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erforscht: dekorative Mängel bei eloxierten Aluminiumfassaden

(10.6.2008) Im Fassadenbau und in der Architektur führen Farbabweichungen bei eloxierten Aluminium-Oberflächen immer häufiger zu Streitfällen mit erheblichen finanziellen Konsequenzen für die betreffenden Parteien. Die Ursachen für diese dekorativen Mangelerscheinungen sind komplex und können bei einer Abnahme am Bau mangels objektiver Mess- und Prüfkriterien Preisnachlässe in beträchtlicher Höhe zur Folge haben. Betroffen hierbei sind Materialhersteller (Gießer), Walz- und Strangpresswerke, Eloxalbetriebe, Metallbauunternehmen und Architekten. Dabei können verschiedene Aluminium-Profile, Bleche oder Bauteile optisch unterschiedlich erscheinen, oder es kann innerhalb eines Elements ein "Streifenmuster" vorliegen. Gerade mit der zunehmenden Verwendung von Aluminium kommt es in jüngster Zeit bezüglich der "Streifigkeit" von vorwiegend auf "Naturton" eloxierten Aluminiumoberflächen häufiger zu Reklamationen.


Dieses und die folgenden Bilder zeigen Beispiele aus der Praxis, in denen optische Beeinträchtigungen in Form von Hell-Dunkel-Unterschieden beanstandet wurden.

In einem AiF-Projekt wurden vom Forschungsinstitut Edelmetalle & Metallchemie zunächst die Ursachen für die visuellen Unterschiede mittels Mikrostrukturanalytik und Farbmessung aufgeklärt, beschrieben und zusammengefasst. Basierend auf diesen Ergebnissen sollen in der Folge Fertigungstoleranzen und Verfahrensgrenzen genauer definiert und eingegrenzt werden. Das Projekt verspricht letztlich für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Grundlage für längst fällige notwendige Richtlinien und Farbtoleranzwerte im Architekturbereich. Dazu gehören auch die Einführung und die Standardisierung von Prüfbestimmungen und die Qualitätssicherung auf nationaler und europäischer Ebene.

Beispielsweise beim dem Projekt im ersten Foto oben haben unabhängige Sachverständige festgestellt, dass es sich hierbei um eine deutlich sichtbare optische Mangelerscheinung handelt, die nach dem heutigen "Stand der Technik" im Fassadenbau als außerordentlich groß zu bezeichnen sei. Trotzdem waren die Unterschiede in der Hell-Dunkel-Erscheinung vor dem Einbau der Elemente nicht erkannt worden. Zudem genügte dem ausführenden Architekten das Ergebnis nach Einbau der Elemente nach den "Regeln der Technik" durchaus.

Die Sachverständigen stellten fest, dass rein funktional gesehen, die eloxierten Aluminium-Bleche einwandfrei waren. So waren die gemessenen Schichtdicken der Eloxalschichten größer als 20 µm und auch die Scheinleitwerte entsprachen den empfohlenen Grenzwerten, wie sie in den einschlägigen Normen gefordert werden. Trotzdem hätten in diesem Fall die Farbunterschiede - wenn auch nur schwer - schon im Eloxalwerk nach dem Anodisieren erkannt werden müssen, spätestens jedoch aber auf der Baustelle vor dem Einbau der Elemente.

Hier zeigt sich, dass visuelle Unterschiede und Farbnuancen aufgrund einer nicht ausreichenden Qualitätssicherung häufig nicht bzw. erst zu spät registriert werden. Gleichwohl sind nach den einschlägigen Normen zu diesem Sachverhalt leichte Farbtonunterschiede in "gewissen Rahmen" nicht zu vermeiden und deshalb auch zu tolerieren, solange sie auf material- und verfahrensbedingte zulässige Streuungen zurückzuführen sind. Bislang sind somit die Bewertungskriterien gem. einschlägiger DIN-Normen, sowie die Richtlinien für zulässige Farbtoleranzen für eloxierte Aluminiumoberflächen im Architekturbereich bei weitem nicht ausreichend.

Lösungsweg

Eloxiertes Aluminium hat metallischen Glanz und Farbe. Dekorative Mängel von eloxiertem Aluminium werden letztlich durch Ungleichmäßigkeiten in der Farbsättigung und im Glanz bestimmt. Der bestimmende Faktor für die Farbe und den Glanz wiederum ist die Oberflächenrauheit des Aluminiums. Dekorative Mängel können somit hauptsächlich auf eine ungleichmäßige Rauheit der Aluminiumoberfläche zurückgeführt werden.

