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Gütesiegel für nachhaltiges Bauen

<!---->(22.6.2008) Als Höhepunkt der diesjährigen Consense präsentierte das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) das neue deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen. Entwickelt wurde das Qualitätszeichen, das Anfang 2009 auf den Markt kommen soll, gemeinsam von der DGNB und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Es ist für den nationalen wie internationalen Markt gedacht und bewertet Gebäude unter dem Blickwinkel des nachhaltigen Bauens mit einer Note. "Das Ziel ist ein hohes Maß an Transparenz für Bauherren und Nutzer", beschreibt Anna Braune, Geschäftsstellenleiterin der DGNB (Bild rechts): "Deshalb wird die Leistungsfähigkeit von Gebäuden in den verschiedenen Kategorien wie Ökologie, Ökonomie oder technische Qualität einzeln prämiert."

Das Zertifikat ist für Bauwerke jeder Art ausgelegt, vom Bürohochhaus über Einfamilienhäuser bis hin zu Infrastrukturbauten wie Tunnel und Brücken. Diese breite Basis soll eine Vergleichbarkeit der Bauleistungen schaffen, wie sie es selbst das weit verbreitete amerikanische System zur Bewertung nachhaltigen Bauens nicht bietet, betont Rechtsanwalt Werner Dorß von der Kanzlei FPS Fritze Paul Seelig in Frankfurt, die zu den DGNB-Gründungsmitgliedern gehört.

Das "Deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen", das den Marktteilnehmern nach einer mehrmonatigen Testphase voraussichtlich ab Anfang 2009 zur Verfügung stehen wird, bietet drei Qualitätsstufen:

  • Bronze,
  • Silber und
  • Gold.

In die Gesamtbewertung fließen verschiedene Segmente mit ein. Dies sind unter anderem alle Punkte, ...

  • die Einfluss auf den wirtschaftlichen Wert einer Immobilie haben,
  • sämtliche Aspekte der Umweltverträglichkeit,
  • die Güte der ingenieurtechnischen Bauausführung sowie
  • sozio-kulturelle Elemente wie die Behaglichkeit und Wohlfühlfaktoren.

"Was nützt der perfekte Bau, wenn sich die Menschen, die hier arbeiten oder leben, nicht wohlfühlen, weil sie Fenster nicht öffnen können und sich daher eingesperrt fühlen", beschreibt Dorß die Relevanz der eher weichen Faktoren.

Bereits um die unterste Zertifizierungsstufe zu erreichen, müssen Gebäude deutlich mehr als die gesetzlichen Standards erfüllen. Vor allem in den gesetzlich nicht normierten Bereichen schafft das Zertifikat damit einheitliche Vorgaben. Silber bedeutet noch höhere Anforderungen. Und ein mit Gold zertifiziertes Gebäude bewegt sich klar oberhalb der gesetzlichen Standards. Die zu erfüllenden Kriterien legen Bauherren und Investoren bereits im Vorfeld mit den Zertifizierungsstellen fest. Während der Bauphase erfolgt eine kontinuierliche Beobachtung. Abweichungen werden festgehalten und müssen - soll die angestrebte Zertifikatsstufe erreicht werden - nachgebessert werden.

"Das Qualitätsmanagement beginnt künftig noch stärker als heute bei der Vertragsgestaltung für die einzelnen Gewerke", erklärt Dorß, "hier muss klar verankert werden, welche Baustoffe nicht verwendet werden dürfen, wie sie zusammengefügt sein müssen und was passiert, wenn es zu Abweichungen kommt." Solche Mühen und die mit ihr verbundenen Kosten in Höhe eines einstelligen Prozentbetrages der Bausumme lohnt die Zertifizierung mit handfesten wirtschaftlichen Vorteilen. Den Investoren winken im Gegenzug zum Beispiel ...

  • eine schnellere Vermarktbarkeit,
  • geringere Leerstände,
  • höhere Mieten,
  • wesentlich geringere Energiekosten und
  • vor allem ein nachhaltiger Wertbestand.

"Die Idee des Zertifikats für Immobilien ist nicht neu, wobei in Deutschland vor allem das amerikanische LEED-System und der Leitfaden für nachhaltiges Bauen des Bundes bekannt sind", erläutert Dorß. Als Qualitätssiegel der zweiten Generation soll das DGNB-Zertifikat allerdings einige Schwächen überwinden, die anderen Gütesiegeln alleine schon deshalb anhaften, weil sie den Diskussionsstand von vor zehn Jahren verkörpern. So können beispielsweise beim deutschen Zertifikat Schwächen in einem Segment nicht durch besondere Stärken in einem anderen Segment kompensiert werden. Außerdem berücksichtigt das DGNB-Zertifikat im Gegensatz zu anderen Zertifikaten regionale Besonderheiten und Baustoffe und kann daher weltweit eingesetzt werden. "In 1.500 Metern Höhe in den Alpen gelten halt andere Bedingungen als an der Nordseeküste", attestiert Dorß, "und in Grönland bilden andere Punkte den Vergleichsmaßstab für Bauten als in China." Hier alles über einen Kamm zu scheren, werde dem Anliegen der Vergleichbarkeit nicht wirklich gerecht.

Trotz seiner technischen Kompetenz musste Deutschland länger als einige andere Länder auf ein solches Zertifikat warten. Das ist auch eine Folge der Komplexität der Materie. "Heute spielen nicht nur Planung und Betrieb einer Immobilie eine Rolle", weiß Dorß aus seiner energierechtlichen Beratungspraxis für die Kanzlei FPS Fritze Paul Seelig, "in mindestens gleichem Maß muss schon frühzeitig ein Gesamtenergiekonzept für die Immobilien entwickelt werden." Das beginne bei der Ausrichtung des Gebäudes zur optimalen Nutzung der Sonne und ende längst nicht bei der Nutzung von Stützpfeilern für Geothermiesonden - und das alles eingebunden in einen komplizierten rechtlichen Rahmen.

"Da es sich um ein freiwilliges Qualitätssiegel handelt, kommt es für den Erfolg und die Anerkennung auf einer breiten Basis jetzt entscheidend darauf an, dass sich bedeutende Marktteilnehmer für das zukunftsweisende DGNB-Zertifikat entscheiden", betont Dorß. Immerhin können durch die Zertifizierung in den kommenden Jahren 10.000 bis 15.000 neue Arbeitsplätze entstehen, schätzen die Beteiligten. Die Strukturen sind dabei mittelstandsfreundlich ausgelegt, denn vor allem Freiberufler sollen von den neuen Möglichkeiten profitieren.

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