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Ein-Euro-Kräfte als Konkurrenz im Garten- und Landschaftsbau

  • Staatliche Arbeitsmarkt-Maßnahmen bedrängen die grüne Branche

(27.12.2006) Langzeitarbeitslose sollen bessere Chancen auf eine Beschäftigung haben. Die aktuelle Arbeitsmarktpolitik verfolgt dieses Ziel unter anderem mit so genannten Ein-Euro-Jobs. Die intensive Nutzung dieser "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung", wie es im Gesetzestext heißt, bildet jedoch eine immer stärkere Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen. Der Präsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL), Hanns-Jürgen Redeker, zeigte jetzt auf: "Besonders hart trifft es den Garten- und Landschaftsbau. In einigen Regionen übersteigt die Zahl der Ein-Euro-Jobber, die im grünen Bereich arbeiten, bereits die Zahl der regulär Beschäftigten. Entlassungen in den vorwiegend mittelständischen Garten- und Landschaftsbau-Betrieben sind keine Seltenheit mehr."

Besonders in Nordrhein-Westfalen und in Ostdeutschland gibt es viele Arbeitslose, die für Ein-Euro-Jobs in Frage kommen. So meldete die sächsische Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit im Oktober 14.625 Anträge auf Ein-Euro-Jobs, die sich ganz oder teilweise auf Tätigkeiten im Garten- und Landschaftsbau beziehen. Dazu kamen nochmals 3.740 Anträge aus dem Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM). An Rhein und Ruhr hat der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westfalen e.V. (VGL) die entsprechenden Zahlen durch Besuche von 52 der 54 zuständigen Arbeitsgemeinschaften (ARGE) der Arbeitsagentur und der Kommunen ermittelt: Insgesamt 62.000 Ein-Euro-Kräfte arbeiten in NRW, davon 10.350 im Garten- und Landschaftsbau.

Ein-Euro-Jobs dürfen keine regulären Arbeitsplätze verdrängen

Während der Landesverband Sachsen mit den so genannten "Unbedenklichkeitsbescheinigungen" kontrollieren kann, ob der Einsatz der Ein-Euro-Kräfte rechtens ist, fehlen in anderen Regionen funktionierende Kontrollmöglichkeiten. Gesetzlich ist festgelegt, dass Ein-Euro-Jobs zusätzlich, gemeinnützig und im öffentlichen Interesse sein müssen. Sie dürfen keine regulären Arbeitsplätze verdrängen. Arbeiten wie zum Beispiel die Einrichtung von Spielplätzen und die Baumpflege sind Pflichtaufgaben der Städte - und damit ein Tabu für Ein-Euro-Kräfte. In der Praxis sieht es oft anders aus.

In NRW ist der Fachverband weder im Beirat der Jobcenter vertreten, der als Aufsichtsgremium fungiert, noch gibt es flächendeckend das System der Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Mit der Unbedenklichkeitsbescheinigung können Verbände ihre Zustimmung für einen Ein-Euro-Job geben oder aber sie verweigern. In Sachsen, wo dieses Prinzip flächendeckend praktiziert wird, hat der zuständige Landesverband von 14.625 Anträgen auf Ein-Euro-Jobs im Garten- und Landschaftsbau knapp fünf Prozent beziehungsweise 425 Anträge abgelehnt. In gut 80 Prozent der Fälle wurde der Ein-Euro-Job mit Einschränkung zugelassen, knapp 14 Prozent gingen ohne Einschränkung durch. Dass in über 80 Prozent der Fälle Einschränkungen vereinbart wurden, zeigt, wie massiv die staatlichen Arbeitsmarktmaßnahmen den privatwirtschaftlichen Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen Konkurrenz machen und reguläre Beschäftigung verdrängen.

Gemeinnützige Wettbewerber verschärfen das Problem

Verschärft wird die Situation in einigen Regionen durch Mitbewerber ohne Gewinnerzielungsabsicht, wie etwa karitative oder andere gemeinnützige Einrichtungen. Darüber hinaus entdecken Werkstätten für behinderte Menschen zunehmend die grüne Branche als Einsatzbereich. Die Arbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen NRW bestätigte im vergangenen Jahr, dass von den 52.000 beschäftigten Schwerbehinderten 2.500 in der Grünflächenpflege eingesetzt werden - Tendenz steigend, da viele der traditionellen Tätigkeiten, wie beispielsweise Montagearbeiten, nach Osteuropa und Asien verlagert werden.

Darüber hinaus übernehmen Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und die Bundeswehr zunehmend Arbeiten im Garten- und Landschaftsbau.

In diesem Zusammenhang betonte der BGL-Hauptgeschäftsführer, Dr. Hermann J. Kurth: "Wir wollen aufzeigen, welche massiven Probleme in der Branche entstehen und an die Gesellschaft appellieren, dass Ein-Euro-Kräfte auf alle Wirtschaftszweige verteilt werden. Es liegt uns fern, den karitativen Bereich zu diskreditieren.

Zahl der Ein-Euro-Kräfte begrenzen

Um den Missbrauch bei der Vergabe von Ein-Euro-Jobs einzudämmen und die Verdrängung in der Privatwirtschaft weitgehend zu vermeiden, fordert der BGL eine wirtschaftszweigorientierte Deckelung der Ein-Euro-Kräfte. Das heißt in der Praxis: Die Zahl der Ein-Euro-Jobber soll auf zehn Prozent der regulären Beschäftigungsverhältnisse begrenzt werden. Besonders in NRW würde dieses Vorgehen zu einer Entspannung der Situation beitragen. In der Stadt Düsseldorf gab es zum Stichtag 31. Dezember 2004 beispielsweise 182 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Garten- und Landschaftsbau, denen nach Recherchen des Landesverbandes 490 Gemeinwohlarbeitsplätze gegenüberstehen.

In Hamburg: Balance von arbeitsmarktpolitischen und privatwirtschaftlichen Interessen

Ein positives Beispiel für die geforderte Deckelung bietet Hamburg. Dort hatte der zuständige Landesverband vorgeschlagen, die Zahl der Ein-Euro-Jobs auf 300 zu begrenzen. Regulär sind in der Hansestadt rund 2.000 Menschen im Garten- und Landschaftsbau beschäftigt. Mit letztlich 327 Ein-Euro-Jobbern im grünen Bereich war die Belastung für die Branche 2005 tragbar. BGL-Hauptgeschäftsführer Dr. Hermann J. Kurth: "Dies ist für uns ein positives Beispiel und ein geeignetes Verfahren, um eine gesunde Balance zwischen arbeitsmarktpolitischen und privatwirtschaftlichen Interessen herzustellen."

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