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Reform des Sozialen Wohnungsbaus greift zu kurz: GdW fordert Einbeziehung der 1,6 Mio. Sozialwohnungen

(22.2.2001) Der am 19. Januar vorgelegten Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts", der den Sozialen Wohnungsbau auf eine neue Basis stellen soll, wurde von GdW-Präsident Lutz Freitag als ein erster Schritt bezeichnet. Entscheidende Forderungen des GdW sind im Reformvorhaben dagegen nicht verwirklicht worden.

Positiv ist, dass die finanzielle Grundlage der Förderung durch den Bund weiterhin gesichert wird und der Entwurf an der Rückflussbindung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau festhält.

Nur leistungsfähige Unternehmen können soziale Aufgaben erfüllen

Ein Reformgesetz, das für die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, Gültigkeit haben und eine Art Grundgesetz für die soziale Wohnraumversorgung sein soll, muss den Wohnungsunternehmen mehr Selbstverantwortung übertragen. Nur dann kann die Wohnungswirtschaft ihren sozialen Auftrag erfüllen und einen wirksamen Beitrag zur Bewältigung der Probleme im Bestand, in der Belegung und bei der Integration von Mietern mit Marktzutrittsschwierigkeiten leisten.

Die Lösung gesellschaftlicher Probleme erfordert wirtschaftlich leistungsfähige Wohnungsunternehmen, die nur bei geeigneten gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen die notwendigen Mittel für soziale Maßnahmen verdienen können. Deshalb darf keinesfalls eine Schlechterstellung der Wohnungsunternehmen durch die geplante Reform erfolgen. Ebenso wie für die Mieter muss auch für die Wohnungsunternehmen grundsätzlich gelten, dass ihnen im Minimum durch die Überführung in das neue Recht keine Nachteile entstehen dürfen.

Beim Sozialwohnungsbestand bleibt (fast) alles beim alten

So ist zwar für die neuen Förderjahrgänge ab dem 01.01.2002 das alte Kostenmietrecht abgeschafft und durch das System der ortsüblichen Vergleichsmiete ersetzt worden. Diese wird aber begrenzt durch die in der Förderzusage festgelegte höchstzulässige Miete. Leider ist im Referentenentwurf nicht vorgesehen, das neue Förderrecht auch auf die Sozialwohnungsbestände anzuwenden und das alte Kostenmietrecht komplett abzuschaffen. In den Übergangsregelungen für den bisher errichteten Bestand von Sozialwohnungen - bei den im GdW organisierten rund 3.000 Wohnungsunternehmen sind das 1,6 Mio. Wohnungen - soll die administrierte "Kostenmiete", die sich an den ursprünglichen Baukosten orientiert und die Miete unabhängig von Lage und Ausstattung über Jahrzehnte zementiert, fast unverändert beibehalten werden. Nur die bisherigen Verwaltungskosten- und Instandhaltungskostenpauschalen sollen ab 01.01.2002 durch einen Festbetrag von 13 Euro pro qm Wohnfläche und Jahr ersetzt werden. Dieser zusammengefasste Festbetrag kann erst ab 2005 analog der Entwicklung der Lebenshaltungskosten fortgeschrieben werden.

GdW-Präsident Lutz Freitag: "Dieser Vorschlag erfüllt nicht das verfassungsrechtliche Gebot der Sicherung der Wirtschaftlichkeit des Sozialwohnungsbestandes, wie es der Verfassungsrechtler Professor Dr. Leisner in seiner Monografie 'Kostendeckung' schon 1984 gefordert hat. Eine Anpassung der Verwaltungs- und Instandhaltungskostenpauschalen an die allgemeine Kostenentwicklung wird zum voraussichtlichen Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1.1.2002 schon 10 bzw. 6 Jahre zurückliegen und soll dann noch für weitere 3 Jahre unverändert bleiben. Schon damals (1992 bzw. 1996) sind bereits zu niedrige Werte festgelegt worden. Soweit eine Abschaffung des Kostenmietsystems auch im Bestand nicht in Betracht kommt, fordern wir daher eine Anhebung der Erhaltungskostenpauschale auf 20 Euro pro qm Wohnfläche und Jahr. Wir wehren uns dagegen, dass die Wohnungswirtschaft weiterhin Aufwandsverzichte erdulden muss."

