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Baustopps bremsen Auslandsgeschäft

  • Beitrag von Andreas Preißing

<!---->(30.8.2009) Egal ob Geschäfte mit den Scheichs oder im europäischen Ausland, immer wieder suchen deutsche Architekten in fremden Ländern Aufträge. Doch aktuell ist es schwer, auf ausländischen Märkten zu landen. Die Wirtschaftskrise hat selbst Boomregionen am Persischen Golf und Russland fest im Griff. Projekte liegen auf Eis oder sind komplett abgesagt. Hinzu kommen kulturelle Hindernisse, an denen Büros scheitern, bestätigt auch Thomas Welter vom Netzwerk Architekturexport (NAX).

Trotz erfolgreicher Büros wie Behnisch, Graft oder Gerkan - die Realität ist ernüchternd: Von bundesweit knapp 120.000 Architekten waren und sind gerade einmal fünf Prozent im Ausland aktiv. Und lediglich ein Prozent schafft es, dauerhaft außerhalb der Republik zu bauen. Wellenartig steigt und fällt die Anzahl der Büros, die in fremden Ländern aktiv sind. "Mit dem Bauboom in den Siebzigern schwappte die erste Welle über die Grenzen", sagt Welter. In den Achtzigern zogen sich etliche Architekten wieder zurück, um eine Dekade später erneut ihr Glück zu suchen - der Eiserne Vorhang war gefallen. Neben Ost-Europa rückte die arabische Welt in den Fokus der Planer und Gestalter, ebenso China und Russland.

Doch Geschäfte über den Grenzbaum hinweg sind risikobehaftet. Unvergessen das geräuschvolle Aufeinandertreffen von China-Guru Meinhard von Gerkan und Christoph Ingenhoven, der "um keinen Preis der Welt" mehr für Despoten bauen will - zumindest keine Symbolbauten. In dieser denkwürdigen Hamburger Diskussion im vergangenen Jahr wurde deutlich, welches Problem alle Exportunternehmen haben: Ein fremdes Land bedeutet andere Sitten - vor allem hinsichtlich der politischen Lage. Hinzu kommen Fragen: Wie knüpfe ich Kontakte? Bekomme ich mein Honorar und wenn ja, von wem? Gibt es Business ohne Korruption? Alles Punkte, die nicht nur in Schwellen- und Tigerstaaten sehr unterschiedlich beantwortet werden.

Innerhalb Europas scheinen die interkulturellen Aspekte noch überschaubar. Die Geschäftssprache ist Englisch. Nur nicht in Frankreich. Und auch Italiener sprechen es ungern. Besser klappt es in den ehemaligen GUS-Staat mit der angelsächsischen "Weltsprache". Alleine diese Frage zeigt: Wer aktiv im Ausland werden will, muss wissen, wohin er will und warum. Oder wie NAX-Sprecher Welter es formuliert: "Eine ausführliche Recherche über das Zielland ist zwingend." Helfen können Außenhandelskammern (AHK) oder eben die NAX. Welters Beobachtung nach gibt es drei weit verbreitete Kanäle, über die Architekten ins Auslandsgeschäft gleiten.

  • Entweder, man hat dort einmal gearbeitet,
  • der Lebenspartner kommt aus dem Land oder
  • ein deutscher Bauherr nimmt das eigene Büro huckepack mit, etwa wenn er eine Niederlassung errichtet.

Paul Schröder von den fs-architekten aus Darmstadt suchte sich Russland aus, um für sein Büro ein neues Geschäftsfeld aufzubauen. Auf der Immobilienmesse Mipim in Cannes knüpfte er Kontakte zu Investoren. Die künftigen Bauherren wollten in Pavlovsk, einem Vorort von St. Petersburg, für 100 Millionen Euro eine Seniorenresidenz hochziehen. "Doch aktuell sind alle Projekte in Russland eingefroren", erklärt der 59-jährige Inhaber eines 20-Mitarbeiter-Büros. Wegen der Wirtschaftskrise gäben Banken keine Kredite mehr oder nur "zu exorbitant hohen Zinsen". Sein Geld für erbrachte Planungsleistungen hat er zwar erhalten - "in Russland darf man nur gegen Vorkasse arbeiten" - rentabel war das Engagement hingegen nicht. Zu groß klafft die Lücke zwischen Akquisitionsaufwand und abgerechnetem Honorar. Immerhin wollte Schröder vier Leute für anstehende Auslandsprojekte einstellen. Stattdessen hat sich sein Büro wieder auf Inlandsgeschäfte konzentriert und die Mannschaft nur um zwei Architekten plus zwei Studenten aufgestockt.

