaften zu verändern. Diese Vorteile in der Be- und Verarbeitung kamen auch der Realisierung der unkonventionellen Grundrissform sehr entgegen.

Konzept Wohnen und Arbeiten

Innerhalb der engen Grenzen des Baugrundstücks und der Hofsituation galt es, Privatheit mit Offenheit und Licht in Einklang zu bringen und Großzügigkeit zu schaffen. Daher spricht auch die Raumaufteilung im Inneren eine moderne architektonische Sprache. "Das Haus folgt dem Konzept Wohnen und Arbeiten unter einem Dach", erläutert Ellinghaus.

Erdgeschoss und erstes Obergeschoss verschmelzen über eine Galerie zu einem Raum. Unten befinden sich der Wohnraum und eine offene Küchenzeile, oben das Schlaf- und Badezimmer. Die gemeinsame Rückwand der beiden Stockwerke wird durch eine 15 Quadratmeter große Fensterfläche von Licht durchflutet (Bild). Sie gibt zugleich den Blick auf einen kleinen Innenhof frei - gerade groß genug für zwei Sonnenliegen. "Ein Gefühl der Enge wird hier dennoch nicht entstehen", versichert Ellinghaus. Der Grund dafür ist die Hofgestaltung mit Wasserbecken und einer Wasserinstallation an der Rückwand des Grundstücks, die den Blick in den Hof zieht. Lichtreflexionen, Wassergeräusche und die Begrünung vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit.

Große Freiräume auf kleiner Fläche

Über ein offenes elliptisches Treppenhaus gelangt man ins erste Obergeschoss (Grundriss). An den Schlafraum angeschlossen ist ein Badezimmer, das mit schlichten grauen Mosaikfliesen ausgekleidet ist. Eine knietiefe Absenkung im Boden dient als Dusch- und Badewanne. Ein paar Schritte weiter gelangt man zu einer sonnenverwöhnten Terrasse.

Im Dachgeschoss (Grundriss) gibt es ein weiteres kleines Badezimmer und einen großzügigen Raum mit bis zu vier Metern Höhe unter dem Dachfirst. Die bodentiefe Verglasung zur Straße und zwei Dachfenster machen den Raum zu einem idealen Atelier.

Augenfällig sind die vielen runden Formen, mit denen Architekt und Innenraumdesigner Ellinghaus auf den 130 Quadratmetern Wohnfläche gearbeitet hat. Gerade Linien werden zu geschwungenen, sie verschwinden in Flächen und werden an anderer Stelle wieder sichtbar. So ist es ihm gelungen, auf relativ wenig Fläche den Eindruck großer Freiräume zu schaffen.

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