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Kemperol schützt Le Corbusiers Dachterrasse

(27.3.2007) Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart hat international Architekturgeschichte geschrieben. Für die Werkbundausstellung "Die Wohnung" (unter der künstlerischen Leitung von Mies van der Rohe) haben 1927 die bedeutendsten europäischen Architekten der klassischen Moderne ihre Ideen zum "Neuen Bauen" vorgestellt und vor allem in Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Funktionalität Maßstäbe gesetzt. Obwohl für eine Ausstellung konzipiert waren es keine temporären Ausstellungsbauten sondern dauerhafte Wohnhäuser, die im Rahmen des Bauprogramms der Stadt Stuttgart errichtet wurden. Das Doppelhaus in der Rathenaustraße 1-3, worum es hier geht (siehe auch Google-Maps), wurde 1927 von Le Corbusier und seinem Vetter Pierre Jeanneret für die Werkbundausstellung erbaut. Bauleiter war der Schweizer Alfred Roth.


Nach der denkmalgerechten Instandsetzung durch die Wüstenrot Stiftung von 2003-2005 eröffnete im Oktober 2006 das Weißenhof-Museum in Trägerschaft der Landeshauptstadt Stuttgart. Während in der rechten Haushälfte die Räume inklusive Farbgebung als "begehbares Exponat" in der Gestalt von 1927 wiederhergestellt wurden, dient die linke, wo die Struktur der Innenräume in der Vergangenheit massiv verändert worden ist, der allgemeinen Information über die Geschichte und Entstehung der Siedlung.

Konstruktiv plante Le Corbusier das Doppelhaus als Eisenbetonskelett, das die Decken und Treppen trägt und eine freie Gestaltung von Grundriss und Fassade ermöglichte. In seinen "Fünf Grundsätze für eine neue Architektur", postulierte Le Corbusier u.a. Gärten mit üppiger Vegetation auf Flachdächern zu errichten, um in der Stadt Freiflächen zu schaffen, die das Wohnklima verbessern. Der Dachgarten oder die Dachterrasse, die der Architekt selbst als "bevorzugtesten Ort des Hauses" bezeichnete, ist ein zentrales Element des Hauses von Le Corbusier. Sie bestand im Original aus großen Betonplatten, die auf einem Kiesuntergrund gegossen und mit Pflanztrögen bestückt waren. Zwischen die Plattenfugen war Rasen gesät.

Dachterrasse als zentrales Element

Anfang der 1980er Jahre, während der ersten Generalsanierung der gesamten Weißenhofsiedlung, war der Dachgarten, der auch das Flachdach des Gebäudes bildet, wärmetechnisch neu aufgebaut und deshalb die Brüstung erhöht worden. Aus statischen Gründen waren die Pflanztröge aus gegossenem Beton durch solche aus vorgefertigten Glasfaserzementteilen ersetzt worden.


Bei der aktuellen Sanierung wurde der gesamte Terrassenaufbau von 1984 entfernt und die Brüstungshöhe auf Originalmaß zurückgesetzt, was durch eine höherwertige, dünnere Dachisolierung möglich wurde. Die neuen Pflanztröge, Bodenplatten in den ursprünglichen Maßen, und die differenzierte Farbgestaltung wurden identisch an das Original von 1927 angepasst. Aus statischen Gründen kam es allerdings auch hier zum Ersatz der Betonplatten durch Faserbetonstegplatten, in die Leichtbauplatten integriert sind. Das originale Flugdach, das das Haus nach oben abschließt, wurde komplett durch eine neue Betonkonstruktion ersetzt, um eine ausreichende Tragfähigkeit zu gewährleisten (weitere Bilder: (1) und (2)).

Unsichtbare Kemperol-Abdichtung mit Putzstruktur

Der Dachgarten ist identisch mit dem Flachdach des Gebäudes und zum Schutz gegen Feuchtigkeit war eine langzeitsichere Abdichtung unverzichtbar. Die gesamte Dachterrasse sowie das Flugdach und zwei Treppenhäuser wurden mit dem Flüssigkunststoff Kemperol abgedichtet. Das Material wird flüssig verarbeitet und passt sich maßgeschneidert allen Untergrundgegebenheiten an. Die dauerelastische Abdichtung nimmt Bauwerksbewegungen auf und haftet vollflächig auf dem Untergrund, so dass Unterläufigkeit ausgeschlossen ist. Die Entscheidung pro Flüssigabdichtung fiel, da aus optischen Gründen an den Anschlüssen und Aufkantungen im Bereich der Brüstung keine sichtbaren Bleche zum Einsatz kommen durften.

Die Vorgabe war, die Abdichtung ohne sichtbare Vliesüberlappungen und ohne zusätzliche Hilfemittel zu verarbeiten, um die Einheitlichkeit der Fassade zu gewährleisten. Für die Handwerker vor Ort hieß dies, dass sie die gesamte Länge der Dachbrüstung, 40 Meter an einem Stück direkt von der Vliesrolle gearbeitet haben. Im Normalfall wird das Armierungsvlies in verarbeitungsgerechte handliche Stücke geschnitten, die sich im Randbereich überlappen. Nur in den Ecken waren einzelne Vliesüberlappungen erlaubt, die aber kaum sichtbar sind. Die Abdichtung sollte aussehen wie die verputzte Fassade. Um die homogene Optik einer Putzstruktur zu erzielen, wurde die noch feuchte Kemperol-Abdichtung mit Kemperdur Quarzsand abgestreut, der mit einer Arbeitspistole aufgebracht wurde.

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