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Wie viel Wasser enthält eigentlich gebrannter Gips?

(25.4.2009) Gips wurde bereits in der Antike als Baumaterial verwendet. Heute findet sich Gips, in der Bauchemie meist „Dihydrat“ genannt, auf so gut wie jeder Baustelle als Bindemittel in Putz, Estrich und/oder Spachtelmassen.

  • Gips ist ein wasserhaltiges Calciumsulfat (CaSO₄•2H₂O).
  • In verschiedenen Brennverfahren wird ihm ein Teil des Kristallwassers entzogen, so entsteht gebrannter Gips oder Halbhydrat (CaSO₄•½H₂O).
  • Dieser nimmt beim Anrühren mit Wasser das verlorene Kristallwasser wieder auf und bindet dabei ab.

Die Struktur und der exakte Wassergehalt des Halbhydrats sorg(t)en bis heute für Spekulationen unter Wissenschaftlern. Michael F. Bräu (BASF Construction Chemicals GmbH) und Horst Weiss (BASF SE) wollen das Rätselraten nun beendet haben: Mit Einkristallstrukturanalysen konnten sie wohl die Struktur knacken, ein Strukturmodell aufstellen und dieses durch Computerberechnungen untermauern. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, enthält das Halbhydrat in der Tat pro Formeleinheit genau ein halbes Wassermolekül - fest an das Calciumsulfatgerüst koordiniert.


Weltweit ist Halbhydrat die in der größten Menge hergestellte anorganische Verbindung, daher sind die Struktur und der Wassergehalt von besonderem wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interesse. Bereits 1933 wurde ein erstes, bis heute gültiges Strukturmodell vorgeschlagen. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von verfeinerten Modellen. Die Calciumsulfat-Basisstruktur wird damit gut wiedergegeben. Uneinig war man sich bisher jedoch, ob die Wassermoleküle in der Struktur ebenfalls eine definierte Anordnung haben - und wenn ja, wie diese aussieht.

Zur Klärung solcher Fragen sind Strukturanalysen notwendig, die auf Röntgenbeugungsexperimenten an Einkristallen ausreichender Größe und Qualität beruhen: Die Atome eines Kristalls lenken eingestrahlte Röntgenstrahlen ab. Aus dem erzielten charakteristischen Beugungsmuster lassen sich die Positionen der einzelnen Atome in einem Kristall errechnen. Dies gestaltete sich im Fall der Gipskristalle bisher allerdings sehr schwierig. Bräu und Weiss waren nun offensichtlich erfolgreich. Mit Tricks und Kniffen soll es ihnen gelungen sein, die Beugungsmuster auszuwerten und mit ihren Computerberechnungen zu einem plausiblen Strukturmodell zusammenzuführen. Die Ausrichtungen der einzelnen Wassermoleküle und ihre Abstände untereinander belegen, dass sie in keinerlei gegenseitiger Wechselwirkung stehen, sondern an das Calciumsulfatgitter gebunden sind. Sie sind bereits so eng angeordnet, dass sich keine weiteren Wassermoleküle in die Kanälchen der Basisstruktur einfügen lassen. Kristallvarianten mit einem Anteil an Kristallwasser oberhalb von 0,5 pro Formeleinheit erscheinen daher als sehr unwahrscheinlich.

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