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Integrierte Stahlfassade zum Heizen und Kühlen für die BMW Welt

(20.9.2007) Die Wiener Architekten von Coop Himmelb(l)au haben für die BMW Welt in München eine komplexe Gebäudeform entworfen, die an die Fassade völlig neue Anforderungen stellt. Jedes Fassadenelement ist ein Unikat, das die Josef Gartner GmbH im bayerischen Gundelfingen in dreidimensionaler Bauweise sowie mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Glasmaßen und Bauteilen gefertigt hat. Die Stahlfassade fungiert zugleich als energieeffiziente Heizung und Kühlung. Die Stahlhohlprofile führen dazu Wasser, das erwärmt oder gekühlt werden kann. Selbst in unmittelbarer Nähe der Glaswände erzeugt die Heizfassade so angenehme Temperaturen.


Computerbild - © Bilder und Fotos auf dieser Seite: BMW AG

Im August 2003 begann BMW mit dem Bau der BMW Welt, die zwischen dem Münchner Olympiapark und der Konzernzentrale von BMW entsteht (siehe auch Bing-Maps und/oder Google-Maps). Zur BMW Welt gehören außer dem Auslieferungszentrum noch ein hochmodernes Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum sowie verschiedene Restaurants. BMW investierte über 100 Millionen Euro und will 200 neue Arbeitsplätze schaffen. Nach Eröffnung rechnet man mit einem jährlichen Besuch von circa 800.000 Besuchern.


der ganze Schnitt: Teil [1] und [2]

Das nach den Plänen der Wiener Architekten von Coop Himmelb(l)au konstruierte Gebäude beeindruckt vor allem durch einen Doppelkegel aus Glas und Stahl, aus dem das Dach wie eine Wolke entspringt, die sich über das Gebäude erhebt. Dieses Gebäudeteil ist die Hauptstütze der wolkenähnlichen 16.000 m² großen Dachkonstruktion, die mit einer Photovoltaikanlage von rund 6.300 m² Fläche auch zur Energiegewinnung genutzt wird. Nur von dem Doppelkegel und elf Pendelstützen gehalten, scheint diese "Dachwolke" förmlich zu schweben.

Das gesamte Gebäude ist circa 180 Meter lang, bis zu 130 Meter breit und 28 Meter hoch. Auch die Fassade des an den Doppelkegel anschließenden Gebäudeteils ist aus Stahl und Glas und unterstreicht dadurch die Transparenz und Leichtigkeit der kühn geschwungenen Gesamtkonstruktion.

Bis auf die Stahlrohlinge hat Fassadenbauer Gartner die gesamte Fassade in Gundelfingen an der Donau entwickelt und gefertigt. Die außergewöhnliche Form des Gebäudes stellte besondere Ansprüche an die Geometrie und Passgenauigkeit der Fassadenelemente, die in allen Gebäudebereichen dreidimensional konstruiert wurden. Allein für den Doppelkegel wurden 900 verschiedene Glaselemente gefertigt.


Auch bei der 15.000 Quadratmeter großen Deckenkonstruktion mit rund 5.000 Lochblechen aus Edelstahl gleicht kein Blech dem anderen. Die komplette Stahlfassade ist als Integrierte Fassade System Gartner zum Heizen und Kühlen ausgelegt. Die Stahlhohlprofile führen Wasser, das erwärmt oder gekühlt werden kann. In den geschweißten Stahlprofilen sind außerdem Sprinklerleitungen sowie RWA-Kabel integriert. Die Integrierte Fassade, die Gartner 1968 erfunden und seither stetig weiterentwickelt hat, funktioniert wie eine Warmwasserheizung. Bei der BMW Welt wird sie als Zusatzheizung eingesetzt, die eine kleinere Dimensionierung der Heizanlage ermöglicht. Vor allem verhindert die Heizfassade einen Kaltluftabfall an den hohen Glaswänden und sorgt so für Behaglichkeit. Am gläsernen Dach bildet sich kein Kondenswasser, und im Sommer wird die Fassade zur Kühlwand, die eine Aufheizung der Raumluft verhindert. Selbst in unmittelbarer Nähe zur Glasfassade entstehen angenehme Temperaturen.

Mit Hilfe von Schablonen hat Gartner die Raumstruktur der Fassade des Doppelkegels in der Werkstatt aufgebaut und vormontiert. Mit Sondertransporten wurden die Elemente dann nachts an die Baustelle in München gefahren. Vom LKW wurden sie anschließend abgehoben und direkt an die vorgesehene Stelle der Fassade montiert.

