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Steuerzahlerbund: „Wohnungsbauförderung auf dem Prüfstand“

(5.7.2001) Im Rahmen einer Pressekonferenz am 4. Juli 2001 in Berlin stellte der Bund der Steuerzahler eine Studie zur Neuausrichtung der Wohnungsbauförderung vor. Dazu führte Dr. Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler, aus, dass „die viel zu hohe Steuer- und Abgabenbelastung einerseits und die nach wie vor steigende Staatsverschuldung andererseits belegen, dass die Politik bisher der entscheidenden Herausforderung ausgewichen ist, nämlich der deutlichen Rückführung der Staatsausgaben.“

Ein Ansatzpunkt für Einsparungen in den öffentlichen Haushalten sind nach Ansicht Dr. Däkes die Subventionen für den Wohnungsbereich: „Das Wohnungswesen ist der mit Abstand größte Subventionsbereich. Wer Ausgaben zurückführen will, kommt daher an der Wohnungspolitik nicht vorbei. Hinzu kommt, dass sich die Rahmenbedingungen der Wohnungspolitik drastisch verändert haben. Angesichts dieser Entwicklung muss die Frage erlaubt sein, ob die Steuerzahler den Wohnungsbau bis zum Sankt Nimmerleinstag in bisheriger Form subventionieren sollen.“ Entscheidend sei zudem, dass sich die Wohnungsbauförderung in großen Teilen als ineffizient erwiesen habe.

Mit der jüngsten Studie des Karl-Bräuer-Instituts wird ein Konzept vorgelegt für eine grundlegende Neuausrichtung der Wohnungspolitik und der Wohnungsbauförderung. Ein besonders wichtiger Ansatzpunkt ist dabei die Beseitigung von Ungereimtheiten und Widersprüchen, wie sie in der bisherigen Politik angelegt sind.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus der Sicht des Bundes der Steuerzahler

Die Entwicklung der Wohnungsversorgung: In den Nachkriegsjahren herrschte ein ausgeprägter Mangel an Wohnraum. Das war Anlass für die Politik, massiv in die staatliche Wohnungsbauförderung einzusteigen. An dieser Politik wird im Prinzip bis heute festgehalten. Im Jahr 2000 sind Subventionen in Höhe von nahezu 50 Milliarden Mark in das Wohnungswesen geflossen. Von besonderem Gewicht sind dabei die Objektförderung im sozialen Wohnungsbau, die staatlichen Hilfen für die Wohneigentumsförderung und das Wohngeld. Die machen zusammen mehr als drei Viertel der gesamten Wohnungssubventionen aus.
Nun haben sich die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt grundlegend gewandelt. Der Wohnungsmangel konnte abgebaut, die Wohnungsversorgung beträchtlich verbessert werden. Insgesamt ist die derzeitige Wohnungsversorgung in den alten Bundesländern als sehr gut zu beurteilen und die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist entspannt. Auch in den neuen Bundesländern hat sich die Wohnungsversorgung seit Beginn der deutschen Vereinigung deutlich verbessert. So wurden von 1991 bis 1999 rund 3,5 Millionen sanierungsbedürftige Wohnungen modernisiert oder instand gesetzt. Außerdem hat sich der Wohnungsbestand in diesem Zeitraum auf Grund hoher Neubauzahlen um rund 540.000 erhöht. Etwa eine Million Wohnungen stehen derzeit leer. Von den Leerständen betroffen sind zunehmend Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln modernisiert oder instand gesetzt wurden.
Die Gefahr, dass sich Wohnraum wieder verknappt, ist gering. Die demographische Entwicklung lässt erwarten, dass ab 2010 die Zahl der Haushalte sinkt.

Die Objektförderung im sozialen Mietwohnungsbau: Der Staat greift derzeit an vielen Stellen in den Wohnungsmarkt ein. Eine Maßnahme ist der Bau von Sozialwohnungen, also die klassische Form der Objektförderung. Allerdings weist diese Maßnahme gravierende Mängel auf: Die Bedarfsentwicklung spricht gegen den Bau weiterer Sozialwohnungen; der Subventionsaufwand ist fünfmal so hoch wie der Mietvorteil, der beim Sozialmieter tatsächlich ankommt; rund zwei Fünftel der Sozialwohnungen sind fehlbelegt. Auf den Bau neuer Sozialwohnungen sollte daher künftig weitgehend verzichtet werden. Das würde zu Einsparungen von längerfristig rund 3,5 Milliarden Mark pro Jahr führen.
Auch der vorhandene Sozialwohnungsbestand sollte in den freien Wohnungsmarkt überführt werden. Unvertretbare soziale Härten sind davon nicht zu erwarten. Mögliche Mietanhebungen bei einkommensschwachen Haushalten können über höhere Wohngeldzahlungen abgefedert werden. Für die öffentliche Hand ist bei einem Rückzug aus der Bestandsförderung - bei Gegenrechnung des erhöhten Wohngeldes - unter dem Strich eine jährliche Nettoersparnis von etwa 2 Milliarden Mark möglich.