Einkommensgrenzen zu niedrig

Entscheidendes Kriterium für den Bezug einer Sozialwohnung ist das Haushaltseinkommen. Vom Prinzip her begrüßt der GdW die Möglichkeit der Länder, von den im Referentenentwurf genannten Basis-Einkommensgrenzen des Bundes gemäß den lokalen und regionalen Teilmarkterfordernissen abweichen zu können. Diese verharren jedoch mit 12.000 Euro für den Einpersonenhaushalt und 18.000 Euro für den Zwei-Personenhaushalt auf dem Niveau des Jahres 1994. Wenn die Länder von der Möglichkeit nicht Gebrauch machen, die Einkommensgrenzen zu erhöhen, verengt sich der Kreis der Zugangsberechtigten auf solche Haushalte, die extrem einkommensschwach sind und die wir gerade im Interesse von stabilen und gesunden Nachbarschaften nicht gettoisieren wollen.

Der GdW ist der Auffassung, dass der Bund Mindest-Einkommensgrenzen aufstellen sollte, die die Einkommensentwicklung der letzten Jahre berücksichtigen. Der GdW fordert deshalb die Erhöhung auf 14.500 Euro für einen Einpersonen-Haushalt und auf 21.000 Euro für einen Zweipersonen-Haushalt. Er setzt sich außerdem für eine automatische Anpassung der Einkommensgrenzen anhand eines Index ein, ähnlich wie es jetzt auch für die Pauschalen geplant ist. Nur so lässt sich der neue Fördergrundsatz der "Bewahrung und Wiederherstellung stabiler Bewohnerstrukturen", der vom GdW seit Jahren gefordert worden ist, auch realisieren.

Bundesbeteiligung anheben

Die Bundesbeteiligung an der sozialen Wohnraumförderung auf der Basis des Art. 104 a Abs. 4 GG ist unsicher. Die Wohnraumförderung sollte daher aufgenommen werden in den Katalog der Gemeinschaftsaufgaben des Art. 91 a GG.

GdW-Präsident Lutz Freitag: "Der Bund darf sich seiner Mitverantwortung für den Zustand der Städte und der Wohnquartiere und damit unter anderem auch für den sozialen Wohnungsbau nicht entziehen. Wir nehmen daher die Bundesregierung in die Pflicht, ihren für die kommenden Jahre geplanten finanziellen Beitrag von 230 Mio. Euro auf mindestens 1 Mrd. DM (510 Mio. Euro) anzuheben."

Instandhaltung stärker fördern

Der GdW begrüßt, dass zum ersten Mal die Modernisierung und - in den neuen Ländern - weiterhin auch die Instandhaltung (leider nur begrenzt bis Ende 2005) von bestehenden Wohnungen förderfähig werden. Es gibt allerdings Wohnsiedlungen, bei denen der Instandhaltungsaufwand solche Größenordnungen annimmt, dass das betroffene Wohnungsunternehmen sich außerstande sieht, die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Instandhaltungszyklen in bestimmten Wohnquartieren aufgrund von Vandalismus, Schmierereien etc. immer kürzer werden. Da aber das positive Erscheinungsbild einer Siedlung auch ein öffentliches Gut ist, sollte der Staat in diesen speziellen Fällen einen Beitrag leisten.