Der Doppelkegel hat an der Basis einen Durchmesser von 35 m. Die Konstruktion verjüngt sich dann bis zur Einschnürung in einer Höhe von 12 m auf circa 18 m Durchmesser und geht dann nach oben hin wieder auf rund 44 m Durchmesser auseinander. Dort endet die Konstruktion dann in einem durchgehenden Ringträger, bevor der Übergang ins Regeldach stattfindet. Die Außenhülle des Doppelkegels besteht zu großen Teilen aus Glas. Die Fläche der Kegelfassade beträgt 2.839 m². Die Konstruktion besteht aus Dreiecksfeldern, welche der vom Architekten vorgegebenen Geometrie folgen. Die Seitenlänge der Gläser beträgt circa 5,5 Meter.

Die Horizontal- und Vertikalprofile bestehen aus Rechteckhohlprofilen mit den Maßen 300 x 100 mm, die Diagonalprofile haben die Maße 250 x 100 mm. Die Hohlprofile sind beheizt sowie mit innen liegenden Sprinklern und Leerrohren für die Beleuchtung versehen. Für die Verglasung im unteren Teil wird 8 mm starkes ESG mit Interpanes ipasol neutral 52/29, Designglas 16 mm SZR, 2 x 6 mm TVG in Optiwhite mit schwarzem Randsiebdruck eingesetzt. Im oberen Teil wird analog zum unteren Teil VSG gemäß Richtlinie für Überkopfverglasung außen eingesetzt. Teilweise ist vor der Verglasung des Doppelkegels ein Sonnenschutz im Abstand von 600 mm zu der Verglasung aus Edelstahllochblechen angeordnet.

Die Hauptfassade des an den Doppelkegel angrenzenden Gebäudeteils hat eine Größe von circa 5.500 m². Sie steht unten auf dem Boden, oben wird sie gleitend an der geschwungenen Dachkonstruktion befestigt. Von der Oberkante Rohboden bis zur Höhe des Knickriegels von 7,5 Metern sind die Fassaden nach innen um 10 Grad geneigt. Oberhalb des Knickriegels und bis zu einer Höhe von 25 m hängt die Fassade dann um 10 Grad nach außen über. Die Hauptfassade ist mit Interpane ipasol neutral 52/29 aus eisenoxydarmem Glas verglast, waagerecht mit Glasleisten gehalten, senkrecht mit Structural-Glazing. In der senkrechten Scheibenmitte ist zusätzlich ein Punkthalter angebracht. Eine innen liegende Sonnenschutz-Markise funktioniert als Gegenzuganlage mit einer Breite von 5 Metern und einer maximale Höhe von 17,5 Metern.

An verschiedenen Stellen der BMW Welt wurden Glasdächer angebracht: Im Gastrobereich, über der Lounge sowie im Bereich des Einschnitts, der als eine Wand aus Luft und Glas auch wichtige Brandschutzfunktionen erfüllt. Dort wurde ein circa 900 m² großes geneigtes Glasdach angebracht. Das Glasdach sitzt auf einer Kastenkonstruktion von 400 x 120 mm auf, welche bis zu 20 Meter frei zwischen den Gebäudeteilen spannt.

Die Glasdächer im Bereich Gastro und Lounge sind mit Stahlrechteckrohren, 200 x 100 mm, konstruiert und haben jeweils eine Neigung von 3 Grad. Das Dach der Lounge ist zudem mit Lüftungsflügeln versehen. Die Fassadenfläche des Glasdachs Gastro beträgt circa 520 m², die Fassadenfläche des Lounge-Daches 533 m². Als Glas für die Dächer Einschnitt, Gastro und Lounge wurde Sonnen-/Wärmeschutz-Isolierglas 52/29 verwendet, beim Glasdach Gastro zusätzlich mit Siebbedruckung. Die Loungefassade bildet den raumseitigen Abschluss der Lounge zur Halle bzw. nach außen. Diese wird als Pfosten-Riegelfassade mit einem Rastermaß von circa 2,9 Metern und einem Riegelachsmaß von 1,25 Metern ausgebildet.


Der elegante Bau der BMW Welt setzt zwischen dem Olympiagelände mit dem berühmten Zeltdach von Behnisch und dem Vierzylinder-Bau der BMW Zentrale einen spektakulären architektonischen Akzent (siehe auch Google-Maps). Zumal die schwebende Dachkonstruktion wie eine Referenz an das benachbarte Zeltdach erscheint. Dabei verkörpert die BMW Welt einen neuen Gebäudetypus. Ihre transparente und komplexe Glasfassade bringt mehr Licht in die Ausstellungsräume, öffnet das Gebäude zur Umgebung und wird selbst zum Kunstwerk. Vor allem gibt sie dem Gebäude ein unverwechselbares Gesicht und wird wesentlicher Teil des Brandings. Von Fassadenbauern erfordern solche außergewöhnlichen Gebäudeformen ein Höchstmaß an Präzision und Qualität. Und für die Glasarchitektur öffnet die BMW Welt neue gestalterische Möglichkeiten.

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