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Trocknungsverhalten von Estrich

(9.9.2009) "Immer wieder taucht die Frage auf, warum der Estrich nicht trocknet", weiß Michael Sungen zu berichten. Der Außendienstmitarbeiter des Marktbereichs Anhydrit in der Business Unit Basic Chemicals der Lanxess AG stellt regelmäßig fest, dass der rasante Baufortschritt heutzutage alle Baustoffe an ihre Grenzen zwingt: "Der Faktor Zeit bedeutet Geld und steht immer mehr im Vordergrund. Jedoch ist der Trocknungsverlauf beispielsweise eines mineralisch gebundenen Estrichs im Wesentlichen von seiner Schichtdicke und Rohdichte sowie den klimatischen Umgebungsbedingungen abhängig." Trotzdem vertreten viele die Meinung, dass Baustoffe durch Hilfsmaßnahmen wie Additive, Absperrsysteme oder künstliche Trocknung frühzeitig mit Bodenbelägen belegt werden können und somit Bauzeit eingespart werden kann. Was auf den ersten Blick zu funktionieren scheint, sieht in der Realität anders aus: Es häufen sich Schäden an Fußbodenkonstruktionen, wie Verformungen, Rissbildungen oder Ablösen der Bodenbeläge vom Estrich. Diese treten oft erst ein bis zwei Jahre nach dem Einbau auf.

"Die zur Estrichherstellung eingesetzten Baustoffe, wie Zement oder Calciumsulfatbinder, haben sich in der Vergangenheit nicht wesentlich verändert. So heißt der Zement heute CEM I 32,5 R und ist chromatarm, bleibt im Prinzip aber doch der alte PZ 35 F", sagt der Estrich-Experte von Lanxess. Was sich gegenüber der Vergangenheit allerdings verändert hat, sind die Ansprüche an Fußbodenkonstruktionen, die über die Jahre hinweg deutlich gestiegen sind. Und das nicht nur hinsichtlich immer kürzerer Fertigstellungszeiten. Wurden Estriche in den 70er Jahren noch mit einer durchschnittlichen Schichtdicke von 40-50 Millimeter Stärke eingebaut, so erfordern heute beheizte Fußbodenkonstruktionen und großformatige Fliesen oder Natursteinbeläge immer höhere Aufbauten. Wenn überhaupt bei den dünneren Estrichkonstruktionen von einst eine Feuchtigkeitsmessung erfolgte, so wurde bereits bei 2,5 bis 3,0% Restfeuchte (gemäß CM-Messmethode) z.B. ein keramischer Belag bedenkenlos verlegt.

"Mitte der 80er Jahre feierten Fließestriche ihren Durchbruch, es häuften sich jedoch Reklamationen in Bezug auf Feuchtigkeitsschäden. Wo bisher nur PVC- oder Parkettleger CM-Feuchtigkeitsmessgeräte besaßen und einzusetzen verstanden, mussten sich nun alle Fliesen-, Naturstein- und andere Bodenleger an diese Estrich-Prüfmethode gewöhnen", sagt Sungen. Die baustellengerechte CM-Messung (Calciumcarbid-Methode) bietet laut Sungen eine hohe Sicherheit bei der Beurteilung der Belegreife.

Nachdem die Anzahl an Estrichschäden über viele Jahre nicht zurückging und immer wieder eingeschlossene Feuchtigkeit die Ursache für Reklamationen war, wurden die CM-Grenzwerte für die Beurteilung der Estrich-Belegreife herabgesetzt. Während früher die CM-Grenzwerte belagsabhängig angegeben wurden, wird heute nur noch zwischen beheizten und unbeheizten Estrichkonstruktionen unterschieden. Egal, ob Parkett oder Teppich verlegt wird. Heute gelten generell folgende CM-Grenzwerte:

   beheizt unbeheizt
Zementestrich 1,8 CM-%* 2,0 CM-%
Calciumsulfatestrich 0,3 CM-% 0,5 CM-%
Calciumsulfat-Fließestrich 0,3 CM-% 0,5 CM-%

* Unter Stein- und keramischen Belägen 2,0 CM-%

Gemäß Europäischer Stoffnormen und der Estrichnorm DIN 18560, die im April 2004 erschien, wurden die Estrichdicken in Abhängigkeit von verschiedenen Lastannahmen geregelt. Neben den auf einen Estrich einwirkenden Flächenlasten werden nach der neuen Norm jetzt auch Einzellasten zur Bemessung einer Estrichplatte herangezogen. Das führte dazu, dass seit Erscheinen der Norm die Estrichdicken nochmals angestiegen sind.

Komplexe unbeheizte und beheizte Fußbodenkonstruktionen - kombiniert mit anspruchsvoller Bodengestaltung - sollen über Jahrzehnte ihren Zweck als Last verteilende Schicht erfüllen. Sie müssen heutzutage in Rekordzeit fertig gestellt werden. Auf der Baustelle stehen sich fast täglich Handwerker, Bauherren und Planer gegenüber, die sich über das schlechte Trocknungsverhalten des Estrichs wundern.

Über das wirklich beste Prüfverfahren zur Messung der Estrichfeuchte wird in der Fachwelt diskutiert. Viele Bodenleger messen den Restfeuchtegehalt eines mineralischen Estrichs mit dem CM-Gerät, einige verlassen sich auf Ergebnisse einer "zerstörungsfreien" elektronischen Messung (kapazitives Messverfahren). Oder es werden beide Methoden in Kombination angewandt, was sich in der Praxis bewährt hat. Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch bei der Probenentnahme: Während Parkettleger Material für die CM-Messung im mittleren bis unteren Drittel des Estrichquerschnitts entnehmen, prüfen alle anderen Gewerke über den gesamten Estrichquerschnitt verteilt. Diese unterschiedliche Vorgehensweise trägt nicht dazu bei, die Diskussionen über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Feuchte-Messmethoden verstummen zu lassen.

Viele Hersteller von Bodenbelags-Klebstoffen und Boden-Spachtelmassen bieten heutzutage Handwerkern Serviceleistungen in Form von CM-Messungen auf der Baustelle an. Doch die Verantwortung für die Beurteilung der Belegreife eines Estrichs wird hierbei nicht von der Industrie übernommen. Der jeweilige Außendienstmitarbeiter des Herstellers haftet in der Regel privatrechtlich und wird daher einen Estrich erst dann bedenkenlos für die Belegung freigeben, wenn er sich seiner Sache 100-prozentig sicher ist. Auch das kann für Verzögerung sorgen.

Michael Sungen fasst zusammen: "Das Trocknungsverhalten von Estrichen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht geändert. Unter gleichen Bedingungen trocknen sie genau so schnell wie auch schon in den 70er Jahren."

Weitere Informationen zum Trocknungsverhalten von Estrich können per E-Mail an Lanxess angefordert werden.

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