Wohngeld für wirtschaftlich Bedürftige: Der Objektförderung „sozialer Wohnungsbau“ steht die Subjektförderung „Wohngeld“ gegenüber. Soweit eine angemessene Wohnungsversorgung daran scheitert, dass Haushalte finanziell nicht in der Lage sind, die Kosten für die Wohnung aufzubringen, kann über das Wohngeld wirkungsvoll geholfen werden. In Anbetracht der deutlichen Wohngeldanhebung zum 1.1.2001 gilt dies verstärkt. Vorteilhaft ist beim Wohngeld, dass der Marktmechanismus durch die direkte Transferzahlung nicht verzerrt wird. Günstig zu beurteilen ist auch die vergleichsweise hohe Zielgenauigkeit. Die wird durch die jährliche Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen erreicht. Deutlich verbessert wurde auch die Differenzierung des Wohngeldes entsprechend den regional unterschiedlichen Mietenniveaus. Das Wohngeld ist zudem im Hinblick auf den gebotenen Rückzug aus der Objektförderung vorteilhaft, weil dieser dadurch erleichtert wird.

Hilfsmöglichkeiten für Problemhaushalte: Für den größten Teil unterstützungsbedürftiger Haushalte dürfte das Wohngeld eine angemessene Wohnungsversorgung sicherstellen. Auch für Haushalte, denen das Image „Problemhaushalt“ anhaftet, stehen effektivere Mittel zur Verfügung als die Objektförderung. Besondere Bedeutung kommt der Verhinderung von Wohnungsverlusten zu. In vielen Fällen ist dies möglich, wenn Sozialämter durch schnelles Reagieren Räumungsklagen abwenden. Wenn Wohnungsverluste dennoch bereits eingetreten sind, ist im Interesse der betroffenen Menschen, aber auch aus Kostengründen generell eine schnelle Versorgung mit Normalwohnraum anzustreben. Dazu bieten Kooperationsmodelle zwischen Kommunen und Vermietern Erfolg versprechende Möglichkeiten. Dazu gehören kommunale Bürgschaften für Mietausfälle und Renovierungskosten, die Vorschaltung von Phasen des Probewohnens vor normalen Mietverhältnissen sowie die Gewährung von Prämien für die Vermietung an Problemhaushalte.

Neugestaltung und Begrenzung der Eigenheimzulage: Gerade bei der Eigenheimzulage zeigt sich die anfangs erwähnte Widersprüchlichkeit der Wohnungsbaupolitik. Auf der einen Seite greift der Staat über Steuern und Abgaben voll auf die Einkommen der Haushalte zu, auf der anderen Seite gewährt er eine Eigenheimzulage. Angesichts der hohen Leerstände in den neuen Ländern ist es besonders problematisch, dass die doppelt so hohe Grundförderung für Neubauten eine Verzerrung zu Lasten von Bestandserwerben zur Folge hat und einer weiteren Verschärfung der Leerstandsproblematik Vorschub leistet. Durch die Differenzierung bei der Förderhöhe wird nicht zuletzt auch die aus städtebaulicher und raumplanerischer Sicht bedenkliche Abwanderung aus den Kernstädten in das Umland begünstigt.
Die Grundförderung sollte daher auf dem Niveau vereinheitlicht werden, welches bisher für Erwerbe aus dem Bestand gilt. Damit würde der Fördergrundbetrag für Neubauten und für Bestandserwerbe gleichermaßen auf 2,5 Prozent der Bemessungsgrundlage festgesetzt, und der Förderhöchstbetrag wäre dann mit jährlich 2.500 DM ebenfalls vereinheitlicht.
Geprüft werden sollten außerdem Begrenzungsmöglichkeiten bei der auf 1.500 DM pro Kind und Jahr festgesetzten Kinderzulage. Es erscheint nicht erforderlich, dass die Kinderzulage um 50 Prozent höher festgesetzt wurde als das bis Ende 1995 geltende Baukindergeld von 1.000 DM pro Kind und Jahr. Verzichtet werden sollte außerdem auf eine abermalige Verlängerung der ökologischen Zusatzförderung über das Jahr 2002 hinaus. Mit der skizzierten Umgestaltung und Begrenzung der Eigenheimzulage lassen sich deren fiskalische Kosten um 8 bis 9 Milliarden Mark pro Jahr reduzieren, womit zugleich ein maßgeblicher Beitrag zu einer nachhaltigen Senkung der Lohn- und Einkommensteuer gewonnen wird. Andererseits bleibt es dann immer noch bei einer erheblichen Subventionierung der Wohneigentumsbildung von jährlich rund 16 Milliarden Mark.

