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Moselschiefer: Mehlig auf der Zunge, hart auf dem Dach

(16.9.2005) Bauherren verlassen sich auf den guten Geschmack, Baufachleute zusätzlich auf den richtigen Biss. Denn wenn es um die Qualität von schimmerndem Dachschiefer geht, vertrauen Geologen nicht nur dem seidigen Glanz, sondern auch ihrem feinen Gaumen: Knirscht das Naturprodukt nicht zwischen den Zähnen, hält es in der Regel ein Dach Jahrzehnte dicht. Zu den Premium-Qualitäten gehört deutscher Moselschiefer - vor 400 Millionen Jahren von der Natur gemacht und beim geologischen Feldtest fein und mehlig auf der Zunge...


Schiefer gibt es von Nord- bis Südamerika, in Asien und Südafrika. Entstanden ist er durch die Faltung der Erdoberfläche. Vor allem in Europa schätzen Bauherren den Naturstein, weil er Häusern eine besondere Note gibt und hart im Nehmen ist: Kaum eine andere Dacheindeckung hält so lange, wie Schiefer. Allein in Deutschland werden inzwischen von dem Urgestein pro Jahr rund vier Millionen Quadratmeter verlegt - mehr als achtmal so viel wie noch vor 25 Jahren.

Als extrem langlebig gilt hochwertiger Moselschiefer aus der Eifel. Er erfüllt die hohen Anforderungen, die schnelle Temperaturwechsel und Schadstoffe in der Luft an Dachschiefer stellen. "Denn nur, wenn das Naturprodukt eine hohe Dichtigkeit aufweist, nicht porös ist, sich ausreichend biegt und nur kleine Mengen Wasser speichert, bietet es eine schützende Altdeutsche Deckung, Schiefer, Schieferdach, SchieferdeckungHaube für Generationen," betont der Schieferexperte Dr. Wolfgang Wagner. Für den Geologen ist es Erkenntnis auf den ersten Biss: "Schiefer muss frei sein von Fremdeinschüssen wie körnigen Schwefelkiesen oder Quarzeinlagerungen. Nur dann hält er den europäischen Klimaverhältnissen stand". Um das zu prüfen, nimmt der Fachmann ein kleines Schieferstückchen in den Mund, schiebt es mit der Zunge hin und her und kaut vorsichtig. Runtergeschluckt wird nichts, denn die Qualität stimmt nur, wenn kein Klümpchen zwischen den Zähnen knirscht. "Ich beiße nicht richtig rein, sondern zermahle den Schiefer. Dadurch kann ich feststellen, ob Quarzkörner übrig bleiben oder ob sich der Schiefer fein mehlig anfühlt", erklärt Dr. Wagner seinen Test, der kein Aprilscherz sondern unter Geologen gängige Praxis ist. "Natürlich", schmunzelt Wagner, der bei Deutschlands größtem Schieferlieferanten Rathscheck Schiefer für die Qualitätssicherung verantwortlich zeichnet, "ist der Gaumenversuch nur ein Feldtest und fordert viel Erfahrung. Aber Fakt ist: In fast allen Fällen kommt der anschließende große Labortest, bei dem der Schiefer zermahlen, mit Wasser geschlämmt und zum Schluss der Quarzgehalt in Sandkorngröße analysiert wird, zu ähnlichen Ergebnissen." Wagners Feldmethode ist schneller und trotzdem sehr genau. "Der Mensch ist im Mundraum besonders empfindlich. Ihn stört das Haar in der Suppe und der Kaffeesatz in der Tasse", schmunzelt der Geologe. Auf den ersten Biss erkennt Dr. Wagner deutschen Moselschiefer: "Er fühlt sich ebenmäßig an, ohne zu klumpen oder zu knirschen. Das sind Qualitätsmerkmale für gute Bearbeitung und hohe Lebensdauer."

Schiefer in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen, Hessen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Bremen, Brandenburg, Berlin,
Grafik aus der Meldung "Wo Deutschland Schiefer deckt" vom 15.1.2005

Mehr als 300 Meter unter der Erde wird in den Rathscheck Bergwerken Katzenberg und Margareta bei Mayen in der Eifel der Moselschiefer aus der Unter-Devon-Zeit abgebaut. Mit Testbohrungen und Suchgräben arbeiten sich die Bergleute in den insgesamt fast 30 Kilometer langen Stollen langsam vor, um in den Tiefen der Erde die richtige Stelle für eine Probeproduktion zu finden. "Die Lagerstätten mit besonders hochwertigem Moselschiefer reichen noch für Generationen", weiß Rathscheck-Geschäftsführer Ewald A. Hoppen. Sein größtes Augenmerk liegt, mit typisch deutscher Gründlichkeit, auf den Kontrollstufen bei Gewinnung und Vorspaltung sowie über Tage beim Sägen, Spalten und Zurichten. Denn anders als bei anderen Bodenschätzen müssen erfahrene Fachleute erst einmal Spaltfähigkeit, Bearbeitbarkeit und die Härte des Gesteins untersuchen. Von Hand getestet wird auch die Lochbarkeit, damit der ideale Rohstoff für den späteren Dachstein herausgefiltert wird.

Wolfgang Wagner achtet bei seinen Untersuchungen im firmeneigenen Labor außerdem auf eine hohe Haltbarkeit der Farbe. "Nur Schiefer, der wie unser Urgestein aus der Eifel bestimmte kristalline Strukturen nicht enthält, hat eine sehr hohe Farbbeständigkeit. Er oxidiert nicht, bleicht nicht aus und schimmert auf Dach und Fassade, je nach Sonneneinfall und Lichtbrechung, in lebendigen Farbtönen." Dieser feine Glanz gewinnt mit zunehmendem Alter noch an Patina.


 Bild aus dem Projektbericht "Wilde Schiefer-Deckung - Ästhetik pur" vom 21.3.2005

Langzeiterfahrungen zeigen, dass Umweltbelastungen durch sauren Regen, durch Schwefeldioxid, Kohlendioxid und Stickoxid dem Moselschiefer dank seines enormen Dichtigkeitsgrad nichts anhaben können. Allerdings ist Schieferqualität für den Laien nicht auf den ersten Blick erkennbar. Es gibt zwar zahlreiche Prüfmethoden, aber aus der verwirrenden Vielfalt einzelner Daten kann er kaum Rückschlüsse ziehen. Eine Klangprobe hilft nur unter fachlicher Anleitung mit ersten Anhaltspunkten weiter: Erzeugt Schiefer beim Abklopfen mit Metall einen hellen Ton, gilt er als gesund. Weil dies aber kein verlässliches Urteil erlaubt, bleibt Schieferkauf Vertrauenssache. Fachmann Wagner empfiehlt: "Ein Spezialist ist nur, wer sich ausschließlich mit Schiefer beschäftigt - von der Gewinnung über die Kontrollen bis hin zu den Langzeiterfahrungen."

Moselschiefer ist über all einsetzbar - vom schmucken Einfamilienhaus bis zum Schloss. Besonders edel wirkt die traditionelle Altdeutsche Deckung, die Experten als Königin der Deckarten bezeichnen. Sie setzt sich zusammen aus unterschiedlich großen Steinen, die selbst auf komplizierten Dachformen ein harmonisches Gesamtbild ergeben. Hohe Kunst am Dach ist die Wilde Deckung. Sie entsteht aus der Kombination von besonders hochwertigem Schiefer und höchstem handwerklichem Geschick des Schieferdeckers.

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