Nicht-investive Maßnahmen fördern

Der GdW appelliert an den Gesetzgeber, auch sogenannte nicht-investive Maßnahmen in stärkerem Maße in den Förderkatalog aufzunehmen, weil eine Unterscheidung zwischen investiv und nicht-investiv keinen Sinn ergibt. Der Ertrag einer Fassadenerneuerung muss keine andere Qualität haben als der Ertrag einer Maßnahme des sozialen Quartiersmanagements. Im schlimmsten Fall entfaltet die eine Maßnahme ohne die andere keine Wirkung. Bestenfalls ergänzen sich beide.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Sondersituation des flächendeckenden Leerstands in den neuen Ländern durch einen gesonderten Fördertatbestand im Rahmen dieses Gesetzes für den Abriss dauerhaft leer stehender Wohngebäude berücksichtigt werden muss.

Fehlbelegungsabgabe abschaffen

Der GdW ist sich darüber im klaren, dass nicht mehr die Förderung breiter Schichten der Bevölkerung im Mittelpunkt stehen kann. Trotzdem muss eine soziale Wohnraumförderung dafür sorgen, dass ein breites soziales und wirtschaftliches Spektrum in der Siedlungsstruktur bewahrt oder wiederhergestellt wird. So wird man zwangsläufig auch Personen fördern müssen, die nicht förderberechtigt sind.

GdW-Präsident Lutz Freitag: "Wir sollten hier nicht mehr den Fehler des alten Förderrechts wiederholen, indem man für diese Mieter, die im Grunde aktive und wirkungsvolle Sozialarbeiter sind, wieder eine Art neuer Fehlbelegungsabgabe erhebt. Die Fehlbelegungsabgabe vertreibt diejenigen Mieter aus den Siedlungen, die als soziale Stabilisatoren wirken. Wir appellieren an den Gesetzgeber dem Beispiel Hamburgs zu folgen und die Fehlbelegungsabgabe ersatzlos zu streichen."

Genossenschaftliches Wohnen als eigene Wohnform benennen

Genossenschaftliches Wohnen als dritte Wohnform ist neben dem Mietwohnraum und dem selbstgenutzten Wohneigentum nicht in den Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen worden, obwohl der Referentenentwurf in der allgemeinen Begründung ausdrücklich hervorhebt, dass "für die Zielgruppe des sozialen Wohnungsbaus das genossenschaftliche Wohnen eine große Rolle" spiele. Die Förderung der Wohnungsgenossenschaft und ihrer Mitglieder sollte deshalb als besonderes Ziel explizit benannt und auch in den einschlägigen Normen erwähnt werden.

Rentenreform: Vermittlungsausschuss muss Einbeziehung des Wohneigentums praktikabler machen

Angesichts der bevorstehenden Beratungen des Vermittlungsausschusses zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens fordert der GdW erneut, die Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums und des Erwerbs von Anteilen an Wohnungsgenossenschaften im Altersvermögensgesetz zeitgleich mit einer praktikablen Vorschrift zu regeln.

Zwar sollen nach Artikel 6 a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) Verträge, die eine Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums ermöglichen und die die Kriterien des AltZertG "gleichwertig" erfüllen, förderfähig werden. Durch den Bezug auf die Kriterien des § 1 Abs. 1 Satz 1 AltZertG und damit u. a. auf das Erfordernis einer lebenslangen gleichbleibenden oder steigenden monatlichen Leibrente beschränkt sich der Anwendungsbereich für das Wohneigentum auf die Fälle der Verrentung ab dem Ruhestand. Diese "Verzehr-Modelle", die auf Rentenbasis den Eigentümer zum Mieter machen, sind aber mit der Interessenlage der Bürger nicht in Einklang zu bringen. Denn wer Eigentum erwirbt, will es auf Dauer auch behalten.

Eigentum spart Miete

Der GdW unterstützt daher zusammen mit den anderen Spitzenverbänden der Bau- und Wohnungswirtschaft die Auffassung des Bundesrates zum Entwurf des Altersvermögensgesetzes, angesichts der hohen wohnungs- und gesellschaftspolitischen Bedeutung des Wohneigentums dieses ohne Einschränkung in die private Altersvorsorge einzubeziehen. Denn schon heute stellt das Wohneigentum die bedeutendste Form der privaten Altersvorsorge dar.