Verzicht auf Objektförderung bei Eigenheimen: Verzichtet werden sollte zudem auf die Wohneigentumsförderung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. Die Eigentumsmaßnahmen im sozialen Wohnungsbau führen in mehrfacher Hinsicht zu äußerst ungerechten Verteilungswirkungen. Da es keinen Rechtsanspruch auf diese Fördermittel gibt, ist deren Gewährung mit einem hohen Maß an Willkür verbunden. Wird - wie es geboten erscheint - darauf verzichtet, bedeutet dies für die Haushalte von Bund und Ländern Entlastungen von etwa 4,5 Milliarden Mark pro Jahr.

Abbau der Sparförderung im Allgemeinen und der Bausparförderung im Besonderen: Zur Förderung der Wohneigentumsbildung wird auch das Bausparen subventioniert. Dies erscheint allerdings nicht erforderlich. Es ist nämlich davon auszugehen, dass das Bausparen für die überwiegende Mehrzahl der Bauwilligen (und Erwerber von Wohneigentum) wegen der damit verbundenen günstigen Finanzierungsbedingungen auch ohne staatliche Förderung interessant ist. Bei der Bausparförderung ist daher von hohen Mitnahmeeffekten auszugehen. Andererseits dürfte die Entscheidung, Wohneigentum zu bilden, nicht maßgeblich durch die Bausparförderung beeinflusst werden. Denn deren Höhe ist im Verhältnis zu den Kosten eines Eigenheims von untergeordneter Bedeutung.
Daneben spricht einiges grundsätzlich gegen die staatliche Sparförderung und für eine Beseitigung der Arbeitnehmer-Sparzulagen. Denn auch hier dürften die Mitnahmeeffekte erheblich sein. Als verzichtbar erscheint nicht zuletzt die zudem sehr komplizierte Steuerbegünstigung der Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer nach § 19a Einkommensteuergesetz. Bei einem vollständigen Abbau der Sparförderung - einschließlich der Bausparförderung - sind mittel- und längerfristig jährliche Einsparungen von 3,5 Milliarden Mark möglich, die zu allgemeinen Steuerentlastungen verwendet werden sollten. Eine nachhaltige Senkung der Abgabenbelastung ist nicht zuletzt auch die bessere Sparförderung.

Sonderregelungen für die neuen Länder: Wegen des aus DDR-Zeiten stammenden Nachholbedarfs gelten in den neuen Ländern noch Sonderregelungen zur Förderung von Wohnungsmodernisierungen und Wohnungsneubauten. Bei der Aufarbeitung des Nachholbedarfs handelt es sich naturgemäß um eine zeitlich befristete Aufgabe. Forderungen nach der Verlängerung von bereitstehenden Programmen sollte deshalb keinesfalls entsprochen werden. Denn angesichts der hohen Leerstände ist bereits jetzt die Gefahr groß, dass öffentliche Mittel für die Modernisierung und Instandsetzung von Wohnungen eingesetzt werden, für die letztlich keine Nachfrage besteht.

Günstige Rahmenbedingungen vorrangig: Eine rationale Wohnungsbaupolitik sollte das Ziel verfolgen, eine auf Dauer gute Wohnungsversorgung sicherzustellen. Dieses Ziel wird in erster Linie erreicht, indem die Politik für eine bestmögliche Gestaltung der Rahmenbedingungen sorgt. Hier sind mehrere Bereiche angesprochen.

Steuerliche Gesichtspunkte: Mit Einführung der so genannten Konsumgutlösung wurde der Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung von 1987 an steuerfrei gestellt. Diese Regelung macht Eigenheime im Vergleich zu verzinslichen Kapitalanlagen interessant. Die Konsumgutlösung sollte nicht zuletzt aus steuersystematischen Gründen beibehalten werden. Die Bildung von Wohneigentum wird dadurch entscheidend erleichtert.

