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Kanalsanierung verschlingt Milliarden ...

  • ... auf dem Kolloquium in Nürnberg fordern Experten ganzheitliche Konzepte

(13.6.2005) Auf große Resonanz sind die Nürnberger Kolloquien zur Kanalsanierung an der FH Nürnberg mit dem Thema "Grundstücksentwässerung und Schachtsanierung" gestoßen. Organisiert hat das Kolloquium 2005 jetzt zum vierten Mal die auf den Weiterbildungsbedarf von technischen Fach- und Führungskräften spezialisierte Verbund IQ gGmbH. An der parallel zum Kolloquium stattfindenden Hausmesse beteiligten sich 16 Unternehmen aus Deutschland und Österreich.

134 Entscheidungsträger aus Kommunen und Industrie sowie Bauingenieure aus Tiefbau- und Wasserwirtschaftsämtern, Stadtentwässerungsbetrieben, Umweltbehörden und -verbänden, Bauunternehmen und Ingenieurbüros kamen in die Franken-Metropole, um sich über Grundstücksentwässerung und Schachtsanierung zu informieren. Von den acht praxiserprobten Referenten erhielten die Teilnehmer Einblick in neue Wege, Erkenntnisse und Strategien hinsichtlich der ganzheitlichen Sanierung von Grundstücksentwässerungs- und Schachtsystemen. Auf der Tagesordnung standen neben grundsätzlichen Überlegungen zu den Vorteilen einer ganzheitlichen Sanierungsbetrachtung von Grundstücksanlagen und Schachtbauwerken deren rechtliche Grundlagen, Planungs-, Vergabe- und Überwachungsverfahren sowie Inspektion, Schadenserkennung, Bewertung und Sanierungsmöglichkeiten.

Das große Interesse der Fachwelt am Thema Gundstücksentwässerung hat seinen guten Grund: Bis zum Jahr 2015 sind in Deutschland rund 1,3 Millionen Kilometer private Abwasserleitungen (davon 0,5 Millionen Kilometer gewerblich) auf Grundstücken zu inspizieren und vermutlich zu 90 Prozent zu sanieren - teils aus Altersgründen, teils, weil in der Vergangenheit Leitungen nicht fachmännisch verlegt und angeschlossen worden sind. Durchschnittlich sind nach Darstellung von Referent Robert Thoma, Sachgebietsleiter Kanalinstandsetzung vom Hochbauamt Würzburg, 250 Schäden pro Kilometer zu erwarten - das bedeutet alle vier Meter ein Schaden. Die Inspektion und vollständige Sanierung, berichtete Thoma im Rahmen des Kolloqiums, wird in den kommenden 20 bis 40 Jahren private Investitionen von voraussichtlich 100 bis 200 Milliarden Euro erfordern.

Die Branche ist für die Bewältigung dieser Mammutaufgabe im öffentlichen Netz gut gerüstet. Jedoch mangelt es an technischen Lösungen zur Grundstücksentwässerung zum Beispiel für Dichtheitsprüfungen unter Betriebsbedingungen bei kleineren Nennweiten. Außerdem fehlen die Kapazitäten, um die von staatlicher Seite geforderten Inspektionen und Sanierungen im vorgegebenen Zeitraum bis 2015 bewältigen zu können.

Eine Sanierung kann nach Darstellung von Referent Dieter Walter vom Güteschutz Kanalbau e.V. Nürnberg deshalb nur dann erfolgreich sein, wenn beide Partner - sowohl öffentlicher als auch privater Bertreiber - eine ganzheitliche und gemeinsame Sanierung der undichten Kanäle verfolgen. "Wenn wir weiterhin nur das tun, was wir bisher getan haben, werden wir auch nur das erreichen, was wir bisher erreicht haben", mahnte Walter. Da es nach Darstellung der Referenten mit öffentlichen und privaten Auftraggebern in Sachen Grundstücksentwässerung regelmäßig Probleme hinsichtlich der Vorgehensweise gebe, erarbeitet derzeit die DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall) in einer Arbeitsgruppe einen Leitfaden für eine einheitliche Vorgehensweise im Vollzug und bei der Durchführung der Untersuchung, Bewertung und Sanierung.

Die Wahl des geeigneten Sanierungsverfahrens unter den gegebenen Rahmenbedingungen trägt entscheidend dazu bei, dass die Funktion der Kanäle auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wieder hergestellt werden kann. Einzelne Bundesländer haben deshalb Entscheidungshilfen in Form von Broschüren und Anleitungen für Grundstückseigentümer zusammengestellt. Denn rechtlich ist jeder Grundstücksbesitzer als Betreiber einer Abwasseranlage dazu verpflichtet, seine Leitungen auf Dichtheit prüfen und gegebenenfalls sanieren zu lassen. Vorher aber, so empfiehlt zum Beispiel das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz von Nordrhein-Westfalen, sollten sich private Grundstückseigentümer bei ihrer Kommune darüber informieren, ob in ihrer Straße am städtischen Kanal Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. In diesem Fall könnten Grundstückseigentümer bis zu 50 Prozent Kosten sparen. Grund: Nur bei einer entsprechenden Abstimmung der Sanierung öffentlicher und privater Kanäle kann ein wirksamer Schutz von Grundwasser und Boden gewährleistet werden.

Auf der parallel zum Kolloquium stattfindenden Hausmesse, an der sich 16 Unternehmen der Branche aus Deutschland und Österreich beteiligten, informierten sich die Teilnehmer aus erster Hand über die neuesten Entwicklungen und konnten Kontakte zu Spezialfirmen, Fachleuten und Referenten knüpfen. Einstimmigkeit herrschte über die Qualität des Kolloquiums, die Jochen Bärreis, Geschäftsführer der Diringer & Scheidel Rohrsanierung GmbH & Co. KG auf einen Punkt brachte: "Das Nürnberger Kolloquium zu Kanalsanierung an der FH Nürnberg etabliert sich zu einer Veranstaltung, die für Deutschlands Süden einen ähnlichen Stellenwert bekommen wird, welchen die Rohrleitungsbautage der FH Oldenburg bereits für den Norden der Republik haben."

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