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Vorgehängtes Fassadensystem in der U-Bahn

(23.4.2008) Auf drei U-Bahn-Strecken und mehr als 120 Bus-Linien befördert die Hamburger Hochbahn AG täglich ca. 1 Million Fahrgäste und ist damit Deutschlands zweitgrößtes Nahverkehrsunternehmen. Die ständige Erweiterung des vor über 100 Jahren begonnenen Ausbaus des U-Bahn-Streckennetzes spiegelt sich u.a. in der Architektur seiner Haltestellen wider: jede Epoche schuf ihren eigenen Baustil; der jeweilige technische Standard und die zeitübliche Materialität ordnen sie ein. Das gilt auch für die Sanierung der unterirdischen U-Bahn-Haltestelle Wartenau (siehe auch Google-Maps):

Die Station Wartenau entstand 1961 im Zuge der Erweiterung der U-Bahn-Linie U1 im Osten der Hamburger City. Wie bei vielen Bauten aus dieser Zeit wurden auch die Tunnelwände hinter den Gleisanlagen mit kleinformatigen, glasierten Fliesen bekleidet - einer Technik, die den ständigen Erschütterungen und damit unvermeidlichen Rissebildungen nicht gewachsen war; großflächige Ablösungen und Abplatzungen waren die Folge.

Neben den gestalterischen Vorstellungen, die von dem Architektur- und Ingenieurbüro der Hamburger Hochbahn AG formuliert worden waren, hatte die neue Fassadenbekleidung folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  • das Material darf nicht brennbar sein;
  • die Oberfläche soll sich gut reinigen lassen und auch Graffitis müssen rückstandslos entfernt werden können, und
  • die Bekleidung sollte durch eine große Form- und Farbvielfalt die Umsetzung einer hohen Gestaltqualität erlauben.

Das von den Planern ausgewählte System der vorgehängten hinterlüfteten Longoton-Ziegelfassade der Moeding Keramikfassaden GmbH erfüllte diese Materialanforderungen. Die systemspezifisch kurzen Montagezeiten ergaben sich als weitere wichtige Voraussetzung, da nämlich die Arbeiten im Gleisbereich ausschließlich in den etwa 4-stündigen nächtlichen Betriebspausen der U-Bahn erledigt werden mussten. Und noch etwas passte ins Konzept: Der Schriftzug "Wartenau" und auch das Nichtraucher-Piktogramm wurden in einem speziellen Verfahren des Herstellers in die Plattenoberflächen einglasiert, gleichermaßen resistent wie die übrigen Glasuren.

Die 1925 mm langen und 200 mm hohen Longoton-Ziegelplatten wurden an senkrechten, über die gesamte Höhe der Wand gespannten Tragprofilen liegend montiert (siehe PDF-Datei mit Detailzeichnugnen). Bauwerksfugen ließen sich auf diese Weise elegant überbauen, ebenso auch vorhandene, teilweise schadhafte Fliesenflächen, ohne diese zuvor in Gänze abschlagen zu müssen. Und schließlich sind so, dank der flexiblen Befestigung der Ziegelplatten an den Tragprofilen, Zwangskräfte auszuschließen, so dass Rissebildungen durch Erschütterungen oder Bauwerkssetzungen sicher vermieden werden. Für eine Revision der eigentlichen Tunnelwände können die Ziegelplatten jederzeit zerstörungsfrei demontiert werden.

Strenges Fugenraster kontrastiert mit lebhaftem Farbspiel

Ein eigenständiges Gesicht wünschten sich die Planer für die Neugestaltung der Haltestelle Wartenau mit modernen Produkten und moderner Technik als Ausdruck progressiver Unternehmenskultur. Die langgestreckten Großformate des Longoton-Systems boten sich an, und die nach dem Wunsch der Architekten individuell herzustellende Farbgebung der Ziegelplatten erhöhte deren Reiz. Das Ergebnis: horizontal montierte Platten von knapp 2 m Länge in fünf verschiedenen glasierten Rottönen. Das durchgehende Fugenraster in Verbindung mit dem einheitlichen Plattenmaß zwingen die neue Tunnelwandbekleidung in eine strenge Ordnung und Richtung, deutlich kontrastiert von der vermeintlich willkürlichen Anordnung der unterschiedlichen Rottöne. Immer wieder gebändigt wird diese Dynamik durch oberflächenbündig in die vorgehängte Fassade integrierte Werbe- und Informationsflächen, deren Abstand zueinander gleichzeitig das Raster der Ziegelplatten bestimmt.


Den Höhenausgleich dieser Flächen bilden, jeweils am unteren und oberen Rand, einige Reihen einheitlich grau glasierter Ziegelplatten. So fügen sich die Werbeträger als Teil der Ziegelfassade in die Fläche ein, grenzen sich aber dennoch dezidiert zu den rotbunt gemischten Wandflächen ab.

Deutlich ablesbar stellt sich die neue Longoton-Ziegelfasade als vorgehängtes System dar. Um diesen Eindruck zu unterstreichen, wurde die neue Bekleidung dann auch nicht boden- und deckenbündig ausgebildet. Vielmehr wurden die sichtbaren alten Wandflächen in den Übergangsbereichen geschwärzt, sodass die neue Bekleidung als eigenständiges Element vor der Tunnelwand zu "schweben" scheint.

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