Entscheidende Fragen in diesem Projekt waren somit, wodurch die Rauheit der eloxierten Aluminiumoberfläche bestimmt wird und wodurch Uneinheitlichkeiten in der Rauheit verursacht wurden. Um diese Fragen beantworten zu können, wurden die einzelnen Fertigungsschritte bis zur eloxierten Aluminiumoberfläche zusammengetragen und ihr Einfluss auf die resultierende Rauheit bewertet. Hierzu wurde das praktische Beispiel von stranggepressten Aluminium-Profilen betrachtet. Es wurden Proben aus der Produktion (bei Fertigungsschwankungen) entnommen und untersucht. Daneben wurden die wesentlichen Fertigungsschritte und ihr Einfluss auf die Rauheit in Modellversuchen studiert.

Neben der Rauheit der Aluminiumoberfläche sollte auch die Art der Eloxalschicht (Verunreinigungen, Dicke, Porösität) einen Einfluss auf die optische Erscheinung haben. Deshalb wurde zusätzlich der Einfluss verschiedener Bedingungen beim Eloxieren auf die Farbe und den Glanz untersucht.

In dem Projekt wurden Farbmessungen und mikrostrukturelle Untersuchungen korreliert. Die Farbmessung wurden dabei auf die Anwendbarkeit zur Ermittlung von optischen Ungleichmäßigkeiten erprobt. Zur mikrostrukturellen Charakterisierung wurden vor allem die qualitative Phasenanalyse und die Texturanalyse mittels Röntgendiffraktometrie (XRD) sowie die Einzeltexturanalyse durch EBSD-(Electron backscatter diffraction-)Untersuchungen im Rasterelektronen-Mikroskop (REM) durchgeführt. Zusätzlich wurden die Korngrößen und die Gefügezusammensetzung durch REM-Aufnahmen und EDX (Energy dispersive X-ray) Mappings festgestellt.

Zusammenfassung

In dem durchgeführten Projekt wurden die Ursachen von dekorativen Mängeln bei eloxierten Aluminiumoberflächen mit Hilfe von Mikrostrukturuntersuchungen und der Farbmetrik untersucht. Optische Mängel sind optische Ungleichmäßigkeiten von zwei Bauteilen oder innerhalb eines Bauteils ("Streifigkeit"). In dem Projekt konnte folgendes gezeigt werden:

  • Optischen Ungleichmäßigkeiten können mit Hilfe von Farb- und Glanzmessungen ermittelt werden. Für die Feststellung von "Streifigkeit" sind die benutzten Verfahren wenig geeignet, da sie über einen zu großen Probenbereich mitteln.
  • Optische Ungleichmäßigkeiten sind auf Unterschiede in der Qualität der Eloxalschicht und im Grad der Aufrauung der Aluminiumoberfläche zurückzuführen.
  • Der Grad der Aufrauung wird durch das Beizen der Aluminiumoberfläche vor dem Eloxieren festgelegt. Allerdings wird er auch durch die Mikrostruktur der Aluminiumoberfläche bestimmt. Hierbei ist vor allem die Textur des Aluminiums entscheidend.
  • Eine ungleiche Textur von mehreren Bauteilen kann zu unterschiedlichem visuellen Erscheinen der Bauteile führen.  Das Problem kann letztendlich auf Unterschiede in der Legierungszusammensetzung der Bauteile zurückgeführt werden. Eine ungleichmäßige Textur auf einem Bauteil, die Streifigkeit bewirken kann, entsteht dagegen wahrscheinlich während der mechanischen Bearbeitung (während des Pressens) des Bauteils.

Mittels der erzielten Ergebnisse können sowohl Materialhersteller als auch Eloxalbetriebe Spezifikationen entwickeln, die zu einer erheblichen Qualitätsverbesserung führen. Das durchgeführte Forschungsvorhaben bildete für die genannten Branchen die Grundlage für dringend notwendige Richtlinien bei der Beurteilung von eloxierten Aluminiumoberflächen. Dazu gehört auch die Einführung und Standardisierung von Prüfbestimmungen und die Qualitätssicherung auf nationaler und europäischer Ebene.


Einige der wesentlichen Erkenntnisse dieses Projektes sind:

