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Bundesrat verhindert Bundesstiftung Baukultur

(17.6.2005) Am 17. Juni 2005 hat der Bundesrat das vom Bundestag einstimmig verabschiedete Gesetz zur Errichtung einer Bundesstiftung Baukultur beraten und mehrheitlich beschlossen, den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes anzurufen. Damit ist das Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode faktisch gescheitert.

Sanierung, Marie-Curie-Gymnasium, Bad Berka, Plattenbau
Foto von Agrob Buchtal aus der Meldung "Projektbericht: Sanierter Plattenbau kaum wiederzuerkennen" vom 27.5.2005

Obgleich der Bundestag das Stiftungsgesetz am 12. Mai einhellig verabschiedet hat und auch der Bundesrat die Notwendigkeit, die Baukultur auf Bundesebene zu fördern, ausdrücklich anerkannt hat, ist das Stiftungsgesetz in letzter Minute am Widerstand der Unionsmehrheit in der Länderkammer gescheitert.

Bundesminister Dr. Manfred Stolpe bedauerte dieses Votum außerordentlich und betonte, dass das Stiftungsprojekt kurz vor seinem Abschluss in den "Sog" der aktuellen Ereignisse geraten sei. Die Auffassung der Bundesratsmehrheit, Baukultur sei Bestandteil der Kultur und damit Ländersache, greife ebenso wenig, wie die Sorge, der Bund werde sich mit der Stiftung in die Belange der Länder und Kommunen mischen.

Baukultur sei eben nicht nur Ausdruck "künstlerischen Schaffens", sondern resultiere aus der Summe aller Aspekte des Planens und Bauens, so der Minister. Überdies solle sich die geplante Stiftung auf Instrumente mit bundesweiter oder internationaler Ausstrahlung beschränken und eine enge Kooperation mit den auf Länder- und Gemeindeebene vorhandenen Institutionen und Akteuren suchen. Auf die Länder wären keinerlei finanzielle Belastungen entfallen; der Bund habe die Anschubfinanzierung der Stiftung für die kommenden Jahre bereits etatisiert.

Der Bundesrat, so Stolpe, habe mit seinem politisch motivierten Beschluss nicht nur das langjährige Engagement zahlreicher Beteiligter zunichte gemacht - im Rahmen der Bundesinitiative Architektur und Baukultur habe man in einem fünfjährigen konsensualen Prozess mit vielen Partnern aus der Bau- und Wohnungswirtschaft, insbesondere den Architekten, Stadtplanern und Ingenieuren, auf das Ziel der Stiftung hingearbeitet - sondern auch die einmalige Chance vertan, den erfolgreichen baukulturellen Dialog der vergangenen Jahre fortzusetzen und zu verstetigen.
Die ablehnende Haltung der Bundesratsmehrheit stoße bei allen Beteiligten auf Unverständnis und Enttäuschung, so Stolpe. Er appelliere gleichwohl an alle Baukultur-Interessierten, in ihrer Unterstützung nicht nachzulassen und auch in der nächsten Legislaturperiode weiter für die Anliegen der Baukultur einzutreten.

Zur Erinnerung: Fraktionsübergreifend hatte der Deutsche Bundestag die Regierung am 16. Oktober 2003 aufgefordert, ein Gesetzgebungsverfahren zur Gründung der Bundesstiftung Baukultur vorzubereiten; im Juni 2004 hatte der Bund dann 5,25 Millionen Euro für die Anschubfinanzierung der Stiftung bereitgestellt; im Dezember 2004 gab das Bundeskabinett ein eindeutiges Votum für den Gesetzesentwurf ab, der im Mai 2005 in seltener Einmütigkeit von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages verabschiedet wurde. Erstmals im Februar 2005, in zeitlicher Nähe zum Scheitern der Föderalismuskommission, äußerten die Länder Zweifel an der Verfassungskompetenz des Bundes für das Stiftungsprojekt.

weitere Reaktionen:

  • Mit Enttäuschung reagierte der Vorstand des Fördervereins Bundesstiftung Baukultur e.V. auf die politisch motivierte Entscheidung der Länder. Im Verein, dessen Zweck die inhaltliche Vorbereitung der Bundesstiftung Baukultur ist, ist das Scheitern des Gesetzesvorhabens so kurz vor der geplanten Stiftungsgründung schwer zu akzeptieren. Schließlich ist die Idee der Bundesstiftung in einer jahrelangen Konsensbildung entwickelt worden, an der neben Bund, Berufsständen und Verbänden auch die Länder und Kommunen von Anfang an beteiligt waren.
    Trotz des Rückschlages für das Stiftungsprojekt soll die inhaltliche Arbeit weiter gehen. Der Förderverein Bundesstiftung Baukultur e.V. will das Netzwerk bündeln, das mit erheblichem ehrenamtlichen Engagement, unter Mitwirkung namhafter deutscher Architekten, Ingenieure, Stadtplaner, Architekturkritiker und vieler anderer sowie mit maßgeblicher Unterstützung des Bundes aufgebaut wurde. Bereits heute setzen sich 190 Mitglieder und 2.000 private Spender für die Arbeit des Vereins ein.
  • Prof. Arno Sighart Schmid, Präsident der Bundesarchitektenkammer: "Mit seiner Entscheidung torpediert der Bundesrat die Bemühungen der letzten Jahre, Baukultur in Deutschland auf allen Ebenen voranzubringen." Es sei äußerst bedauerlich, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf hat scheitern lassen, obwohl auch der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung des Bundesrates dem Plenum die Annahme des Gesetzentwurfes empfohlen habe. Die jetzige Situation sei aber auch eine Chance, da noch Nachbesserungsbedarf beim Aufbau der Stiftung besteht.
  • Dr.-Ing. Karl Heinrich Schwinn, Präsident der Bundesingenieurkammer: "Mit seiner heutigen Entscheidung hat der Bundesrat nicht nur das einstimmige Votum aller Parteien des Deutschen Bundestages ignoriert. Er hat auch die jahrelange Arbeit aller Kammern und Verbände der Ingenieure und Architekten zunichte gemacht. Die aus der Initiative Baukultur geborene Idee zu einer Stiftung Baukultur hat auch international große Aufmerksamkeit erregt. Es ist mehr als bedauerlich, dass von den Ländervertretern nationales Renommee verspielt wird, ohne dass auf regionaler Ebene etwas Adäquates angeboten wird."

Aufgrund der aktuellen politischen Großwetterlage - gemeint ist die potentielle Neuwahl des Bundestages im September 2005 - wird der Deutsche Bundestag voraussichtlich keine Gelegenheit mehr haben, zu einem Vermittlungsergebnis Stellung zu nehmen oder einen Einspruch des Bundesrates zurückzuweisen. Somit ist das Ziel, eine Bundesstiftung Baukultur per Bundesgesetz zu gründen, in dieser Legislaturperiode gescheitert. Ob und wann das Gesetzesvorhaben wieder aufgenommen wird, ist derzeit noch unklar.

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