Als Instrument der zusätzlichen Altersvorsorge erspart selbstgenutztes Wohneigentum dem Bauherrn rentenähnlich laufende monatliche Mietausgaben, die er sonst für das Grundbedürfnis "Wohnen" aufwenden müsste. Untersuchungen belegen, dass die durchschnittliche Nettoersparnis sich derzeit auf über 700 DM monatlich beläuft. Die Gleichstellung der kostenlosen Nutzung einer Wohnimmobilie mit dem tatsächlichen monatlichen Zufluss ist im Übrigen durch höchstrichterliche Rechtsprechung im Einkommensteuerrecht bereits für den Bereich der Sonderausgaben anerkannt worden (vgl. BFH, Urteil vom 12.4.2000, AZ: XI R 127/96).

Schwellenhaushalte werden von der Eigentumsbildung ausgeschlossen

Die Verbände haben wiederholt darauf hingewiesen, dass die Nichtberücksichtigung der Anlage des Vorsorgekapitals in selbstgenutztes Wohneigentum zu sozialpolitischen Ungerechtigkeiten führen wird. Geringer verdienende Schwellenhaushalte, die fast 90 % der Eigentumsinteressenten ausmachen, können ihre Sparziele nicht ausweiten. Sie werden praktisch gezwungen, sich entweder nur für die eigenen vier Wände oder den Rentensparvertrag zu entscheiden, da sie sich nicht beides nebeneinander leisten können. Es ist zu befürchten, dass die Eigentumsbildung in Zukunft den oberen Einkommensklassen vorbehalten bleibt.

Verbändevorschlag zeigt praktikablen Weg der Umsetzung auf

Mit dem Ziel, die kapitalgedeckte Altersvorsorge mit der Altersvorsorge durch das Wohneigentum sinnvoll miteinander zu verzahnen, haben die Verbände im Gesetzgebungsverfahren einen Vorschlag zur Ergänzung des Gesetzentwurfes vorgelegt. Der von den Verbänden überarbeitete Gesetzesvorschlag kann unter www.gdw.de im Internet abgerufen werden. Dieser gemeinsame Gesetzentwurf der Wohnungs- und Bauwirtschaft widerlegt die in der Diskussion immer wieder vorgetragenen "Umsetzungsprobleme" aus steuerlicher Sicht:

Die Diskussion um die nachgelagerte Besteuerung, insbesondere um die Besteuerung einer fiktiven Miete, ist durch eine von den Verbänden vorgeschlagene Einmalbesteuerung gegenstandslos. Danach ist zum Zeitpunkt des Haus- oder Wohnungskaufs das Guthaben, das einem geförderten Altersvorsorgevertrag zu diesem Zweck entnommen wurde, einmalig zu einem ermäßigten Satz zu besteuern. Alternativ sieht der Verbändevorschlag auch eine laufende Besteuerung des wirtschaftlichen Vorteils vor.

Der Gesetzentwurf der Verbände beinhaltet darüber hinaus die Förderung der Kapitalbildung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohneigentum und der Anschaffung von Anteilen an Bau- und Wohnungsgenossenschaften und stellt damit u. a. sicher, dass das Bausparen sinnvoll in das AVmG integriert wird.

Auch die Behauptung, dass ein vorzeitiger Verkauf der Immobilie unlösbare Probleme hinsichtlich der Sicherung des steuerlich geförderten Kapitals aufwerfe, wird durch den ergänzenden Gesetzentwurf widerlegt.

Der Entwurf sieht vor, dass bei einem Verkauf der steuerlich geförderte Anteil entweder neu in Wohneigentum investiert, oder aber in eine andere gesetzliche Vorsorgeform eingebracht werden muss. Andernfalls besteht eine Rückzahlungspflicht. Genauso verhält es sich bei Ehepaaren im Scheidungsfall: derjenige Partner, der das Haus oder die Wohnung aufgeben muss, erhält sein angespartes Vorsorgekapital und muss dieses entweder gesetzeskonform wieder anlegen, oder die Förderung zurückzahlen.

siehe auch:


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