  • Die Farb- und Glanzmessung sind geeignete Verfahren für die Qualitätskontrolle um zu vermeiden, dass es zur späteren Bemängelung von optischen Ungleichmäßigkeiten bei eloxierten Aluminiumoberflächen kommt. Für die Feststellung von "Streifigkeit" auf eloxierten Aluminiumoberflächen mitteln die Verfahren allerdings zu stark.
  • Es empfiehlt sich, Messungen mit und ohne Glanz durchzuführen. Der SPIN Wert liefert Information über die Farbe, der SPEX Wert über die Erscheinung. Betrachtet man beides, so kann man feststellen, ob die ggf. vorliegende Abweichung durch Farb- oder/und Glanzänderungen begründet sind. Da jedoch zusätzlich noch der Glanzgrad separat gemessen wird, genügt in diesem Fall der SPIN Wert alleine.
  • Mehrwinkelmessgeräte sollte man dann einsetzen, wenn eine Farbänderung bei Betrachtung unter verschiedenen Winkeln auftritt. Metalle (Alu, Gold, Silber,…) nehmen bei der "Farbdiskussion" eine Sonderrolle ein, da man nicht wirklich von Körperfarben sprechen kann, bedingt durch die vergleichsweise geringe Farb- und die hohe Glanzreflektion. In der Regel setzt man d/8-Geräte zum Messen o.g. Prüflinge ein, insbesondere auch beim Messen von eloxierten Teilen.
  • Die Ursache von visuellen Unterschieden von eloxierten Aluminiumoberflächen sind Unterschiede in der Qualität der Eloxalschicht oder/und in der Rauheit. Die Rauheit wiederum wird durch das aufrauende Verfahren - das Beizen - eingestellt, wird aber auch maßgeblich durch die Mikrostruktur und hier vor allem durch die Textur im Aluminium bestimmt.
  • Es wurde festgestellt, dass Unterschiede in der Textur von verschiedenen eloxierten Aluminiumprofilen oder -blechen ursächlich auf Unterschiede in der Legierungszusammensetzung der verschiedenen Profile oder Bleche zurückzuführen sind. Während die Streifigkeit von Profilen oder Blechen - die ebenfalls auf eine ungleichmäßige Textur innerhalb des Profils bzw. des Blechs zurückzuführen ist - vermutlich bei ungleichmäßiger mechanischer Bearbeitung ("Presswerkzeug") entsteht.

Um optische Mängel bei eloxierten Aluminiumoberflächen zu vermeiden, ist es deshalb wichtig ...

  1. konstante Parameter beim Eloxieren und Verdichten einzuhalten (nur eine Eloxalfirma auszuwählen),
  2. konstante Parameter beim Beizen (vor allem gleiche Beizzeiten) einzuhalten sowie
  3. sicherzustellen, dass die Textur von verschiedenen Aluminiumprofilen und -blechen gleich ist bzw. auch innerhalb der Bleche gleich ist.

Dem dritten Punkt gerecht zu werden, stellt sicherlich die größte Herausforderung für die Praxis dar. Letztendlich ist es bereits aus der praktischen Erfahrung heraus oder z.T. auch aus der Literatur bekannt, wie wichtig die gleichmäßige Fertigung ist, um visuelle Ungleichmäßigkeiten zu vermieden. Es ist auch nahe liegend, dass die Mikrostruktur (vor allem das Gefüge und die Textur) bei den verschiedenen Fertigungsschritten, verändert wird. Bei der Fertigung von eloxierten Aluminium-Profilen und -Blechen (Bild unten) wird deshalb bereits maßgeblich darauf geachtet, möglichst gleiche Fertigungsschritte durchzuführen.


Allerdings konnte auch festgestellt werden, dass leichte Fertigungsschwankungen keinen entscheidenden Einfluss auf die Mikrostruktur und letztendlich auf die optische Erscheinung der Profile haben. Denn in dem ganzen Projektjahr habe die Firma Gutmann keine Profile mit stark unterschiedlichem optischen Erscheinen oder starker Streifigkeit liefern können, was sicherlich auf ein bereits sehr ausgereiftes Fertigungsverfahren zurückzuführen ist.

Die Legierungszusammensetzung ist am meisten schuld

Dass die Legierungszusammensetzung einen entscheidenden Einfluss auf die optische Erscheinung hat, ist eine der wesentlichen Erkenntnisse, die dieses Projekt geliefert hat. Zwar gibt es bereits Toleranzen, die in der Legierungszusammensetzung eingehalten werden müssen. Diese scheinen aber nach den neuen Erkenntnissen zu breit gesteckt zu sein.

In dem Projekt konnte leider nicht im Detail geprüft werden, wie sich die jetzigen Toleranzen bei der Legierungszusammensetzung letztlich auf die optischen Eigenschaften auswirken. Durch die Ergebnisse lässt sich aber vermuten, dass der Einfluss der Legierungszusammensetzung höher als angenommen ist, und dass die Toleranzen enger gefasst werden müssen. Es scheint zudem sinnvoll zu sein, Fertigungsschritte und eine Legierungszusammensetzung zu wählen, die einen geringen Anteil von Kristalliten mit Würfeltextur bewirken, da offensichtlich gerade die Würfeltextur schnell zu optischen Ungleichmäßigkeiten führt.

Dieses Projekt wurde aus Mitteln des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie über die Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen AIF e.V. unter der Nummer 15013N gefördert.

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