"Kontakte im Ausland knüpft man am besten vor Ort", meint Dorothea Schreiber von Bayern International, einer Münchner Gesellschaft, die im Auftrag des Wirtschaftsministeriums jährlich ein gutes Dutzend Delegations- und Unternehmerreisen organisiert sowie bayrischen Betrieben anbietet, sich an knapp 50 Messen in 30 Ländern zu beteiligen. Und weil die Wirtschaftsförderer für etliche Branchen Hilfestellungen zum Markteintritt anbieten, finden sich immer wieder Architekten unter den Teilnehmern. Christian Grayer von der Dömges AG aus Regensburg nutzt den subventionierten und daher günstigen Landesservice. Er reiste mit einer Delegation nach Kasachstan und besuchte Messen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Doch seine Bilanz fällt verhalten aus. "Noch bis kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr war die Stimmung euphorisch", erzählt der Vorstand der Architekten Aktiengesellschaft. Aus dem Messeauftritt im Frühjahr 2008 hätten sich zehn verheißungsvolle Geschäftskontakte ergeben und sogar ein erster städtebaulicher Auftrag: Eine Studie für ein 230 Hektar großes, neues Stadtviertel sollten die Regensburger erstellen. Doch daraus wurde nichts. "Projektstopp!" schallte es vom Balkan. Was ärgerlich ist. Hätte doch das Honorar bereits den gesamten Akquisitionsaufwand gedeckt, meint Grayer, dessen 50-Mann-Büro schon einen Projektpartner im Zielland gefunden hatte. So konzentriert sich die AG eben auf den Deutschen Markt - Dömges Architekten sind Experten für Gefängnisbau.

Nicht mehr auf Partnersuche gehen die Cityförster. Das Netzwerk für Architektur, wie sich die elf Gestalter, Architekten und Stadtplanern selbst bezeichnen, lebt von seiner Internationalität. Von New York, London, Oslo, Rotterdam, Berlin, Hannover und Neapel aus agieren die Förster, die sich auf Stadtgestaltung spezialisiert haben. Entstanden ist die Community bereits während des Studiums in Hannover, berichtet Sprecherin Anne Niehüser. Nach erfolgreichen Auslandsprojekten gefragt, erzählt sie von einem Wohn- und Geschäftshaus in Albaniens Hauptstadt. Das Gebäude markiert den südwestlichen Auftakt des neuen Stadtquartiers "Mirror Twins" von Tirana. Dass das Haus tatsächlich gebaut wurde, freute Architektin Niehüser. Denn mitten in der Bauphase riss überraschend die Kommunikation aufgrund politischer Unruhen ab. Obwohl fertig gestellt wurde aber wurde klar, dass Albanien als Auslandsmarkt nahezu unkalkulierbar ist.

Die Beispiele zeigen, Risiken gibt es nicht nur auf interkultureller Ebene. Dass Araber nur mit Chefs verhandeln und Dependancen im Zielland zwingend sind, Websites möglichst in Landessprache übersetzt sein sollten und Delegationsreisen gute Kontakte liefern, ist bekannt. Auch dass die Bürogröße für Auslandsgeschäfte 20 Mitarbeiter nicht unterschreiten soll, bestätigt sich beim Blick auf international aktive Büros. Doch das sind derzeit alles Randplätze. Solange die Krise tobt, gilt es, bestehende Kontakte zu pflegen. Damit man in ein, zwei Jahren, wenn sich die Weltkonjunktur erholt hat, "erneut durchstarten kann", wie nicht nur Christian Grayer hofft.

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