Abschreibungsmöglichkeiten: Für den Mietwohnungsbau insgesamt ist wichtig, welche Abschreibungsmöglichkeiten im Rahmen der Einkommensbesteuerung bestehen. Bei den bisherigen Abschreibungsregelungen nach § 7 Absätze 4 und 5 wird zu Recht beklagt, dass diese unübersehbar und nicht aufeinander abgestimmt sind. Etliche Wissenschaftler schlagen für Neubauten einen Abschreibungssatz von 4 Prozent und für Altbauten von 2 Prozent vor. Dieser Vorschlag scheint angemessen, denn eine solche lineare Abschreibung wirkt dauerhaft stützend für den Wohnungsneubau. Die Steuermehreinnahmen infolge der skizzierten Umstellung werden längerfristig auf bis zu 2 Milliarden Mark pro Jahr veranschlagt.

Grunderwerbsteuer: Es ist widersprüchlich, den Erwerb von Wohneigentum mit Grunderwerbsteuer zu belasten. Da die Grunderwerbsteuer steuersystematisch nicht überzeugend begründet ist, zudem gravierende Mängel aufweist, die Bildung von Wohneigentum behindert und generell das Wohnen verteuert, sollte sie abgebaut werden. Sofern eine völlige Beseitigung kurzfristig nicht in Betracht gezogen wird, sollte zumindest der Steuersatz wieder auf 2 Prozent gesenkt werden.

Konsequente Konsolidierungspolitik: Wegen der hohen Kapitalintensität des Wohnungsbaus ist ein niedriges Zinsniveau für dessen weitere Entwicklung besonders wichtig. Die Gebietskörperschaften können mit einer konsequenten Konsolidierungspolitik und dem damit einhergehenden Dämpfungseffekt auf das Zinsniveau zu dauerhaft günstigen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau beitragen.

Abgabenbelastung: Mit einer nachhaltigen Begrenzung der nach wie vor weit überhöhten Abgabenbelastung werden die wohnungspolitischen Rahmenbedingungen entscheidend verbessert. Denn - ich wiederhole was ich eingangs schon sagte - je mehr den privaten Haushalten von ihren Einkommen zur freien Verfügung bleibt, desto eher sind sie in der Lage, aus eigener Kraft Wohneigentum zu finanzieren, die Miete für eine angemessene Wohnung selbst zu tragen oder Kapital für Investitionen in den Mietwohnungsbau zu bilden.
Auch das Mietrecht und die Ausweisung von Bauland durch die Kommunen sollten so ausgerichtet werden, dass dadurch der Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt erleichtert wird. Darauf möchte ich hier nicht näher eingehen.

Finanzielle Auswirkungen - Potenzial für Begrenzung der Abgabenlast und der Staatsverschuldung: Wenn die Wohnungspolitik und die staatliche Wohnungsbauförderung in der dargelegten Form neu ausgerichtet werden, sind damit weitreichende Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte verbunden. Zum Teil kommt es dabei zu neuen Belastungen. Weitaus umfassender sind aber die Entlastungen, die von der Konzentration und der Begrenzung der Wohnungssubventionen erwartet werden können. Unter dem Strich können die öffentlichen Etats dadurch mittel- und längerfristig um 20 Milliarden Mark entlastet werden, auf kürzere Sicht um 8 bis 9 Milliarden Mark im Jahr. Auf diese Weise ist also ein Volumen zu mobilisieren, das maßgeblich zur Finanzierung von allgemeinen Steuersenkungen und zur Konsolidierung der Staatsfinanzen beitragen kann.

Dies ist ein entscheidender Punkt. Keinesfalls dürfen neue Begehrlichkeiten geweckt und befriedigt werden. Die Mittel, die durch die Begrenzung der Wohnungssubventionen frei werden, müssen unbedingt für die Abgabenbegrenzung und den Schuldenabbau verwendet werden. Dadurch werden nicht zuletzt die Rahmenbedingungen für das Wohnungswesen dauerhaft verbessert. Im Übrigen bleibt es dann noch immer bei einer Förderung des Wohnungswesens im Gesamtumfang von mindestens 30 Milliarden Mark. Von einem wohnungspolitischen Kahlschlag kann also keine Rede sein. Vielmehr verbessern die skizzierten Änderungen die Effizienz der Förderung und konzentrieren die Hilfen auf die tatsächlich förderbedürftigen Haushalte.

siehe auch:

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